
Eine Option für umweltfreundliche Mobilität

E-Bikes sind mittlerweile auf Durchschnitts-Konsumenten zugeschnitten. Trotzdem kommen sie in der Schweiz nicht richtig in Schwung.
«Das E-Bike ersetzt nicht einfach das Velo. Es ist ein ganz anderes Fortbewegungsmittel», sagt Hans-Jürgen Wenger, Gerant eines E-Bike-Centers, von denen es bisher nur wenige in der Schweiz gibt. «Es geht hier um ein technologisch sehr fortschrittliches Produkt», unterstreicht seinerseits Daniel Bachofner von der IG Velo, der Interessengemeinschaft der Radfahrerinnen und Radfahrer.
Das E-Bike soll Geschwindigkeit und Ökologie unter einen Hut bringen. Es ist ein Fahrrad, das über einen Elektromotor verfügt, der den Radfahrer beim Pedalen unterstützt. Die Kraft des Hilfsmotors hängt vom jeweiligen Modell ab und vom Willen des Fahrers, die eigenen Muskeln zu benutzen.
Zwei E-Bike-Typen
Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene E-Bike-Entwicklungen: Beim ersten Typ wird die Motorkraft – wie bei einem Scooter oder Mofa – durch einen «Gasgriff» geregelt. Im Vorderrad ist ein Motor installiert, auf dem Gepäckträger befindet sich die Batterie. Diese E-Bike Variante kann auch von Personen genutzt werden, die gar nicht in die Pedale treten wollen. Sie geben einfach «Gas». Mehrere Modelle dieser Art bietet die Firma «Tour de Suisse» an.
Beim zweiten Typ – bekannt unter dem Namen «Pedelec» – sind Motor und Batterie in den Rahmen eingebaut. Die Kraft des zusätzlichen Elektromotors hängt vom Tritt-Rhythmus des Fahrers ab. Er kann sich auch bei einer Frequenz von weniger als 60 Pedal-Umdrehungen pro Minute einschalten, was für ältere und wenig trainierte Personen interessant ist. Sportliche Fahrer oder Arbeitspendler, die schneller sein wollen, können den Motor auch bei höheren Trittfrequenzen zuschalten. Marken-Beispiele sind Flyer von BKTech oder Dolphin von Velocity.
Wie bei herkömmlichen Fahrrädern ist auch bei E-Bikes die Bandbreite der Preise enorm. Die billigsten Modelle (Tour de Suisse) kosten um die 2’500 Franken. Für Flyer und Dolphin muss man mindestens 4’000 Franken auf den Tisch legen. Manche Modelle können bis zu 10’000 Franken kosten.
Das Gewicht der E-Bikes beträgt zwischen 25 und 30 Kilogramm. Je nach Modell wird eine Durchschnitts-Geschwindigkeit zwischen 25 und 30 km/h garantiert. Eine geladene Batterie reicht für zirka 25 Kilometer. Doch diese Reichweite hängt stark von der Eigenleistung des Velofahrers ab. Wer selbst stark in die Pedalen tritt, kann den Radius verdoppeln. Die Batterie kann in zwei bis drei Stunden aufgeladen werden.
Erst wenige Tausend auf den Strassen
«Persönlich bin ich der Auffassung, dass die E-Bikes insbesondere für die städtischen Agglomerationen und Kurzstrecken sehr interessant sind», sagt Hans-Jürgen Wenger, der einen E-Bike-Laden in Thun betreibt. Zwei Mal wöchentlich benutzt er sein Fahrzeug, um in das 30 Kilometer entfernte Bern zu radeln.
Trotz aller angepriesenen Vorzüge serbelt das Geschäft mit den E-Bikes dahin. Einige Schweizer Produzenten befinden sich sogar in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten. Sicherlich ist das Interesse an den E-Bikes dank neuer technischer Entwicklung in den letzten drei Jahren gestiegen. Aber es lässt sich nicht wegdiskutieren, dass heute in der Schweiz erst 5’000 oder 6’000 E-Bikes zirkulieren.
Hauptkonkurrent: Das herkömmliche Fahrrad
«Für Personen, die nicht genau wissen, was sie wollen, sind die Produkte schwer zugänglich», ist Hans-Jürgen Wenger überzeugt. In der ganzen Schweiz sind bisher erst vier E-Bike-Center zu finden. «Es gibt auch ein mentales Problem: Wer Interesse an Velos hat, sucht häufig nach technisch einfachen Lösungen. Ein E-Bike ist aber eine High-Tech-Maschine und muss sich im familiären Konkurrenzkampf behaupten», gibt Daniel Bachofner zu Bedenken.
Spezialsituation Schweiz
«Die Schweizer Normen unterscheiden sich von den europäischen», erläutert Wenger vom E-Bike-Center in Thun. «Jedes Modell muss vom Bundesamt für Verkehr abgenommen werden. Das hält die europäischen Produzenten davon ab, sich auf dem Schweizer Markt zu engagieren.» Die einheimischen Firmen verfügen hingegen über zu wenig Mittel, um grosse Marketing-Kampagnen aufzuziehen.
So kommt es, dass das E-Bike in der Schweiz ein Nischenprodukt geblieben ist, während im Ausland (so zum Beispiel in Deutschland, Holland, Italien, Frankreich, Japan und China) E-Bikes schon recht verbreitet und bekannt sind.
Ausserdem braucht es gemäss Schweizer Gesetzgebung zum Fahren von E-Bikes einen Mofa-Fahrausweis. Auch das unterscheidet die Schweiz von anderen Ländern. Insbesondere für ältere Leute wirkt dies abschreckend.
PR-Kampagnen
Der Verkehr in den städtischen Agglomerationen nimmt beängstigende Dimensionen an. Dies trifft sowohl auf den Schadstoff-Ausstoss als auch auf die verstopften Strassen zu. E-Bikes könnten hier eine nützliche Alternative sein. «Trotz eines grossen Marktpotentials fehlt vielen Leuten im Moment häufig noch die nötige Information», meint Daniel Bachofner. Die IG-Velo versucht ihrerseits, die 30’000 Mitglieder zu informieren.
Auch bei der öffentlichen Hand bewegt sich langsam etwas. So haben die Kantone Bern und Basel PR-Aktionen zur Benutzung von E-Bikes lanciert. Gemäss ersten Auswertungen der Kampagnen gibt es in der Bevölkerung ein wachsendes Interesse.
«Persönlich wünsche ich mir ein noch stärkeres Engagement der öffentlichen Institutionen», sagt Hans-Jürgen Wenger und lobt abschliessend noch einmal die Vorteile der E-Bikes: «Sie sind schnell, umweltfreundlich, es braucht keinen grossen Parkplätze, sie halten einen in Form, und man kommt nicht verschwitzt zur Arbeit.»
Marzio Pescia
Übersetzung: Gerhard Lob

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