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Tod im Ausland – und die Frage nach der Leichenbeförderung

Ein Raum voller Särge
Im Jahr 2024 starben fast 800 Schweizer:innen mit Wohnsitz in der Eidgenossenschaft im Ausland. KEYSTONE/DPA/A4763/_Sophia Kembowski

Niemand spricht gerne über den Tod und das Sterben, obwohl alle davon betroffen sind. Stirbt ein Mensch in seiner Heimat, ist die Situation für die Angehörigen schon schwierig und schmerzhaft. Deutlich komplizierter wird es bei einem Todesfall im Ausland. Doch es lässt sich vorsorgen.

Wer sich ein neues Leben und eine neue Existenz im Ausland aufbaut, will normalerweise nicht über den Tod nachdenken. Tatsächlich ist dieses Thema bei Menschen, welche die Schweiz verlassen, nicht besonders beliebt. Das bestätigt Nicole Töpperwien, Geschäftsführerin des Solidaritätsfonds für Auslandschweizer:innen SoliswissExterner Link: «Unsere Rubrik mit Informationen zum Sterben im AuslandExterner Link ist eine der am wenigsten besuchten Seiten unserer Homepage.»

Die meisten Beratungen von Soliswiss zu diesem Thema erfolgen für Personen, die weit nach vorne schauen. Vor ihrem Umzug ins Ausland informieren sie ihre eigenen Angehörigen über die notwendigen Schritte und bürokratischen Hürden im Falle eines Todes, damit die Familie in der ohnehin schon schwierigen Trauerzeit nicht noch zusätzliche Sorgen hat.

Der wichtigste Ratschlag lautet: «Informieren Sie sich über die geltenden Vorschriften in Ihrer neuen Heimat.» So sollten etwa die Vorsorgevollmacht oder das Testament von einer lokalen Fachperson geprüft werden, um sicherzustellen, dass die getroffenen Verfügungen auch im neuen Wohnsitzland gültig und angemessen sind.

Darüber hinaus ist es angezeigt, den eigenen Angehörigen frühzeitig nützliche Informationen zukommen zu lassen, beispielsweise in Bezug auf den Zivilstand oder die AHV. «Es sollte auch angegeben werden, wer im eigenen Todesfall im Wohnsitzland und in der Schweiz administrative Unterstützung leisten kann», empfiehlt Soliswiss. «Schliesslich ist es auch wichtig, dass die nächsten Angehörigen wissen, ob Sie in Ihrem neuen Wohnsitzland beigesetzt werden möchten oder ob Ihr Leichnam oder Ihre Asche in die Schweiz überführt werden sollen, und ob Sie über eine Versicherung verfügen, die die Kosten für die Überführung deckt.»

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Eigenverantwortung ist gefragt

Natürlich handelt es sich hierbei um präventive Vorsichtsmassnahmen, über die vor allem diejenigen nachdenken, die sich für einen längeren Aufenthalt im Ausland oder für einen dauerhaften Umzug entscheiden. Der Tod prüft bekanntlich nicht, ob eine Person versichert ist oder nicht.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zeigt sich da nachsichtiger. So erbringt der Konsularische Schutz bestimmte Leistungen im Falle eines Todesfalls im Ausland, wie beispielsweise die Benachrichtigung von Angehörigen und die Recherche nach eventuell in der Schweiz abgeschlossenen Versicherungen.

Aber Vorsicht: Dies gilt nur für Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit, die in der Schweiz wohnhaft sind. Wenn der ständige Wohnort einer verstorbenen Person in einem Drittland liegt, geht das EDA davon aus, dass diese Leistungen in die Zuständigkeit der dortigen Behörden fallen.

In einem Merkblatt des EDA zu diesem Thema wird zudem betont, dass die Unterstützung, die der Bund leisten kann, auf Artikel 5 des Auslandschweizergesetzes und damit auf der Eigenverantwortung basiert.

