Die Stunde der Wahrheit naht
Am 15. Mai öffnet die Expo.02 ihre Tore. Bis dahin soll Feststimmung geschaffen und das Budget eingehalten werden.
Auch 2002 wird um die Schweizer Landesausstellung Expo.02 viel von Finanzen die Rede sein. Im März muss sich das Parlament dazu äussern, wie dem auf Grund ungenügender Sponsorengelder zu erwartenden Liquiditäts-Engpass zu begegnen ist.
Der Bundesrat hat von ihm einen Zusatzkredit von 120 Mio. Franken und die Umwandlung der restlichen Defizitgarantie von 58 Mio. Franken in ein Darlehen beantragt. "Die Einhaltung des Budgets beschäftigt mich ständig. Es vergeht kaum ein Tag, wo ich nicht irgendwelche Anfragen aus Finanzgründen ablehnen muss", sagt Expo-Direktorin Nelly Wenger.
Teilnehmen statt nur besuchen
Neben den Finanzen beschäftigt sich die Expo-Direktorin auch mit der Vorbereitung der Feiern. Es gehe jetzt darum, das Publikum anzusprechen. "Wie kann man die Menschen motivieren, die Expo nicht nur zu besuchen, sondern an ihr teilzuhaben?" nennt Nelly Wenger eine der wichtigsten Herausforderungen für die nächsten viereinhalb Monate.
Der bisherige Billettverkauf stimme sie optimistisch. Bis jetzt seien über 660'000 Tickets verkauft. Bis zum Expo-Start am 15. Mai sollten es, so das Ziel der Direktion, eine Million sein. "Dies scheint auf Grund des guten Starts möglich", gibt sich Wenger zuversichtlich, "aber wir bleiben wachsam."
Insgesamt rechnet die Expoleitung mit dem Absatz von 10,5 Eintritten, verteilt auf 4,8 Mio. Besucher. Dies setzt einen stattlichen Teil an Mehrfachbesuchern voraus.
Das Problem des mangelnden Interesses in manchen Regionen (im Expo-Kanton Jura aber auch in Genf oder im Tessin) werde sich von selber lösen, sobald die Landesausstellung einmal begonnen habe, ist die Direktorin überzeugt. Gerade das sei die geheime Kraft der Expo.
Trotzige Jurassier
"Mein Mann ist Jurassier. Ich weiss, dass sie etwas trotzig sind. Aber trotzig ist auch die mobile Arteplage des Kantons Jura", sagt Wenger und hofft, dass sich auch die Jurassier an der Expo erfreuen mögen.
Sollten mehr Besucher an die Landesausstellung kommen als erwartet, so Wenger, könnte sie einen Teil des Bundesdarlehens zurückzahlen. Mit budgetierten Einahmen aus Billettverkäufen von 300 Mio. Franken brächten 10% mehr Besucher zusätzliche 30 Mio. - und umgekehrt, sollten die Besucherzahlen schlechter ausfallen.
Auch auf der Sponsorenseite gibt es noch Fragezeichen. Neben den bereits als fehlend deklarierten 120 Mio. Franken wartet die Expo-Leitung noch auf 50 Mio. von der Wirtschaft.
Hoffnungsschimmer vorhanden
In letzter Zeit konnten für die "Helix" in Biel, die Ausstellung "Ada" in Neuenburg und für das Eröffnungs-Spektakel noch "Göttis" gefunden werden. "Weitere Spätzünder empfangen wir mit offenen Armen", sagt Nelly Wenger mit einem Augenzwinkern.
Bauten können stehen bleiben - falls erwünscht
Die Expo-Philosophie will es, dass die errichteten Gebäude nach der Ausstellung wieder demontiert werden. Seit die Bauten konkrete Formen annehmen, wird aber Bedauern laut. Darum könnten einzelne Objekte auch stehen bleiben, sagt Nelly Wenger - Bewilligungen vorausgesetzt.
"Ein interessantes Phänomen", meint die Expo-Direktorin. Anfangs sei der Tenor gewesen: "Es ist teuer und danach wird alles abgerissen"; aber jetzt sagten die Leute: "Es ist schön - warum alles wieder wegnehmen?"
"In Neuenburg, zum Beispiel, spüren wir eine wachsende Zuneigung der Bevölkerung zu den Expo-Bauten. Aber erst die Tatsache, dass alles nur für eine begrenzte Zeitdauer gebaut wird, hat eine festliche Architektur möglich gemacht", erklärt Nelly Wenger.
Die Kantone und Städte hätten verlangt, nach der Landesausstellung alles abzubauen. "Hätten wir am Anfang unsere Pläne vorgelegt und gesagt: 'Voilà, wollt ihr all dies behalten?', hätte es wohl einen Aufschrei der Empörung gegeben."
Die auf dem See errichteten Arteplages müssten schon von Gesetzes wegen abgebaut werden. "Wenn es aber gegen Ende der Expo einen starken Volkswillen gibt, um Teile der übrigen Infrastruktur zu erhalten, werden wir uns nicht dagegen wehren", sagt Nelly Wenger.
Im Budget sei geplant, alles wieder abzureissen - es sei denn die Städte, Kantone und Anwohner entschieden anders und erteilten die nötigen Bewilligungen.
swissinfo und Yves Duc (sda)

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