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Internet-Forum kritisiert Zensur im Netz

In China ist nicht das ganze Internet zugänglich. Keystone

Das erste Forum über die "Internet Governance" ist am Donnerstag in Griechenland ohne konkrete Entscheide zu Ende gegangen. Das Forum hat nur einen rein konsultativen Charakter.

Anlass zu Diskussionen gab die Sperrung gewisser Internet-Seiten, die China mit Hilfe der Branchenriesen Microsoft und Google vorgenommen hat.

“Das Ziel des Forums war nicht, zu einem Abkommen oder einem Entscheid zu kommen, es ging vielmehr darum, miteinander zu reden”, sagte der Schweizer “Internet-Diplomat” Markus Kummer, Leiter des Sekretariats, das die Governance-Arbeitsgruppe der UNO begleitet.

“Noch vor vier Jahren hätten sich all diese Leute nicht einmal an den gleichen Tisch gesetzt”, erklärte er nach dem viertägigen Treffen in einem Vorort der griechischen Hauptstadt Athen.

Laut einer Mehrzahl der Teilnehmenden am Forum über die “Internet Governance” (FGI) hat das Treffen einen “deutlichen Fortschritt” im Vergleich zu vorherigen Treffen in einem anderen Rahmen (Weltinformations-Gipfel in Tunis) gebracht.

Frage des Zugangs

Die knifflige Frage der amerikanischen Vorherrschaft in der technischen Verwaltung des Netzes, um die sich die Staaten vor einem Jahr in Tunis heftig gestritten hatten, wurde am Forum kaum erwähnt.

Zu heftigen Diskussionen Anlass gab vielmehr die Frage der Sperrung des Zugangs zum Internet durch gewisse Staaten, wie China es mit Hilfe der grossen Unternehmen Microsoft und Google durchgesetzt hatte. Die Firmen wurden aufgefordert, ihre Politik zu erklären.

Die Menschenrechts-Organisation Amnesty International (AI) präsentierte eine Petition mit über 50’000 Unterschriften gegen die Zensur im Netz der Netze.

“Ich rufe alle Regierungen dazu auf, die unberechtigte Einschränkung der Ausdrucksfreiheit im Internet zu unterbinden – Unternehmen sollen aufhören, diese bei der Unterdrückung zu unterstützen”, heisst es im Text der Petition.

Seltene Szenen

“Es ist sehr selten, dass es auf diesem Niveau eine reale Gleichheit gibt zwischen Staaten, Privaten und Organisationen”, sagte Bertrand de La Chapelle, Leiter der französischen Delegation.

“Den iranischen Vertreter zu sehen, der die Hand aufhält, um der Zivilgesellschaft etwas zu sagen, ist ein seltenes Bild.”

Das Forum helfe, mit gewissen Ideen vorwärts zu kommen, erklärte Frédéric Dubois, Verantwortlicher von APC, einer Nichtregierungs-Organisation, die den “digitalen Graben” zwischen Nord und Süd bekämpft.

“Konkret hat es uns erlaubt, Verantwortliche des privaten Sektors und der Regierungen zu treffen und ihnen unsere Ansichten näher zu bringen.”

Prozess angeschoben

Bernard Benhamou, Mitglied der französischen Delegation und bereits im November 2005 in Tunis, war nach eigener Einschätzung dabei “beim Beginn eines Prozesses” der Diskussionen über Fragen wie dem Nord-Süd-Graben, der Vielsprachigkeit des Netzes oder der freien Meinungsäusserung.

Nach Rio de Janeiro im nächsten Jahr wird das FGI 2008 in Indien stattfinden, 2009 in Ägypten. Kandidaten für 2010 sind Litauen und Aserbaidschan.

swissinfo und Agenturen

Während des zweiten Teils des Weltinformations-Gipfels in Tunis (16. und 17. November 2005) wurde das UNO-Generalsekretariat aufgefordert, ein neues Forum einzuberufen.

Dieses Forum über die “Internet Governance” (FGI) soll den Dialog ermöglichen zwischen den zahlreichen Interessengruppen.

Das erste FGI fand vom 30. Oktober bis am 2. November in Athen statt. Es wirkten rund 1200 Teilnehmende mit, die Regierungen, Privatunternehmen und die Zivilgesellschaft vertreten haben.

Die Schweizer Delegation wurde geleitet von Frédéric Riehl, Vizedirektor des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM).

Das Internet beherbergt weltweit über 100 Millionen Websites.
1995 waren es erst 19’000.
Im April 1997 wurde die Millionengrenze überschritten.
Das Netz der Netze ist sei 2004 auf einem starken Expansionskurs, grösstenteils wegen der Beliebtheit der persönlichen Websites (Blogs).
In diesem Jahr sind bereits 27,4 Mio. neue Websites dazugekommen.

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