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Gewerkschaft fordert 3000 Franken AHV für alle

Eine Rentnerin beim Einkaufen in Zürich. Keystone

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund fordert eine garantierte AHV-Mindestrente von 3000 Franken. Dazu soll die AHV gestärkt und die 2. Säule gekürzt werden.

Der Gewerkschaftsbund argumentiert, mehr als die Hälfte der Renten-Einkommen liege unter 3000 Franken und sei ungenügend.

Die Mindestrente von 3000 Franken für Einzelne und von 4500 Franken für Ehepaare entspräche zum einen dem Mindestlohn. Zum anderen würde der Betrag endlich dem Verfassungsziel einer existenzsichernden AHV gerecht, sagte Pierre Gilliand vom Expertenteam, das den Vorschlag ausgearbeitet hatte.

Am bewährten und verankerten Drei-Säulen-System der Altersvorsorge soll nicht gerüttelt werden. Auch die Beiträge blieben in etwa gleich.

Ergänzungsleistungen sollen Differenz decken

Um die Minimalrenten zu realisieren, schlagen die Experten eine Stärkung der im Umlageverfahren finanzierten AHV vor. Statt wie heute 62% würden damit 72% der Rentenleistungen im Umlageverfahren finanziert.

Dagegen würden die Beiträge und Renten der Berufsvorsorge (Kapitaldeckungsverfahren) um 20% heruntergefahren. In der AHV würde die Minimalrente auf 1500 Franken und die Maximalrente auf 2500 Franken festgelegt.

Was dann unter Einbezug anderer Rentenleistungen noch fehlt, soll von automatischen Ergänzungsleistungen gedeckt werden. Ob diese Ergänzungsleistungen wie heute finanziert würden oder nicht, überlässt das Modell des Gewerkschaftsbundes (SGB) dem Gesetzgeber.

Vor allem kleine Renten würden profitieren

Mit dem SGB-Modell würde die Ersatzrate von AHV und Ergänzungsleistungen von heute 37 auf 47% des Erwerbseinkommens steigen.
Bei gleichzeitiger Schmälerung der 2. Säule würde sich die Rate für den Durchschnittshaushalt um 6 auf 65% erhöhen. Für die schwächeren Gruppen – namentlich Frauen- würde die Ersatzrate aber beträchtlicher steigen.

Tragbare Mehrkosten

Zu Buche schlagen würde das alles mit 4,7 Milliarden Franken Mehrkosten jährlich. Otto Piller, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung und sozialdemokratischer alt Ständerat, der im Team mitgearbeitet hatte, sagte, der Betrag lasse sich durch Streichung der Steuerprivilegien für die 3. Säule noch um eine Mrd. Franken drücken.

Piller hält die Mehrkosten im Bereich von einem Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) für vertretbar. Selbst auf Basis der “mageren” Wachstumsprognosen von 0,9% des Staatssekretariats für Wirtschaft, würde das BIP bis 2040 um 43% steigen, wobei die Bevölkerungszahl in etwa gleich bleiben dürfte.

Gilliand fügte an, der Anteil alter Menschen steige noch rund 35 Jahre lang und stabilisiere sich dann.

Rentner-Kaufkraft als Wirtschaftsmotor

Otto Piller erinnerte daran, dass in der Schweiz 1,6 Mio. Rentnerinnen und Rentner leben. Ihre Kaufkraft stelle einen nicht unbeträchtlichen Teil der Binnennachfrage dar.

Wenn sich alle von ihnen “einen Ausflug und ein Znüni” leisten könnten, würde das Wirtschaftswachstum merklich angekurbelt, zeigte er sich überzeugt.

Colette Nova, geschäftsleitende SGB-Sekretärin, sagte zur politischen Zukunft des Modells, die Volksinitiative für ein flexibles Rentenalter, über welche die Delegierten am 9. Mai befinden, habe für den Dachverband Priorität.

Es sei aber klar, dass bei der gegenwärtigen politischen Wetterlage Verbesserungen in der Sozialversicherung nur über den Weg eines Volksbegehrens erreicht werden könnten.

Zum Modell sagte Nova, es sei noch nicht unter der Annahme eines flexiblen Rentenalters gerechnet worden.

swissinfo und Agenturen

Das von den Experten vorgeschlagene Modell fordert für alle Rentnerinnen und Rentner ein garantiertes Einkommen von mindestens 3000 Franken.

Die Erhöhung soll einerseits über die Verringerung des Verhältnisses von der Minimal- zur Maximalrente erreicht werden.

Anderseits soll bei tiefen Einkommen die AHV mit einer automatisch ausbezahlten Ergänzungsleistung ergänzt werden.

Der Anteil der AHV (Umlageverfahren) an der Altersrente würde erhöht, derjenige der beruflichen Vorsorge (Kapital-Deckungsverfahren) würde reduziert.

Statt wie heute 62% würden mit dem Modell 72% der Rentenleistungen im Umlageverfahren finanziert.

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