
Firmen verschenken jährlich Hunderte Millionen Franken

Schweizer Unternehmen verlieren jedes Jahr mehrere hundert Millionen Franken, weil sie die in anderen Ländern bezahlte Mehrwertsteuer nicht zurück fordern. Während die einen Firmen den Aufwand scheuen, wissen die anderen gar nicht um ihr Rechte.
International tätige Unternehmen, die im Ausland Mehrwertsteuern zahlen, können sich die Abgaben zurück erstatten lassen. Schweizer Firmen fordern die im Ausland gezahlten Mehrwertsteuern jedoch nur teilweise zurück. «Jedes Jahr schenken sie den Finanzbehörden der europäischen Staaten mehrere hundert Millionen Franken», sagt Harriet Mlakar von der Rechts- und Steuerabteilung der Handelskammer Deutschland-Schweiz.
Diese Grössenordnung bestätigt Franca Wolf, stellvertretende Geschäftsführerin der Firma Cashback in Cham, die auf Mehrwertsteuer-Rückerstattung spezialisiert ist. «Es kommt einiges zusammen, wenn man bedenkt, dass in einzelnen Ländern der Europäischen Union die Mehrwertsteuer bei rund 25 Prozent liegt.»
Zum einen gehe Geld verloren, weil viele Unternehmen den für die Rückerstattung erforderlichen Minimalbetrag eines Landes nicht erreichten, erklärt Wolf. Andere erreichten diese Grenze zwar, scheuten aber den Aufwand für die Rückerstattung.
Bürokratische und sprachliche Barrieren
Der Zeitaufwand ist jedoch nur einer von vielen Gründen für den freiwilligen Verzicht. Ein weiteres Hindernis stellen die oftmals kompliziert ausgestalteten, von Land zu Land unterschiedlichen Rückerstattungs-Verfahren dar.
«Viele Unternehmen wissen nicht, bei welchen Amtsstellen sie sich melden müssen, welche Antragsformulare sie benötigen, und nicht selten scheitern sie an sprachlichen Barrieren», sagt Wolf.
«Vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die nicht regelmässig exportieren, kennen die Verfahren nicht oder scheuen den Aufwand», bestätigt Martin Gollmer, der bei der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung (OSEC) für die EU-Information und -Beratung verantwortlich ist.
Nicht alle Unternehmen kennen ihre Rechte
Doch nicht immer erfolgt der Verzicht freiwillig: «Nach wie vor gibt es viele Unternehmer, die überhaupt nicht wissen, dass die im Ausland gezahlten Mehrwertsteuern grösstenteils zurück gefordert werden können», sagt Mlakar.
Mit der Euro-Einführung ändert nichts
Keine Erleichterung können die Schweizer Unternehmen von der Einführung der Einheitswährung Euro im nächsten Jahr erwarten. «Eine Harmonisierung bei der Mehrwertsteuer – sei es bei den Steuersätzen, sei es bei der Abwicklung – zeichnet sich nicht ab», sagt Wolf. «Die Europäische Union hat dringendere Probleme»
swissinfo und Iwan Lieberherr (sda)

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