«Es wird somit erwartet, dass Schweizer Staatsangehörige, die ins Ausland reisen, angemessene Massnahmen treffen, um allfälligen Problemen vorzubeugen (Versicherungsdeckung, Instruktionen an Angehörige im Todesfall usw.)», heisst es wörtlich im Merkblatt.

Im Jahr 2024 befasste sich der Konsularische Schutz der Schweiz mit 321 Todesfällen von insgesamt 795 im Ausland verstorbenen Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit, die zum Todeszeitpunkt ihren Wohnsitz in der Schweiz hatten.

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Leichenpass nicht vergessen

Emiliano Delmenico vom Verband der Tessiner Bestattungsdienste (Stiof) erklärt, dass sich sein Unternehmen durchschnittlich zehn Mal pro Jahr um die Rückführung einer Leiche aus dem Ausland in die Schweiz kümmert. Dabei handelt es sich fast immer um Personen, die während der Ferien im Ausland verstorben sind und ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

Die Aufgabe eines Bestattungsunternehmens besteht vor allem darin, der Familie eines Verstorbenen zu ermöglichen, die ohnehin schwierige Trauerzeit ohne zusätzliche Probleme und Sorgen zu durchleben. Muss ein Leichnam aus dem Ausland in die Schweiz überführt werden, wird die ganze Trauerphase ohnehin komplizierter und kostspieliger, wie wenn ein Todesfall in der Schweiz eintritt.

Die Schweiz gehört zu den Ländern, die das Internationale Übereinkommen über die LeichenbeförderungExterner Link (Berliner Übereinkommen) unterzeichnet haben. Darin ist unter anderem zur Beförderung von Verstorbenen festgelegt: «Die Leiche wird in einen Metallsarg gelegt, dessen Boden mit einer ungefähr 5 Zentimeter dicken Schicht aus einem säureverzehrenden Stoff (Torf, Sägemehl, Holzkohlenstaub usw.) unter Zusatz eines antiseptischen Mittels belegt sein muss.» Der Metallsarg (häufig Zink) muss danach luftdicht verschlossen beziehungsweise gelötet und in einem Holzsarg derart befestigt werden, dass er sich darin nicht bewegen kann.

Ein Zinksarg
So sieht ein Zinksarg aus. E. Delmenico

Darüber hinaus sind ein ärztlicher Todesschein, der Reisepass oder Personalausweis des Verstorbenen und die Genehmigung der örtlichen Justizbehörde erforderlich, falls eine Untersuchung zu den Todesumständen eingeleitet wurde. Das wichtigste Dokument ist der sogenannte «Leichenpass» oder «Leichenausweis». Es handelt sich um ein Dokument, das von den lokalen Behörden ausgestellt wird und neben der Identität der verstorbenen Person und den Todesursachen auch bescheinigt, dass alle Vorschriften bezüglich der Lagerung der Leiche im Sarg eingehalten wurden.

Die Verfahren können sich weiter verkomplizieren, wenn das Land, in dem die Person verstorben ist, nicht zu den Unterzeichnerstaaten des Berliner Übereinkommens gehört. Die Schweizer Behörden erkennen jedoch in den meisten Fällen Dokumente an, die dem Passierschein ähnlich sind.

Die Schwierigkeiten können auch anderer Art sein. Es gibt beispielsweise Länder wie die USA, die zur Gewährleistung der Sicherheit nicht wie die Schweiz auf Metallsärge zurückgreifen, sondern die Leiche einbalsamieren. Im lokalen Grenzverkehr mit Italien (10 Kilometer von der Grenze) gelten zudem gemäss einem eigenen Abkommen zwischen der Schweiz und Italien besondere Bestimmungen – etwa der Verzicht auf einen Doppelsarg, wenn im Totenschein dem Verstorbenen keine ansteckende Krankheit attestiert wird.

Viele bürokratische und logistische Probleme lassen sich durch eine Kremation umgehen. Doch nicht in allen Ländern ist die Kremation beziehungsweise Einäscherung verbreitet. Bestatter Delmenico habe die Erfahrung gemacht, dass es sehr selten vorkomme, dass sich die Familie einer im Urlaub verstorbenen Person für eine Einäscherung mit Urne entscheide.

