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Expo.02: Verantwortliche ziehen positive Bilanz

Trostlos sieht es zur Zeit auf den ehemaligen Arteplages aus. Yverdon, im Hintergrund das Gerüst der Expo-Wolke. Keystone

Die Expo.02 hat ihren Schlussbericht veröffentlicht. Das 600 Seiten lange Dokument, das natürlich nicht objektiv ausfällt, lässt keinen Aspekt des Abenteuers aus.

Die Publikation gibt Anlass zu einer Bilanz darüber, was ein Jahr nach der Eröffnung der Landesausstellung zurückbleibt.

Im Bericht werden alle – oder fast alle – Aspekte der Expo.02 nochmals unter die Lupe genommen. Zum Beispiel die immer neuen Finanzierungsbegehren, die Verschiebung der Eröffnung, der Rückzug der Politiker.

Klar ist, dass der Bericht nicht ganz objektiv ausfällt, kommt er doch aus den Büros der Expo.02 selber. Martin Heller, der ehemalige künstlerische Direktor, unterstreicht denn auch seinen Wunsch nach einer externen und wissenschaftlich fundierten Evaluation.

Das Ziel einer solchen Analyse wäre, “für die Schweiz und für künftige Expos Lehren zu ziehen”, sagt Heller. So müsste sie aufzeigen, was die Investitionen in die Ausstellung dem Land gebracht haben.

Im Schlussbericht zeigt sich die Expo.02 auch selbstkritisch. So heisst es etwa, man hätte bei der Finanzierung auf Einnahmeseite “eine vorsichtigere Taktik anwenden müssen”.

Trotz allem: zufriedene Besucher

Auch Kritik fehlt im Schlussbericht nicht. Dass sich viele Politiker und Politikerinnen von der Ausstellung distanziert hatten, habe die “extreme Einsamkeit des Expo-Projekts” unterstrichen, schreibt die ehemalige Generaldirektorin Nelly Wenger.

Doch insgesamt hat die Expo.02 nach Einschätzung der Verantwortlichen ihren Auftrag erfüllt: Die Ausstellung habe das Land mit Bildern geprägt, die bereits zum Erinnerungs-Inventar gehörten. Etwa neun von zehn Besuchern seien mit der Landesaustellung zufrieden oder sehr zufrieden gewesen.

Die Landesregierung hat den Schlussbericht letzte Woche erhalten. Die Organisatoren einer künftigen Landesausstellung (so es dann eine geben wird) würden darin ein informatives Zeugnis ihrer Vorgänger finden.

Doch die Expo.02 lebt sieben Monate nach dem Schliessen der Tore nicht nur in diesen Worten weiter.

Was bleibt der Expo-Region?

In Neuenburg beispielsweise leben viele noch immer in der Erinnerung an die Festivitäten des Expo-Sommers. Doch vom Kulturellen her sei durch die Expo nichts entstanden, urteilt Robert Bouvier, Direktor des Théâtre du Passage in Neuenburg.

Eine Untersuchung hat gezeigt, dass vom Aufbau bis zum Rückbau die Expo der Region insgesamt 1,2 Mrd. Franken gebracht hat. Primär floss dieser wirtschaftliche Nutzen in den Tourismus.

Ob die Expo-Besucherinnen und Besucher wieder kommen, darüber kann zur Zeit bloss spekuliert werden. Die Expo-Region will sich Anfang Juni mit einer Werbekampagne in Zürich und in der Ostschweiz in Erinnerung rufen und dabei an die Bilder des letzten Sommers anknüpfen.

Die Expo habe die Region verändert, offener gemacht, findet Jean-Claude Baudoin, Politiker und Vertreter der Baubranche. Doch die von einigen erhoffte Dynamisierung der Wirtschaft habe sie nicht gebracht.

Geblieben sind Erfahrungen der Zusammenarbeit von den vier Städten Biel, Neuenburg, Murten und Yverdon. Und auch baulich hat sich dank der Expo Vieles verändert.

Hat die Expo die Schweiz verändert?

Organisatoren und Verantwortliche erwarteten, dass die Expo die Schweiz vereinen werde, ein neues Bild des Landes sollte entstehen.

Ein Jahr später nun sind sich alle einig: Für Schlussfolgerungen, was die Expo.02 verändert habe, ist es noch zu früh.

Man müsse die Auswirkungen der Expo über lange Zeit beurteilen, erklärt beispielsweise der Journalist Jean-Martin Büttner, der lange für den “Tages-Anzeiger” in der Romandie gearbeitet hat.

Eine positive Bilanz wagt er trotzdem: Deutschschweizer und Romands seien sich an der Expo begegnet. Und viele Zürcher hätten die französischsprachige Schweiz erstmals entdeckt.

Die Expo habe den Schweizern die Lust aufs Feiern und auf architektonische Kreationen gebracht, schreibt der Geograph Jean-Yves Pidoux in der Genfer Zeitung “Le Temps”. Sie habe gezeigt, dass Begegnungen in einer konstruierten Umgebung Spass machen könnten.

Für den künstlerischen Direktor hat die Expo “die Ansprüche des täglichen Zusammenlebens unserer Kulturen unterschätzt. Und ich denke, dass das Land sie auch unterschätzt.”

Welche Objekte werden bleiben?

Die Expo.02 wollte vergänglich sein. Die Rückbauarbeiten, für die 160 Mio. Franken budgetiert wurden, sind im Gang. Doch mehrere Spuren werden überleben.

In Biel beispielsweise bleiben der Spielplatz, das Gebäude für die Schifffahrt und die Brücke über die Suze bestehen. Weiter geben wird es auch das Theater Mummenschanz, das in ein freiburgisches Kulturprojekt integriert werden wird.

Beim “Palais de l’équilibre” in Neuenburg ist der künftige Standort noch unklar. Doch das CERN, das europäische Zentrum für Nuklearforschung bei Genf, wie auch ein Solothurner Gewerbekomitee sind an einer Übernahme interessiert.

Aus dem Pavillon “Biopolis” wird ein Atelier in der Region Neuenburg, und das Théâtre des Roseaux ist für zeitgenössische Musik in Lausanne vorgesehen.

Weiter zugänglich sein wird auch das historische Panorama der Schlacht von Murten. Noch offen ist, ob es ins historische Museum in Bern oder ins Papiliorama im Kanton Freiburg kommen wird.

Und eigentlich überlebt auch die Wolke von Yverdon: Verschiedene Partner, darunter die Europäische Raumfahrtsagentur (ESA), haben im Sinn, die Konstruktion als Ort für futuristische Technologien zu nutzen.

Wo bleiben die Erinnerungen?

Jeder zweite Schweizer hat die Expo.02 besucht, alle nahmen persönliche Eindrücke und Erinnerungen mit.

Doch der Grossanlass hinterlässt selber auch ein grosses institutionelles Gedächtnis: Im Bundesarchiv in Bern lagert die Geschichte der Expo – aufgereiht in Ordnern, die zur Zeit eine einen Kilometer lange Reihe bilden.

swissinfo, Pierre-François Besson
(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch und Eva Herrmann)

Die Expo.02 präsentiert ihr definitives Ergebnis im Jahr 2004.

Das Defizit soll 563 Mio. Franken betragen.

Vom Gesamtbudget von 1,6 Mrd. Franken bezahlt der Bund 930 Mio. Franken.

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