Einigung im Streit um EU-Zinssteuer
Nach jahrelangem Ringen haben sich die EU-Finanzminister in Brüssel auf ein einheitliches Vorgehen gegen grenzüberschreitenden Steuerbetrug und Kapitalflucht verständigt.
Mit dem Kompromiss dürfte die Schweiz ihr Bankgeheimnis vorläufig gerettet haben.
Nach dem Durchbruch vom Dienstagabend führen zwölf Länder von 2004 an einen automatischen Informationsaustausch über Anleger aus dem EU-Ausland ein. Luxemburg, Österreich und Belgien dürfen so lange eine Quellensteuer erheben, bis Drittstaaten wie die Schweiz einen Informationsaustausch auf Anfrage einführen.
Der Einigung zufolge werden Österreich, Luxemburg und Belgien zunächst ab 2004 eine Quellensteuer von 15 Prozent, von 2007 bis 2010 dann von 20 Prozent und danach von 35 Prozent einführen.
Auch Bern schliesst sich an
Die Schweiz, die einen automatischen Informationsaustausch mit Verweis auf das Bankgeheimnis ablehnt, soll sich ebenfalls an diese Sätze halten. 75 Prozent der Einnahmen sollen dann an das Herkunftsland des EU-Anlegers überwiesen werden.
Zunächst war vorgesehen, dass alle EU-Staaten von 2011 an das automatische Informationssystem einführen. Das ist jetzt vom Tisch.
Weil die Schweiz nicht Mitglied ist
Österreich und Luxemburg hatten bis zuletzt darauf bestanden, sich dem System nur anzuschliessen, wenn die Schweiz identische Schritte unternimmt. Von dieser Position sind beide Länder nun abgerückt, da sie einen automatischen Informationsaustausch auch dann einführen, wenn die Schweiz Daten über Anleger lediglich auf Anfrage herausgibt.
Der deutsche Bundesfinanzminister Hans Eichel betonte, der Unterschied liege einfach darin, dass Luxemburg und Österreich EU-Mitglieder seien und die Schweiz nicht.
Positive Reaktionen
In der Schweiz sind die Reaktionen auf die EU-Einigung positiv ausgefallen. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) zeigt sich erfreut, dass das Ergebnis «auf den ersten Blick den wichtigsten Kernpunkten der schweizerischen Position» entspreche.
Eine abschliessende Bewertung sei aber noch nicht möglich, da die Lösung in einigen Punkten vom bisherigen Richtlinienentwurf abzuweichen scheine.
Auch die Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers hat positiv reagiert. Geschäftsführer Michel Dérobert zeigte sich zwar auf Anfrage vorerst noch vorsichtig, da die Details des Vertrages noch nicht bekannt seien.
«Der Vertrag muss langfristig und sicher sein», sagte Dérobert. Die Privatbankiers wollten zuerst noch die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU abwarten.
Lob auch von den Parteien
Grösstenteils zufrieden geben sich die Parteien. Die SP sieht in der Einigung der Finanzminister eine Art «Auszeit» für die Schweiz. Dieser Schritt ermögliche es, Zeit zu gewinnen und sei günstig für weitere Verhandlungen, sagte SP-Sprecher Jean-Philippe Jeannerat.
Für die CVP hat sich «die Schweizer Hartnäckigkeit gelohnt». Die Schweiz habe von Anfang an vorgeschlagen, eine Quellensteuer zu erheben. Dieses Ergebnis zeige, dass auch ein kleines Land Erfolg haben könne, wenn es gute Lösungen präsentiere.
Die FDP freut sich über den Erfolg ihres Bundesrates Kaspar Villiger. Dass das Prinzip der Privatsphäre akzeptiert werde, sei eine gute Nachricht.
Einzig die SVP zeigt sich wenig beeindruckt und warnt vor einer «Überinterpretation und vor Täuschungen.»
swissinfo mit Agenturen
Ab 2004 führen Österreich, Luxemburg und Belgien eine Quellensteuer von 15% ein
Ab 2007 – 2010: 20%
Danach: 35%
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