
Nach dem Orkan Lothar: Sturmholz soll nur geräumt werden, wo Folgeschäden drohen
Das vom Orkan “Lothar” hinterlassene Sturmholz wird nur dort weggeräumt, wo Menschen, Sachwerte oder unversehrte Wälder gefährdet sind. Der Bund setzt auf die Selbstheilungskraft der Natur, wie der Eidg. Forstdirektor am Dienstag (18.01.) bekanntgab.
Das vom Orkan “Lothar” hinterlassene Sturmholz wird nur dort weggeräumt, wo Menschen, Sachwerte oder unversehrte Wälder gefährdet sind. Der Bund setzt auf die Selbstheilungskraft der Natur. Von “Aktivismus” rät er ab.
Der Führungsstab “Lothar” hat die Lehren aus dem Sturm “Vivian” von 1990 gezogen und eine neue Strategie für die Aufräumarbeiten festgelegt. Damals wurde aus Furcht vor dem Borkenkäfer (Bild) viel Geld für die grossflächige Räumung des Sturmholzes ausgegeben. Doch der “Buchdrucker” war schneller und vermehrte sich trotzdem.
Buwal-Checkliste
Der Bund will die Aufräumarbeiten prioritär dort unterstützen, wo Gefahren drohen, sagte der Eidg. Forstdirektor Werner Schärer am Dienstag (18.01.) in Bern. Im Moment stünden die Bekämpfung von Folgeschäden und die Verhinderung von Unfällen im Vordergrund: Bereits hätten zwei Menschen ihr Leben in verheerten Privatwäldern verloren.
Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) und die Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) haben für die Forst-Verantwortlichen eine 100-seitige Entscheidungshilfe für Sturmschäden im Wald erarbeitet. Diese beantwortet die Frage, wo Holz geräumt oder liegen gelassen werden soll.
Vertrauen in die Natur
Der Borkenkäfer werde sich jedenfalls massenhaft vermehren, sagte WSL-Direktor Mario Broggi voraus. Es lohne sich aber, das Holz in kleinen Schadenflächen aufzurüsten, um die Ausbreitung des Schädlings einzudämmen. Aufarbeiten von Streuschäden habe Vorrang vor der Räumung grosser Windwurfflächen.
Auch gebrochene Wälder könnten für Jahrzehnte vor Lawinen, Steinschlag und Erosion schützen, sagte Broggi. Die ineinander verkeilten Bäume mit ihren Wurzeltellern wirkten wie eine Verbauung. Gefährlich sei dagegen Windwurfholz in Bachgerinnen. Dort könne es zu Verklausungen und Murgängen kommen.
Man dürfe die Natur auch machen lassen. Grundsätzlich wachse auf Windwurfflächen der Wald selber nach, sagte Broggi. Das einzig Positive an “Lothar”: Der Orkan habe Luft und Licht für neues Leben im Verhau geschaffen. Im Totholz von “Vivian” leben heute wieder Kreuzottern, Birk- und Auerhühner.
Weniger Bundesgeld
Die Waldschäden von «Vivian» kosteten nach Angaben von Buwal- Vizedirektor Willy Geiger etwa eine Milliarde Franken, wobei etwa 400 Millionen aus der Bundeskasse stammten. Die neue Aufräumstrategie werde dafür sorgen, dass die Folgen von “Lothar” sicher weniger kosten werden, erklärte Forstdirektor Schärer.
Über die Höhe der finanziellen Beteiligung des Bundes müsse die Politik entscheiden, sagte Schärer. Im März werde dem Parlament ein ausserordentlicher Bundesbeschluss unterbreitet. Die heutigen Subventionssätze, gemäss denen sich der Bund an Massnahmen im Wald mit bis zu 50 Prozent beteiligen kann, würden nicht geändert.
Laut neuesten Schätzung hat “Lothar” über 15 Millionen Bäume geworfen. Die Schadholzmenge beträgt 12 Millionen Kubikmeter und ist damit doppelt so gross wie bei “Vivian”. Das ist das Zweieinhalbfache einer normalen Jahresnutzung. Absolut am stärksten betroffen ist der Kanton Bern, relativ der Kanton Nidwalden.
SRI und Agenturen

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