
Langzeitfolgen für Eternit

Die Holcim-Tochter Eternit AG bestreitet Verbindungen zu "Eternit Italia Spa", die wegen Asbestklagen unter Beschuss geraten ist. Asbest hat Langzeitfolgen - weltweit.
Der Glarner Faserzement-Produzent Eternit AG, Teil des Holcim-Konzerns, verneint alle Beziehungen zur kürzlich in die Asbest-Schlagzeilen geratenen italienischen «Eternit Italia Spa». Es existierten keine rechtlichen oder kapitalmässigen Verbindungen zwischen den beiden Unternehmen.
In Italien wird dennoch ermittelt
Die Eternit AG habe in Niederurnen (GL) und Payerne (VD) Faserzement-Produkte hergestellt, aber ab 1976 die Asbestverwendung aufgegeben. In Casale Monferrato im italienischen Piemont sind kürzlich Schadenersatz-Forderungen rund um die dortige frühere Fabrikation laut geworden.
In Italien wird auch gegen die Eternit AG selbst ermittelt. Letzten November kam ein Rechtshilfegesuch aus Italien in die Schweiz. Dabei geht es nicht um die Schäden im Piemont, sondern um verstorbene italienische Arbeiter, die in den 50er und 60er Jahren in Niederurnen gearbeitet hatten.
Stephan verkauft an Thomas
Die Eternit AG wurde 1989 vom Financier Stephan Schmidheiny seinem Bruder Thomas verkauft. Seither ist sie Teil des Holcim-Konzerns. Seit 1994 werde kein Asbest mehr verarbeitet, gab Eternit am Dienstag bekannt. Insgesamt starben bisher 45 Menschen, die vor 1978 bei der Eternit AG gearbeitet hatten, an Krebs, das von der Asbestfaser verursacht wird.
Schweizweit rund 700 Krebstote
Anders Holte von der Eternit-Geschäftsleitung bezifferte vor den Medien die Anzahl der Asbest-Krebstoten schweizweit gemäss Statistiken der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) auf rund 700 Menschen.
Die Glarner Eternit AG sei in diesem Zusammenhang nie mit Einzel- oder Sammelklagen konfrontiert worden, versicherte das Unternehmen. Denn in der Schweiz würden sämtliche Versicherungsleistungen über die SUVA oder die Invalidenversicherung abgewickelt – im Gegensatz zu Amerika beispielsweise, das so ein System nicht kennt.
Keine zeitlichen Grenze
Sofern die Beziehung zwischen Krankheit und Beruf gegeben sei, gebe es auch keine zeitliche Obergrenze für die Geltendmachung von Ansprüchen. Eternit-Angestellte, auch frühere, werden alle zwei Jahre zur ärztlichen Untersuchung aufgefordert. Hilfe sei im Krankheitsfall gewährleistet, egal ob die Angestellten im In- oder Ausland lebten.
Asbest tötet weiter
Aus dem Ausland sind kürzlich wieder Forderungen gegen die ABB wegen Asbest-Spätfolgen oder wegen der Opfer von Casale Monferrato erhoben worden. In den nächsten 10 bis 20 Jahren werden weiterhin Asbesterkrankungen und -tote erwartet, obwohl der Einsatz von Asbest seit Jahren in vielen Ländern verboten ist.
ABB geriet als erste wieder in die Asbest-Schlagzeilen: Als Eigentümerin der Combustion Engineering in den USA sieht sich ABB mit Zehntausenden von Klagen konfrontiert. Die Firma hatte Produkte mit gesundheitsschädigendem Asbest geliefert. Die stark krebserregenden Substanzen forderten seither Opfer, insbesondere bei Belegschaften in Fabriken, wo solche Materialien verarbeitet wurden.
Ein vielseitiges Isolier-Material
Bis vor einigen Jahren wurde das mineralische faserartige Material fast universell eingesetzt. Da Asbest nicht brennt, unempfindlich gegen viele Laugen und Säuren ist und schlecht leitet, wurde es vielfach zur Isolierung von Rohren, Heizungen und Elektrogeräten, als Asbestpappe und -einsatz bei Drahtnetzen, Filtern, Dichtungsringen, Gasmasken, Kupplungs- und Bremsbelägen, in feuerfesten Geweben und vor allem als Asbestzement in sehr vielen Gebäuden verwendet.
30’000 neue Fälle pro Jahr
Jährlich werden weltweit rund 30’000 neue Krebsfälle diagnostiziert, die asbestbedingt sind (Finnisches Institut für Sicherheit am Arbeitsplatz). In der Schweiz sind es rund 50, die als Berufskrankheit angemeldet werden. Seit den 70er Jahren steigt die Anzahl der Fälle. Gemäss der European Respiratory Society ist sogar ein Zeitbomben-Effekt in den Statistiken möglich.
Asbest wird immer noch produziert
In Russland, China und Kanada wird Asbest immer noch hergestellt: Im Jahr 2000 waren es 2 Mio. Tonnen weltweit. Alte Gebäude sind oft noch mit Asbest vollgestopft.
swissinfo und Agenturen, Fabio Mariani
(Übersetzung: Alexander P. Künzle)

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