bankgeheimnis widersteht dem rauen wind

Das Bankgeheimnis wird immer wieder von verschiedenen Seiten attackiert. Die ausländische Konkurrenz hat auch die lukrative Vermögensverwaltung im Visier.
Obschon das Parlament diese urschweizerische Bestimmung nicht in der Verfassung festschreiben wollte, hat sie in der Bevölkerung grossen Rückhalt.
Um das Geld zu schützen, das die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in der Schweiz angelegt hatten, soll Bern beschlossen haben, das Bankgeheimnis zu stärken. Diese Geschichte hört man noch heute. Sie wurde aber in den 60er-Jahren von den Schweizer Banken erfunden, um das Bankgeheimnis gegen die Angriffe aus den USA moralisch zu legitimieren.
Für den Schweizer Banker ist Diskretion eine Gepflogenheit, die über Jahrhunderte gewachsen ist. Aber wirklich wichtig wurde das Bankgeheimnis erst anfangs des 20. Jahrhunderts, als die Steuern in den Nachbarländern stiegen. Es wurde zum Eckstein einer Bestimmung zugunsten ausländischer Steuerpflichtiger. Deren
Steuerflucht ärgert seither die europäischen Regierungen.
Markenzeichen
1932 durchsucht die französische Polizei die Pariser Büros der Basler Handelsbank und beschlagnahmt Listen mit Tausenden von Kundennamen. Als Reaktion beschliesst die Schweizer Regierung 1934, das Bankgeheimnis zu stärken. Von da an wird dessen Verletzung von Amtes wegen verfolgt.
Aufgrund des Bankgeheimnisses sind die Bankangestellten zur Verschwiegenheit über die Vermögensverhältnisse ihrer Kundschaft verpflichtet. Es schützt demnach nicht die Bank, sondern deren Kundinnen und Kunden,
und nur sie können darauf verzichten. Es ist eine berufliche Pflicht, deren Verletzung von Amtes wegen verfolgt und mit Busse oder Gefängnis bestraft werden kann.
«Die Vertraulichkeit in Bezug auf die Finanzen ist ein wesentlicher Bestandteil der Freiheit. Sie ist eine Grundlage der Demokratie, eine ethische und moralische Notwendigkeit, um den Schutz der Privatsphäre zu garantieren», so die Meinung der Banker.
Das Bankgeheimnis ist im Bankengesetz festgeschrieben, seine Verletzung ist gerichtlich verfolgbar. Es ist heute ein weltweit bekanntes Markenzeichen des Landes und seines Finanzplatzes. Wenn die Banken diese Vertraulichkeit verlieren, wird ein
ganzes Stück Vermögensverwaltung vernichtet. Im Verlauf der Jahre wurde das Bankgeheimnis angepasst, es gilt nicht absolut.
Angriffe nahmen zu
Zivilrechtliche Bestimmungen und Rechtshilfegesuche erlauben Abweichungen. So kann zum Beispiel bei einer Untersuchung wegen Geldwäscherei der Richter seine Aufhebung verlangen.
In den letzten Jahren nahmen die Angriffe auf das Bankgeheimnis zu. Der Druck geht eindeutig auf wirtschaftliche Interessen zurück. Zum einen wollen die Regierungen ihre Steuern anheben können, ohne dass die Reichen ihr Geld ins Ausland verschieben. Zum andern haben die ausländischen
Finanzplätze die von den Schweizer Banken verwalteten Vermögen im Auge.
Umgehung oder Hinterziehung?
Kritisiert wird namentlich die Schweizer Unterscheidung in Steuer-Hinterziehung und -Umgehung. Anders als in den meisten anderen Ländern gilt in der Schweiz Steuerumgehung nicht automatisch als Straftat der Hinterziehung, solange keine kriminellen Tatbestände bestehen. Die Schweizer Banken müssen deshalb keine Auskunft über das Vermögen ihrer Kundschaft geben.
Diese Gesetzgebung ist bei zahlreichen ausländischen Regierung verschrien. Sie ärgern sich, dass ihre reichen
Steuerpflichtigen mit dem Geldtransfer in die Schweiz ihre eigenen Gesetze umgehen.
Dass die Schweizer Wirtschaft heute, namentlich dank der weltweit tiefsten Zinssätze, von einer Ausnahmesituation profitiert, verdankt sie dem Bankgeheimnis. Es geht also im Grunde um die wirtschaftliche Konkurrenz.
Der Schutz der Privatsphäre ist Teil der Kultur der Schweizer Banker. Zusammen mit Sicherheit, Performance und Dienstleistung ist sie einer der vier Pfeiler der helvetischen Finanzwelt.
Rückhalt im Volk
Für den Schweizer Finanzplatz hätte die Abschaffung des
Bankgeheimnisses negative Konsequenzen. Das scheint auch die Bevölkerung, trotz einiger Kritik, so zu sehen.
Laut einer Umfrage der Schweizerischen Bankiervereinigung sind 80% der Schweizerinnen und Schweizer für die Beibehaltung des Berufsgeheimnisses der Banker, das sind 2% mehr als letztes Jahr.
Das Bankgeheimnis wird jedoch nicht in der Bundesverfassung festgeschrieben. Das Parlament lehnte 2006 einen Vorschlag aus rechtsbürgerlichen Kreisen sowie vier kantonale Initiativen der Kantone Genf, Tessin, Basel-Landschaft und Aargau ab.
Auch nach Abschluss der Verhandlungen mit der Europäischen
Union über das 2. Paket von bilateralen Verträgen gelang es der Schweiz, ihr Bankgeheimnis für die kommenden Jahre zu bewahren.
swissinfo, Luigino Canal (Übertragung aus dem Französischen: Charlotte Egger)
In vielen Hollywood-Filmen profitieren die Bösewichte vom Bankgeheimnis, indem sie ein anonymes Konto bei einer Schweizer Bank eröffnen, um ihre Spuren zu verwischen.
In Wirklichkeit ist es zwar möglich, in einer Schweizer Bank ein Nummernkonto zu eröffnen (der Name des Inhabers wird durch eine Nummer ersetzt), aber das Konto ist nicht vollständig anonym.
Denn in der Schweiz sind die Banken seit über 20 Jahren verpflichtet, sich Gewissheit über die Identität des wirklichen Inhabers des auf einem Konto einbezahlten Geldes zu verschaffen.
Bei einem Nummernkonto sind die Informationen nur einem sehr engen Kreis von Bankangestellten bekannt.
Diese vertraulichen Daten müssen bei einer Strafuntersuchung dem Untersuchungsrichter bekannt gegeben werden.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch