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Der Kleine Bundespräsident ist da

Der Kleine Bundespräsident. Verlag Scharfe Stiefel

Nicht jedem Bundespräsidenten wird ein Buch gewidmet, Samuel Schmid schon: Just gegen Ende des Präsidialjahres erscheint "Der Kleine Bundespräsident".

Im 60 Seiten starken Büchlein bereist der kleine Bundespräsident die föderale Planetenwelt Schweiz und erlebt dabei so einiges.

“Schau ihn dir mal an, das ist der kleine Bundespräsident”, sagte der Zeichner Benedikt Eppenberger zum Texter Elio Pellin. Auch wenn Samuel Schmid eher an die beliebte Kinderbuch-Figur Papa Moll erinnert, interessierte sich das Duo doch mehr für Saint-Exupérys kleinen Prinzen.

“Der Kleine Prinz” passe gut in Schmids Präsidialjahr, das dieser unter das Motto “Begegnungen 05” gestellt hatte.

“Und überhaupt war eine demokratische Version mit einem gewählten Präsidenten statt einem Prinzen überfällig”, fand Eppenberger und das Projekt war geboren.

Persiflage

Pellin versteht den kleinen Bundespräsidenten auch als Antwort auf den “unglaublich pseudophilosophischen Kitsch” in Saint-Exupérys ewigem Bestseller, der eben auf Berndeutsch herauskam und innert zwei Wochen 10’000 Mal über den Ladentisch ging.

Finanzielles Kalkül habe bei der Anlehnung an den berühmten kleinen Prinzen aber keine Rolle gespielt, betont Elio Pellin gegenüber swissinfo. “Viel Geld verdienen können wir mit unserem Buch nicht, dafür sind Preis und Auflage zu tief. Unsere Motivation waren Freude und Spass.”

Eppenberger und Pellin haben den kleinen Bundespräsidenten, wie es für Bundespräsidenten üblich ist, auf die Reise durch sein Land geschickt, damit er es besser kennen lernt – “dieses ganz besondere Land, das aus vielen verschiedenen föderalen Planeten bestand”.

Planetentour

In Appenzell, einem in der Mitte geteilten Planeten, trifft der kleine Bundespräsident, dem Echten im Aussehen nicht unähnlich, auf die noch kleineren Einwohner. “Praktisch”, sagt er sich, “nicht nur der Planet ist halbiert, auch die Bewohner sind halbe Portionen. Wenn ich nur bei meiner Armee so sparen könnte: halb so grosse Uniformen, halb so grosse Panzer und noch nur Modellflugzeuge.”

Auf dem Planeten Zürich – Downtown Switzerland – klappt es mit dem Anflug nicht. Der kleine Bundespräsident versucht es von Norden, Osten, Westen und Süden – vergeblich.

In Genf verwechselt er die berühmte Wasserfontäne, den Jet d’eau, mit einem Walfisch, in Schaffhausen staunt er über den Rheinfall, wo das Wasser in die Tiefe stürzt.

Mit dem Herzen sehen

Im Wallis klärt ihn ein schlauer Fuchs über die schiesswütigen Jäger auf, die dem Wolf und dem Luchs an den Pelz wollen. Im Graubünden trifft er auf den Bündner Bären, der vom ganzen Medienrummel um seine Existenz die Schnauze voll hat.

Der kleine Bundespräsident bereist, etwas unbeholfen und tollpatschig, aber durchaus sympathisch sein Reich. “Immer schön langsam”, damit ist er bisher gut gefahren. Ab und zu wird es ihm ab all den Eindrücken und Erlebnissen “unvermutet philosophisch-schwindlig”. Und wie der kleine Prinz sieht auch er mit dem Herzen.

Am Schluss, auf dem Planeten Freiburg, hat er genug und will schleunigst dorthin zurück, woher er gekommen ist. Der grosse, schnelle Jo (Siffert) fährt ihn zurück auf seinen Stern.

Klischee-Verwertung

Elio Pellin und Beni Eppenberger haben in ihrem Comic-Bändchen Klischees und Vorurteile gekonnt gemischt und überspitzt. “Wir haben jene Klischees genommen, aus denen sich eine gute Geschichte machen lässt”, so Pellin.

Wie jeder, der Bundesrat werde, besitze auch Samuel Schmid ein Minimum an Machtinstinkt. “Bei ihm sieht man das aber nicht, das lässt ihn im Vergleich zu anderen Politikern vielleicht auch sympathischer erscheinen.”

Als Würdigung des diesjährigen Bundespräsidenten will der Texter das Buch nicht verstanden wissen, auch eine Botschaft hätten sie nicht zu vermitteln. “Höchstens, dass man nicht alles ernst nehmen muss, was ernsthaft daher kommt.”

Der richtige Bundespräsident hat das Büchlein bereits erhalten. Wie sein persönlicher Mitarbeiter, Stefan Costa, gegenüber swissinfo sagte, hat er “darin geblättert und geschmunzelt”.

swissinfo, Gaby Ochsenbein

“Der Kleine Bundespräsident” von Beni Eppenberger (Zeichnungen) und Elio Pellin (Text) ist im Verlag Scharfe Stiefel erschienen.
Das 60-seitige Buch ist seit dem 24. November 05 im Buchhandel erhältlich.
Auflage: 1000
Preis: 29.90 Fr.

Benedikt Eppenberger ist Historiker und arbeitet als Journalist und Zeichner in Zürich.

Elio Pellin arbeitet als Journalist und Literaturwissenschafter in Bern.

Samuel Schmid, geb. 8. Januar 1947, ist seit dem 6. Dezember 2000 Mitglied des Bundesrates. Er ist Vorsteher des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und Bundespräsident im Jahr 2005.

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