Rentenanstalt: Mehr Eigenmittel

Die Rentenanstalt/Swiss Life braucht dringend eine Kapitalerhöhung zwischen 0,9 und 1,2 Mrd. Franken. Das Geld soll mit einem Gang auf den Kapitalmarkt beschafft werden, teilte die Rentenanstalt mit.
Die Börse reagierte auf die Ankündigung mit einem Kurssturz von zeitweise 13 Prozent.
Die Kapitalerhöhung wird am 23. Oktober an einer ausserordentlichen Generalversammlung beantragt, teilte die Rentenanstalt/Swiss Life mit.
Noch im Juli betonten sowohl Verwaltungsrat wie auch Konzernleitung, dass eine Kapitalerhöhung zur heutigen Zeit nicht in Frage komme.
Am 18. September wird der grösste Schweizer Lebensversicherer seine Halbjahresergebnisse präsentieren und Angaben zu seiner strategischen Neuausrichtung machen.
Analysten rechnen mit einem Verlust.
Riesiger Wertverlust
Die Börsenkurse fielen zeitweise um rund 13 Prozent auf 157,50 Franken. Seit Jahresbeginn hat die Rentenanstalt/Swiss Life-Aktie gegen 78 Prozent an Wert verloren.
Das schlechte Börsenumfeld hat der Rentenanstalt besonders hart zugesetzt. Allein im Jahr 2001 war das Eigenkapital um über einen Drittel auf knapp fünf Mrd. Franken geschrumpft.
Trotz realisierter Kapitalgewinne in der Höhe von 550 Mio. Franken durch Beteiligungsverkäufe geht die Zürcher Kantonalbank von einem Reinverlust auf Kapitalanlagen von 43 Mio. Franken aus. Das Eigenkapital dürfte bis auf rund 3,2 Mrd. Franken geschrumpft sein.
Auf Grund der anhaltenden Schwäche auf den Aktienmärkten gehen Analysten von einer weiteren Ausdünnung der Kapitalbasis aus. Zudem werden Goodwill-Abschreibungen sowie die Auflösung von Reserven erwartet.
Massiver Kapitalbedarf nötig
Die geplante Kapitalerhöhung entspreche rund 50 Prozent des momentanen Börsenwertes, weshalb der Aktienkurs verwässert werde, sagte Marco Curti, Analyst der Zürcher Kantonalbank.
Andere Analysten äusserten sich skeptisch, dass es der Rentenanstalt überhaupt gelingen werde, die nötigen Mittel zu beschaffen.
Mit ihren Plänen zur Sanierung der Kapitalbasis ist die Rentenanstalt in guter Gesellschaft. Die Konkurrenten Zürich, Winterthur sowie eine Reihe anderer europäicher Versicherer müssen ihre Kapitalbasis stärken. Analysten rechneten vor, dass dadurch auf den Finanzmärkten ein kurzfristiger Kapitalbedarf von sieben Mrd. Franken entstünde.
Weitere Arbeitsplätze gefährdet?
Die Rentenanstalt wird am kommenden Mittwoch nach knapp neun Monaten Vorbereitungszeit auch Angaben zur neuen strategischen Ausrichtung machen. Um ihre Rendite-Probleme in den Griff zu bekommen, könnte ein weiterer Arbeitsplatzabbau drohen. Bereits im vergangenen April war die Kürzung von weltweit 800 Stellen und ein Sparziel von jährlich 700 Mio. Franken angekündigt worden.
Analysten gehen davon aus, dass die Rentenanstalt ihr Portfolio durch Verkäufe straffen wird. Ganz oben auf der Liste dürfte die Tessiner Privatbank Banca del Gottardo stehen, für welche die Rentenanstalt 1999 noch 2,4 Mrd. Franken hingeblättert hatte.
Nicht ausgeschlossen wird der Verkauf des Versicherungsgeschäfts in den wenig rentablen Ländern wie Deutschland, Spanien oder England.
Etienne Strebel und Agenturen
Finanzbedarf 0,9 bis 1,2 Mrd Franken.
Ausserordentliche GV am 23. Oktober.
18. September: Orientierung über strategische Neuausrichtung.
Mitarbeitende 12’000, davon 3000 in der Schweiz.
1857: Conrad Widmer gründet in Zürich die Rentenanstalt als Genossenschaft auf Gegenseitigkeit.
1866 – 1987: Gründung von Niederlassungen und Tochtergesellschaften im Ausland.
1988: Übernahme der La Suisse Versicherungen
1996: Joint Venture UBS Swiss Life
1997: Umwandlung von Rentenanstalt/Swiss Life zur Aktiengesellschaft
1999: Übernahme Banco del Gottardo
2000: Übernahme Schweizerische Treuhandgesellschaft (STG)
2002: Start und Auflösung des Internet-Finanzportals redsafe.com

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch