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Argentiniens Krise wirkt auf die Schweiz

Steine werfende Demonstranten in Buenos Aires. Keystone Archive

Der Präsident Argentiniens ist zurückgetreten. Zuflucht suchen viele Argentinier in der Schweiz. Die Banken sind über die Krise nicht überrascht.

«Seit einem Jahr ist die Zahl der Argentinier, die aus ihrem Land geflohen sind, ohne Zweifel angestiegen», sagt Silvia Hodgers, eine Choreografin aus Argentinien, die in die Schweiz auswanderte, nachdem sie von der Junta von General Videla eingesperrt und gefoltert worden war. «Die Zahl der Flüchtlinge ist vergleichbar wie in Zeiten der Diktatur.»

Ihr Sohn, der grüne Abgeordnete Antonio Hodgers, macht die gleiche Beobachtung: «Seit einigen Monaten treffe ich immer mehr junge Argentinier in den alternativen Kreisen Genfs.»

Das Chaos

Seit drei Jahren steckt Argentinien in einer Rezession, heute herrscht das Chaos. Nach den Massenprotesten und tagelangen Ausschreitungen hat Präsident Fernando de la Rua seinen Platz geräumt.

Er zog damit am Donnerstag die Konsequenzen aus den Krawallen, bei denen mindestens 25 Menschen ums Leben kamen und Hunderte verletzt wurden.

Die Proteste richteten sich gegen den Sparkurs der Regierung. Präsident Fernando de la Rua reichte darauf seinen Rücktritt ein, der am Freitag vom Parlament angenommen wurde. Darauf wurde Senatspräsident Ramon Puerta vorerst zum Übergangs-Präsidenten berufen. Nun soll eine Übergangs-Regierung gebildet werden.

Armin Ritz, Botschafter der Schweiz in Argentinien, wagt keine Prognose, wie sich die Lage in den Strassen Buenos Aires entwickeln wird. Die Situation sei sehr volatil.

Das Schweizer Aussenministerium (EDA) mahnt Reisende zur Vorsicht. In dem am Freitag aktualisierten Reisehinweisen verweis das EDA auf die Unruhen, rät aber nicht von Reisen nach Argentinien ab. Unruheherde, Demonstrationen, andere grössere Menschenansammlungen und gewisse Quartiere in Buenos Aires seien aber zu meiden.

Grossbanken von Krise nicht überrascht

Die Schweizer Unternehmen in Argentinien beginnen derweil – wie viele andere – unter der Situation zu leiden. Nestlé, Roche, Novartis, Sulzer, Ascom oder Holderbank bleibt nur die Hoffnung auf ihre Verkäufe in andere Länder der Region.

Die Schweizer Grossbanken sind über die Zuspitzung der Wirtschaftskrise nicht überrascht. UBS und Credit Suisse Group befürchten wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise in Argentinien keine direkten gravierenden Konsequenzen, wie am Freitag verlautete. Beide Grossbanken nennen aber keine Zahlen über ihr Engagement in einzelnen Ländern. Sie sind jedoch in den aufstrebenden Märkten generell vorsichtiger geworden.

Forderungen über 3,2 Mrd. Dollar

Zahlen zu den Forderungen der Banken der einzelnen Industrieländer gegenüber Argentinien enthält die Statistik der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Hier werden die konsolidierten Forderungen der Banken in der Schweiz gegenüber Argentinien per Ende Juni mit 3,246 Mrd. Dollar (über 5,3 Mrd. Franken) ausgewiesen.

Im Unterschied zur Summe aller Forderungen der Banken der Industrieländer, die im zweiten Quartal um zwei Prozent zurückgingen, ergab sich im Falle der Schweiz ein massiver Anstieg. Per Ende März weist die BIZ-Statistik lediglich Forderungen von Schweizer Banken gegenüber Argentinien in der Höhe von 1,505 Mrd Dollar aus. Das Engagement hat sich also mit anderen Worten im zweiten Quartal mehr als verdoppelt.

Frédéric Burnand und Agenturen

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