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Dämpfen die steigenden Ölpreise die Konjunktur?

Der Erdölpreis steigt mit der Gewalt im Nahen Osten. Keystone

Als Folge der Eskalation im Nahen Osten ist der Erdölpreis international auf über 78 Dollar pro Barrel gestiegen. Das sei noch nicht das Ende, befürchten Experten.

Auch in der Schweiz steigen die Benzinpreise. Konjunktur-Beobachter sind sich nicht einig, ob dies negative Auswirkungen auf das Schweizer Wirtschaftswachstum haben wird.

Der jüngste Konflikt zwischen Israel und Libanon hat dafür gesorgt, dass zum Wochenschluss die Erdölpreise noch einmal kräftig in die Höhe geschnellt sind.

Nach dem Überschreiten der 78-Dollar-Marke pro Barrel am Freitag schliessen Experten nicht aus, dass sogar die 85-Dollar-Preisgrenze erreicht werden könnte.

Die Preise steigen und steigen, obwohl die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) beteuert, die Märkte seien “ausreichend mit Öl versorgt”. Das Angebot übertreffe den Bedarf bei weitem.

Zudem hätten die Ölvorräte in den Mitgliedsstaaten der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, den höchsten Stand seit fünf Jahren erreicht.

Für das Ansteigen der Ölpreise mitverantwortlich sind aber auch die ungelösten Probleme mit Iran und Irak sowie die Berichte über Anschläge auf nigerianische Pipelines.

Steigende Preise auch in der Schweiz

Die internationale Ölpreis-Hausse spiegelt sich auch in der Schweiz. So sind die Benzinpreise auf breiter Front um 2 Rappen pro Liter erhöht worden und liegen knapp unter der Rekordhöhe.

Die vom Touring-Club der Schweiz ermittelten durchschnittlichen Literpreise an den Zapfsäulen stiegen damit auf 1,76 Franken für Bleifrei 95, respektive 1,80 Franken für Bleifrei 98. Vorerst hat nur Esso auch das Dieselöl verteuert.

Auswirkungen auf die Schweizer Konjunktur?

Das Weiterdrehen der Spirale der Gewalt in Libanon habe für Europa, die USA und Asien bisher keine spürbaren Auswirkungen, sagt UBS-Ökonom Hanspeter Hausherr.

Entsprechend gering seien auch die Einflüsse auf Unternehmen und Konsumenten.

Zwar könnte ein starker Anstieg des Ölpreises die Konjunktur bremsen, meint Hausherr weiter. Es sei jedoch schwierig, vorherzusagen, wie gross dieser Effekt wäre.

So zeigen zwar empirische Studien, dass ein um zehn US-Dollar höherer Ölpreis das Wirtschaftswachstum im OECD-Raum in den folgenden ein bis zwei Jahren um rund 0,5% dämpft.

Weitere Einflüsse

Obwohl die Realität in den vergangenen Jahren ein anderes Bild zeige, dürfe man nicht einfach annehmen, dass wachsende Ölpreise der Konjunktur nicht schadeten, verlautet aus dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO).

So dürften die tiefe Inflation sowie die niedrigen Zinsen das Konjunktur-Bild überzeichnet haben.

Für Willy Roth von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) ist entscheidend, ob ein allfälliger weiterer Ölpreisanstieg von Dauer sei. Nur dann sei ein Einfluss auf die Konjunktur zu erwarten.

Das SECO hatte Ende Juni seine Wachstumsprognose für 2006 deutlich nach oben geschraubt. Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) in der Schweiz dürfte demnach um 2,7% wachsen.

Das wäre die stärkste Zunahme seit dem Boomjahr 2000. Für 2007 sagte das SECO aber eine Abschwächung des BIP-Wachstums auf 1,5% voraus.

swissinfo und Agenturen

80% des in die Schweiz eingeführten Rohöls stammen aus Staaten Nord- und Westafrikas.

2004 betrug der Anteil der Erdölprodukte am Schweizerischen Energieverbrauch 57%.

Die Schweiz führt Erdöl zu rund zwei Dritteln in der Form von Fertigprodukten und zu einem Drittel als Rohöl ein.

Als Folge der Erdölkrisen in den siebziger Jahren hat sich in der Schweiz der Anteil der Erdölprodukte am Energieverbrauch von rund 80% (1973) auf 57% (2004) reduziert.

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