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Einbürgerung auf Probe als Massnahme gegen Kriminalität

BFM-Chef Eduard Gnesa (links) will Blochers Idee einer Einbürgerung auf Probe prüfen. Keystone Archive

Das Bundesamt für Migration (BFM) prüft die von Justizminister Christoph Blocher aufgebrachte Idee einer Einbürgerung auf Probe und eine Reihe weiterer Massnahmen.

Nach mehreren Fällen von sexueller Gewalt durch junge Männer ausländischer Abstammung müssten Massnahmen erwogen werden, meint BFM-Chef Eduard Gnesa.

Im Fall von Zürich-Seebach und in ähnlichen Fällen seien ausländische oder kürzlich eingebürgerte Jugendliche beteiligt gewesen, “die keine Autorität mehr anerkennen und schlecht integriert sind”, sagte BFM-Vorsteher Eduard Gnesa in einem Interview mit der SonntagsZeitung.

Gnesa ortet deshalb nicht nur in den Schulen Handlungsbedarf. Das BFM prüfe derzeit die von Justizminister Christoph Blocher vorgeschlagene Einbürgerung auf Probe. Dabei gehe es insbesondere darum, wie schwer ein Delikt in der Probezeit sein müsse, damit das Bürgerrecht nicht erteilt werde.

Blochers Forderung, eingebürgerten Straftätern das Bürgerrecht zu entziehen, steht Gnesa dagegen kritisch gegenüber. Alle Personen, die nicht Doppelbürger seien, würden durch den Entzug des Schweizer Bürgerrechts zu Staatenlosen. “Und Staatenlose produzieren wollen wir nicht.”

Schulberichte anfordern

Stattdessen sollten künftig vor der Erteilung des Bürgerrechts zusätzliche Abklärungen getroffen werden, sagte Gnesa weiter. Kindern werde heute in der Regel das Bürgerrecht automatisch erteilt, wenn ihre Eltern es erhielten.

Es sei sinnvoll, wenn Kantone und Gemeinden künftig vermehrt Abklärungen zu jedem einzelnen Individuum und nicht generell zu Familien machen würden. Zur Beurteilung der Situation der Kinder etwa könnten Schulberichte angefordert werden.

Das BFM selber werde diesem Punkt in Zukunft mehr Beachtung schenken, sagte Gnesa. Die erleichterten Einbürgerungen von ausländischen Ehepartnern und Jugendlichen fallen in die Zuständigkeit des Bundesamtes.

Sprachkurse als Bedingung

Gnesa sähe es zudem gerne, wenn die Kantone den erfolgreichen Abschluss eines Sprachkurses zur Bedingung für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung oder die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung machen würden.

Es gebe keinen Rechtsanspruch auf die Erteilung dieser Bewilligungen, und dies müsse vermehrt ausgenützt werden.

Von solchen Massnahmen verspricht sich Gnesa, “dass sich die Zugewanderten auch selbst mehr um die Integration bemühen”.

Integriert seien Ausländer, wenn sie die Verfassung, etwa bei der Gleichberechtigung von Frau und Mann, respektierten, eine Landessprache beherrschten und in den Arbeitsmarkt integriert seien.

swissinfo und Agenturen

Die Einbürgerung ist in der Schweizer Politik oft ein Thema. In den letzten Jahren ging es oft um die Legitimität der an den Urnen beschlossenen Einbürgerungen. Eine entsprechende Initiative muss noch vors Parlament und vors Volk gebracht werden.

In den vergangenen Monaten wurde die Schweiz mehrmals aufgerüttelt durch Fälle von kollektiver Gewalt gegen Jugendliche, insbesondere in den Kantonen Graubünden, Basel und Zürich. Im letzten Fall haben 13 junge Männer eine Jugendliche wiederholt missbraucht.

Weniger als ein Jahr vor den Parlamentswahlen wird das Thema der Integration von den Regierungsparteien aufgenommen. Zuletzt haben die Sozialdemokraten vorgeschlagen, den einbürgerungswilligen Ausländern einen Integrationsvertrag vorzuschreiben.

Wer sich in der Schweiz einbürgern will, muss seit 12 Jahren hier wohnhaft sein.

Eine Einbürgerungsbewilligung des Bundes erhält, wer gut integriert ist und die schweizerische Rechtsordnung kennt.

Die Einbürgerung erfolgt durch den jeweiligen Kanton und die Wohngemeinde.

2005 wurden 39’753 Einbürgerungen vorgenommen, so viele wie nie zuvor.

In der Schweiz leben mehr als 20% Ausländer.

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