
ABB-GV: Fall Barnevik sorgte für Zündstoff

Mit Begriffen wie Abzockerei haben die Aktionäre ihrer Wut über die Pensionen der ehemaligen Konzernchefs Barnevik und Lindahl Luft gemacht.
Gegen die Stimmenmacht der Grossaktionäre kamen die 2212 Aktionäre in der Messe Zürich allerdings nicht an. Der Verwaltungsrat wurde für das Geschäftsjahr 2001 in Einzel-Abstimmung entlastet. Bei Jacob Wallenberg, Göran Lindahl, Percy Barnevik und Robert Jeker stimmten die Kleinaktionäre gegen die Entlastung.
Warum hat der Verwaltungsrat nichts wissen wollen?
Auch Dominique Biedermann, Geschäftsleiter der Anlagestiftung Ethos, der 93 Pensionskassen angeschlossen sind, beantragte eine Verweigerung der Décharge. Vor allem die Grundlage der Zahlungen sei immer noch nicht bekannt, begründete er: «Warum hat sich der Verwaltungsrat nicht erkundigt?»
Für die Entlastung trat neben den Banken auch Martin Ebner ein, der mit seiner BZ Gruppe rund 11% der ABB hält. Der Vergleich, der mit Barnevik und Lindahl geschlossen worden sei, sei nicht gerecht, sagte er. Er sei aber eine praktische Lösung, um die ABB aus der Vertrauenskrise zu führen. Ebner war an der Ausarbeitung des Vergleichs beteiligt.
Der neue Verwaltungsrats-Präsident und Nachfolger von Barnevik, Jürgen Dormann, gestand Fehler des damaligen Verwaltungsrates ein: «Diejenigen von uns, die Mitglieder des Verwaltungsrates waren, hätten früher reagieren müssen – auch das ist uns heute klar», sagte er in seiner Einleitung zur Generalversammlung.
Zuviel Macht für Barnevik
Percy Barnevik habe über einen zu langen Zeitraum zu viel Einfluss gehabt. In der Anfangsphase nach 1988 seien zuwenig Strukturen geschaffen worden, um die ABB als ein Unternehmen und nicht als Föderation von mehr als tausend Gesellschaften zu leiten.
Barnevik habe sich aber auch Verdienste erworben, indem er die ABB von ihren ursprünglich schweizerischen und schwedischen Wurzeln zu einem globalen Unternehmen geformt habe, sagte Dormann weiter. Die Geschichte der ABB bis 1996 sei eine Erfolgsgeschichte gewesen.
Heute werde ABB zu der schlechten Bilanz, zur niedrigen Eigenkapitalquote, zum hohen Schuldenniveau und zu allzu vielen organisatorischen Änderungen befragt.
Neues Kapitel aufschlagen
Mit der Offenlegung der Pensionsbezüge und mit dem abgeschlossenen Vergleich mit Barnevik und Lindahl solle ein «neues Kapitel gegenseitigen Vertrauens» aufgeschlagen werden. Die beiden ehemaligen Konzernchefs zahlen 137,2 Mio. von den 233 Mio. Franken Pensionskassen-Bezügen zurück.
Auch die verbleibenden 58 bzw. 38 Mio. Franken, die Barnevik und Lindahl noch erhielten, seien «dreister Diebstahl», sagte Kleinaktionärs-Vertreter Hans-Jacob Heitz. Seinen Antrag auf eine Sonderprüfung zog er zurück, nachdem sein Katalog von 23 Fragen an den Verwaltungsrat beantwortet wurde.
Beda Mohr, Geschäftsleiter der Gewerkschaft SMUV, forderte einen Verwaltungsratssitz für einen Angestellten-Vertreter. Die Beschäftigten hätten das Vertrauen in den Verwaltungsrat verloren, sagte er. Die Pensionsbezüge seien fast so hoch wie der Betriebsgewinn eines ganzen Jahres, da fühlten sich Normalverdienende betrogen.
Konzernchef Jörgen Centerman versprach den Aktionären, im Jahr 2002 das Programm der Kosteneinsparungen von 500 Mio. Dollar abzuschliessen, eine schlankere Organisationsstruktur aufzubauen, und vor allem das Betriebsergebnis zu verbessern, um die schwache Eigenkapitalbasis zu stärken.
swissinfo und Agenturen

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