Auf alle Fälle stehen die diplomatischen Vertretungen von Drittländern in der Schweiz auch Fachleuten wie Bestattern zur Verfügung. Die Konsulate oder Botschaften verfügen über alle Informationen zu den Bräuchen und Vorschriften ihrer jeweiligen Länder, können Unterstützung bei der Überwindung von Hindernissen aufgrund gesetzlicher, sprachlicher und kultureller Unterschiede leisten und stehen oft in Kontakt mit lokalen Bestattungsunternehmen in ihren Ländern.

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Wenn der gesunde Menschenverstand versagt

Auf die Frage nach einer besonders komplizierten Rückführung eines Leichnams, nennt Delmenico aber keinen Fall aus einem besonders fernen Land, sondern aus Sardinien.

«Das Grundprinzip des Berliner Abkommens besteht darin, die Beförderung von Leichen zu erleichtern.  Aber leider ist dieser Geist nicht bei allen Behörden vorhanden», sagt Delmenico. In dem von ihm geschilderten Fall aus Sardinien kam es ihm im Gegenteil so vor, als ob die lokalen Behörden alles tun würden, um die Aufgabe der Leichenbeförderung zu erschweren, anstatt sie zu erleichtern. So verlangten die Behörden beispielsweise die Anwesenheit von Familienangehörigen vor Ort, was in den internationalen Verträgen nicht vorgesehen ist.  Dies ist nämlich nur erforderlich, wenn die Identifizierung einer Leiche vorgenommen werden muss. Das war in diesem Fall aber gar nicht verlangt worden.

Es dauerte einen Monat, bis die Leiche endlich in die Schweiz überführt werden konnte. «Die Familie war sehr mitgenommen», erinnert sich Delmenico. Zu allem Überfluss wurden die sterblichen Überreste der verstorbenen Person in der Zwischenzeit nicht in geeigneten Räumen aufbewahrt, sondern an einem Ort, an dem es im Sommer ziemlich heiss war. «Sie können sich den Zustand der Leiche wohl vorstellen», so der Bestatter.

Glücklicherweise handelt es sich laut Delmenico um einen «eher seltenen Einzelfall». In der Regel gibt es viel Verständnis und gesunden Menschenverstand angesichts von schwierigen Situationen. Aber es kommt immer wieder vor, dass Behördenvertrer:innen nach irgendeinem Vorwand suchen, um die Rückführung eines Leichnams zu behindern, selbst wenn alle erforderlichen Unterlagen vorliegen.

Die Wichtigkeit des Heimatortes

Delmenico hat noch einen wichtigen Hinweis für diejenigen, die planen, die Schweiz für immer zu verlassen, aber wünschen, dass ihr Leichnam im Todesfall in die Schweiz zurückgebracht wird. Denn alle Schweizer Staatsbürger:innen haben das Recht, in der Eidgenossenschaft an ihrem Wohnort beigesetzt zu werden. Wenn eine Person jedoch ins Ausland zieht, ist nicht der letzte Wohnort in der Schweiz massgebend, sondern der Heimatort, der im Pass oder in der Identitätskarte angegeben ist.

Der Heimatort wird vom Elternteil «geerbt», dessen Nachname eine Person trägt. Das führt dazu, dass bei vielen Menschen in der Schweiz in ihren Dokumenten ein Ort als Heimatort angegeben ist, den sie gar nicht kennen.

Es ist daher ratsam, sich im Voraus über den Ermessensspielraum zu informieren, den die Friedhofsordnung der Gemeinde hat, in der man seine letzte Ruhe finden möchte. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man nicht am Wunschort beigesetzt wird, sondern an einem unbekannten Heimatort.

Um mehr über die ganz besondere Schweizer Besonderheit des Heimatortes zu erfahren:

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Editiert von Daniele Mariani. Übertragung aus dem Italienischen mithilfe von Deepl:  Gerhard Lob

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