Schweizer Hotellerie mit massiven Einbussen
Rund ein Zehntel weniger Reservationen - nun wehrt sich die Hotellerie für den Mehrwertsteuer-Sondersatz im Tourismus.
Allein im September, als die Terroranschläge in den USA die Welt erschütterten, musste die Hotellerie einen Rückgang der Buchungen um 9,2% hinnehmen. Dies entspreche einer Umsatz-Einbusse von 61 Mio. Franken im Vergleich zum Vorjahr, sagte Christian Rey, Präsident des Schweizer Hotelier-Verein (SHV) am Dienstag in Bern.
Verluste in Bern, Graubünden und Zürich
Von den Buchungs-Rückgängen besonders hart betroffen sind das Berner Oberland (-16,6%), Graubünden (-11,4%) und die Stadt Zürich (-11%). Eher klein waren die Einbussen im Tessin (-4,4%) und in der Stadt Genf (-3,3%).
Die Hoteliers rechnen für den kommenden Winter mit einem etwa 11% tieferen Auslastungsgrad. Das würde einem Ertragsausfall von 440 Mio. Franken pro Halbjahr entsprechen. Laut SHV-Direktor Christoph Juen erwarte man allein in der Zentral- und Westschweiz sowie in Zürich Einbrüche von bis zu 20%.
Abschwächung auch ohne Sondereinflüsse
Der Buchungs-Rückgang bei den Schweizer Hotelbetrieben sei nicht erst seit den Anschlägen in den USA, sondern bereits vorher zu verzeichnen gewesen, sagte Juen. «Für Katastrophen-Stimmung besteht daher kein Anlass».
Das letzte Jahr sei mit den Festspielen in Oberammergau und dem «Heiligen Jahr» überdurchschnittlich gut gewesen. Ein Rückgang sei daher für 2001 ohnehin erwartet worden. Das Swissair-Debakel sei ein weiterer Schock gewesen. Rund 20% der Gäste bereisen die Schweiz mit dem Flugzeug. Im September 2001 habe ferner das schlechte Wetter auf die Buchungszahlen gedrückt.
Verband gibt Gegensteuer
Um den Buchungs-Rückgang zu bremsen, werde der SHV rasch Massnahmen ergreifen, sagte Rey. Vor allem das Marketing in den europäischen Ländern solle verstärkt werden, um Gäste, die auf Flugreisen in ferne Länder verzichten, in die Schweiz zu locken. So schlägt Rey vor, Aktionen wie «jede sechste Übernachtung gratis» zu offerieren.
Der SHV und Schweiz Tourismus wollen vor allem das Qualitätslabel der Schweiz und die Sicherheit hervorheben. Denn die Schweiz sei «immer noch ein relativ sicheres Land», so Rey.
Bereits im September vermochten die Genfer Hoteliers mit dem Trumpf Sicherheit zu punkten. Diverse Kongresse seien mit diesem Argument vom nahen Ausland nach Genf verlegt worden. Wegen der gestrichenen Swissair-Flüge habe Zürich nicht profitieren können.
Zankapfel Mehrwertsteuer
Ein Dorn im Auge ist dem SHV die von Bundesrat Villiger geplante Abschaffung des Mehrwertsteuer-Sondersatzes für die Hotellerie. «Als Exportbranche ist die Hotellerie auch in Zukunft auf den Sondersatz angewiesen», sagte Rey. Juen doppelt nach: «Wir meinen, es ist keine Subvention, sondern es ist eine Erleichterung, um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit im Ausland zu verbessern.» Angesichts des hohen Frankens und den erhöhten Mindestlöhnen müsste die Hotellerie sonst mit Preisnachteilen um 15 bis 20% rechnen.
Die Möglichkeit, die neue Schweizer Fluggesellschaft über eine Mehrwertsteuer zu finanzieren, findet bei Juen keine Unterstützung. Zusätzlich zur Abschaffung des Sondersatzes für den Tourismus, wäre dies ganz einfach eine weitere Belastung für die Hotellerie.
Was wäre, wenn die Swissair ganz entfällt…?
Die Hotellerie erwartet von der Zürcher Kantonsregierung ein klares Bekenntnis zum Flughafen. Der Bund müsse interessierten Airlines rasch Landerechte gewähren. Es sei wichtig, Ersatz für die möglicherweise ganz entfallenden Swissair-Flüge zu finden, damit die Flughäfen funktionstüchtig blieben, hiess es an der Medienkonferenz.
Auch müssten Strukturen geschaffen werden, die denjenigen der Swissair ebenbürtig wären im Sinne eines positiven Einstiegs in das Ferienland Schweiz. Juen geht davon aus, dass Schweiz Tourismus diese Strukturen hat. Schweiz Tourismus profitiere heute vom Gastrecht in Swissairbüros. Dieses Gastrecht müsste dann umgewandelt werden in eigene Strukturen: «Das hat seinen Preis. Und da, meine ich, müsste dann der Bund sich erkenntlich zeigen und diese Strukturen dann finanzieren.»
Kathrin Boss Brawand und Agenturen
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