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Erste Erfolge im Kampf gegen Kinderpornographie

Die Ermittlungs-Behörden erhoffen sich von der Aktion auch eine präventive Wirkung. swissinfo.ch

Die Polizei-Aktion "Genesis" gegen Käufer von Kinderpornographie im Internet ist ein Erfolg und eine Chance.

Dies sagt die Bundes- und Kantonspolizei. Die Ermittlungsarbeit soll weiter verbessert werden.

Bei der Polizei-Aktion gegen Kinderpornographie sind 1100 Schweizer Kunden der US-Firma “Landslide” überprüft worden. In bisher sieben Fällen besteht Verdacht auf sexuelle Handlungen mit Kindern. Bei mehr als der Hälfte wurde verbotenes pornographisches Material gefunden.

Die Aktion gegen die Kunden des Internet-Providers “Lindslide”, welcher gegen Kreditkarten-Zahlung Kinderpornografie anbot, war international koordiniert.

Zunehmend bessere Bekämpfung der Kinderpornographie

In den letzten Wochen fand eine umfangreiche Operation in der Schweiz statt, koordiniert vom Bundesamt für Polizei (BAP). Hausdurchsuchungen und Einvernahmen gab es in der Mehrheit der Kantone.

Die Aktion sei ein Erfolg gewesen, so BAP-Direktor Jean-Luc Vez an einer ersten Bilanz am Donnerstag. Die Bekämpfung der Internet-Kriminalität entwickle sich zusehends.

Hunderte Hausdurchsuchungen, tausende Datenträger sichergestellt

Nach der Warnung von Interpol im August 2001 vor Kinderpornografie im Internet wurden in der Schweiz bisher 844 Hausdurchsuchungen und 822 Einvernahmen durchgeführt.

Dabei wurden 1147 Computer, 16’077 Datenträger, 4879 Videos und 10’219 Magazine, Schriften und Bilder sichergestellt.

Verdacht bei Ärzten, Richtern, Lehrern

Unter den Verdächtigen befinden sich auch Polizisten, Richter, Lehrer, Ärzte und Schulpsychologen. Berufsgruppen, an die von der Gesellschaft hohe moralische Ansprüche gestellt werden, und in denen Vertrauen eine sehr wichtige Rolle spielt.

Der Schritt zur Tat

In mehreren Fällen mochten sich die Kinderporno-Konsumenten offenbar nicht nur mit dem blossen Schauen begnügen. In bisher sieben Fällen besteht laut Borer der Verdacht auf sexuelle Handlungen mit Kindern. Im Thurgau gestand ein Mann zudem, Kinder telefonisch kontaktiert zu haben.

Die Beweissicherung sei bei 20 der 25 betroffenen Kantone nahezu abgeschlossen, hiess es an der Medienkonferenz. Die weiteren Untersuchungen würden noch viel Zeit in Anspruch nehmen, sagte Vez. Ziel der Aktion “Genesis” sei nicht nur die Ermittlung möglichst vieler Verdächtiger, sondern auch eine hohe präventive Wirkung.

Der Glarner Polizeikommandant Roy Kunz sprach aus, was Viele denken: Dass die heute bekannten Fakten nur die Spitze des Eisbergs sind.

Komplizierte Kreditkarten-Institute

Sowohl Kunz als auch der Genfer Untersuchungsrichter Jean-Pierre Trembley bedauerten die offenbar nicht immer optimale Zusammenarbeit mit den Kreditkarten-Instituten. Die Verzögerungen bei den Ermittlungen seien zum Teil auf diese Probleme zurückzuführen.

Man werde von einer Stelle zur anderen gewiesen. Der Aufwand, zu einer Kreditkartennummer den Namen zu erhalten, sei enorm, sagte Trembely. Auch im Kanton Zürich mit seinen 360 “Landslide”-Kunden sind wegen ausstehender Informationen der Kreditkarten-Institute etwa 50 geplante Einvernahmen noch ausstehend.

Schärfere Gesetzgebung?

Seit dem 1. April 2002 ist in der Schweiz auch der Erwerb, die Beschaffung und der Besitz harter Pornographie (darunter fällt auch die Kinderpornographie) unter Strafe gestellt.

Die Ermittlungs-Kompetenzen liegen bei den Kantonen.

Das Gesetz unterscheidet seit der Revision von 1992 zwischen harter und weicher Pornographie. Wenn sexuelle Handlungen mit Kindern vorgenommen werden, so spricht man von harter Pornographie. Nacktfotos von Kindern jedoch fallen unter die weiche Pornographie.

Justizministerin Ruth Metzler erklärte in einem Interview mit dem Medienmagazin “Tele”, sie ziehe nach den aktuellen Ereignissen eine weitere Verschärfung des Gesetzes in Betracht. Sie will prüfen, ob künftig auch Aufnahmen nackter Kinder unter Strafe gestellt werden sollen.

Überwachung des Internets

Ein weiteres Mittel im Kampf gegen Kinderpornographie ist die Überwachung des Internet. Seit 1998 gibt es die Fachstelle “Internet Monitoring”. Betreut wird sie von zwei Mitarbeitern, die teilzeitlich angestellt sind.

Ab 2003 wird die Internet-Monitoring-Stelle auf 7 bis 8 Polizisten aufgestockt. Zudem sind auch in den Kantonen Polizeibeamte in diesem Bereich tätigt.

Experten sind allerdings der Ansicht, dass eine weit grössere Zahl von Überwachern nötig wäre. Auseinandersetzungen über die Finanzierung verhinderten dies bislang.



swissinfo und Agenturen

Polizei-Operation “Genesis”:
1100 Verdächtige, 844 Hausdurchsuchungen, 822 Einvernahmen
Beschlagnahmung von 1147 Computern, 16’077 Datenträgern, 4879 Videos und 10’219 Magazinen, Schriften und Bildern
Kinderschändungs-Verdacht bei 7 Personen

“Landslide” verbreitete Kinderpornografie in 61 Ländern.
Die Ermittlungen begannen im August 2001.
In der Schweiz entdeckten die Behörden 1100 Landslide-Kunden in 25 Kantonen.

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