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Firma in Zürich lockt Geschäfte nach Indien

Schweizer Firmen schauen für die Entwicklung von Software vermehrt nach Indien. Cognizant

Die Firma Cognizant will grosse Unternehmen in der Schweiz überzeugen, einen Teil ihrer Arbeit nach Indien auszulagern.

Das kleine Büro liegt am Rande des Zürcher Industriegebietes – eine eher ungewöhnliche Lage für eine Firma, die Schweizern zeigen will, wie man Business umkrempelt.

Krishna Nagashwaran leitet das Zürcher Büro von Cognizant Technology Solutions, das seit 18 Monaten vor Ort ist.

Nagashwarans Aufgabe in Zürich besteht darin, Topmanager in der Schweiz zu ermuntern, ihre Informationstechnologie oder die geplanten Software-Projekte an die indische Vertretung auszulagern.

“Noch ist das Auslagern von Arbeiten, das Outsourcen, in der Schweiz nicht so weit gediehen, wie etwa in den USA oder in Grossbritannien, doch das Geschäft zieht an”, sagt Nagashwaran.

Keine Namen

Cognizant beschäftigt im indischen Chennai rund 9000 Personen und hat soeben mit der Schweizer Grossbank Credit Suisse einen millionenschweren Vertrag zur Entwicklung einer neuen Software für Internet-Banking abgeschlossen.

Sonst aber will Nagashwaran keine Auskünfte oder Namen von Schweizer Firmen geben, mit denen man im Geschäft ist. Er lässt sich nur entlocken, dass es offenbar gelungen ist, mit wichtigen Finanzdienstleistern oder Versicherungen ins Geschäft zu kommen.

Kim Rajah, Europa-Vizepräsident von Cognizant, sagt gegenüber swissinfo, dass er auch ein Auge auf die schweizerische Pharmaindustrie habe.

“Einige grosse Pharmafirmen machen bereits Geschäfte mit uns. Generell ist Pharma ein Bereich, in dem die Schweiz sehr stark ist”, sagt Rajah und fügt an, dass es “gute Gründe gebe” anzunehmen, dass die Pharmariesen Roche oder Novartis potentielle oder aktuelle Kunden von Cognizant seien.

Auch Nachteile

Gemäss einer Aussage der UBS, der grössten Schweizer Bank, vom März, haben bereits rund 50% der führenden Schweizer Unternehmen Teile ihrer Produktion oder Verwaltung ins Ausland ausgelagert.

Eine Studie der Universität St. Gallen allerdings warnt und sagt, dass viele Firmen die Nachteile, welche Outsourcen mit sich brächte, unterschätzten.

Die Autoren dieser Studie sagen auch, dass Firmen, die Teile ihrer Arbeit ins Ausland auslagern, oft die zusätzlichen Kosten für die Logistik oder die Qualitätskontrolle unterschätzten.

Geschäft wächst

Trotz all dieser Befunde gehen Experten davon aus, dass das Geschäft mit der Verlagerung von Arbeiten ins Ausland in den kommenden Jahren um 30 bis 40% wachsen dürfte.

Eine Umfrage im Schweizer Konsumentenmagazin “Kassensturz”, des Deutschweizer Fernsehens DRS ergab, dass Topfirmen wie Novartis, Swisscom, die Schweizer Bundesbahnen SBB oder die Schweizer Post bereits etliche Bereiche ihrer IT-Aktivitäten nach Indien ausgelagert haben.

Für Rajah von Cognizant ist der Mangel an Fachleuten in der Schweiz ein Grund, warum mehr und mehr Firmen die Software-Entwicklung auslagern.

“In der Schweiz gibt es eine grosse Zahl von Weltfirmen, welche einen Mangel an Fachkräften in wichtigen Fachbereichen beklagen und die nach Möglichkeiten ausserhalb der Schweiz Ausschau halten”, sagt Rajah.

Angst vor Jobverlust

Das immer stärke Geschäft mit dem Auslagern von Tätigkeiten ins Ausland wird in der Schweiz nicht überall begrüsst.

Die Gewerkschaften warnen, dass viele Schweizer Software Spezialisten arbeitslos würden. Das habe man in den USA oder England gesehen, als dort die Firmen ihre Call-Centers nach Indien auslagerten.

Andere Fachleute dagegen sind der Meinung, dass Firmen aus der Schweiz, Frankreich, Italien oder Deutschland wegen der Sprachbarrieren zögern würden, ihre Aktivitäten auszulagern.

“Für etliche Firmen ist das Auslagern nicht attraktiv, denn nur hier finden sie genügend Leute, welche die Landessprache sprechen”, sagt zum Beispiel Stefan Buess von Callnet, dem Branchenverband für Call-Center-Betreiber und -Anbieter in der Schweiz.

Sprache kein Hindernis

Zurück zu Cognizant. Die indische Firma will jedoch nicht im Geschäft rund um die Call Centers aktiv werden. Krishna Nagashwaran ist allerdings der Meinung, dass die Sprachbarriere kein starkes Argument gegen die Auslagerung in die Niedriglohn-Länder sei.

“Leute, die Französisch oder Deutsch sprechen, betreiben schon seit einiger Zeit Call Centers von irgendwo auf der Welt”, sagt er.

“Das mag im Moment noch nicht für die Schweiz gelten…aber ich denke, Selbstzufriedenheit ist kein guter Ratgeber in diesem Business”, fügt er bei.

swissinfo, Ramsey Zarifeh, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)

Gemäss UBS haben bereits 46% der 300 wichtigsten Schweizer Firmen Aktivitäten ins Ausland ausgelagert.
10% aller Schweizer Firmen erarbeiten bereits 15% ihrer Produktion im Ausland.

Cognizant Technology Solutions wurde 1994 gegründet. Die Firma zählt weltweit 200 Kunden. Sie erwartet für 2004 einen Umsatz von über 600 Mio. Franken.

Die Firma erarbeitet rund 50% ihres Umsatzes im Sektor Finanzdienstleistungen.

Cognizant hat Niederlassungen in etlichen Städten Indiens, darunter Bangalore, Chennai und Hyderabad.

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