
Straussenfleisch von Frauenfeld

Straussensteak statt Rindsfilet: Der Konsum von Geflügel erlebt seit der BSE-Krise einen Boom. Zwei Bauern aus Frauenfeld haben eine Marktlücke entdeckt. Sie züchten seit acht Jahren afrikanische Strausse auf ihrem Hof.
Wäre das Gras nicht so grün, wähnte sich der Besucher der Straussenfarm westlich von Frauenfeld in der afrikanischen Steppe. 150 majestätische Riesenvögel bevölkern die Weiden rund um den Erlenhof der Gebrüder Rohner. Hier gibts keinen Sand, in welchen die Strausse ihre Köpfe stecken könnten. Aber den brauchen die Tiere auch nicht.
Denn die Geschichte mit der Vogel-Strauss-Politik entbehrt jeder biologischen Grundlage. Sie ist das Resultat einer optischen Täuschung: «Durch das Flimmern der Hitze haben Beobachter die Köpfe der wild lebenden Strausse nicht gesehen. Fälschlicherweise nahmen sie an, die Tiere steckten ihre Köpfe in den Wüstensand», räumen die Straussenzüchter mit dem weitverbreiteten Vorurteil auf.
Lehrgeld
Weil die Preise für Rindfleisch im Keller waren, suchten die Gebrüder Rohner anfangs 90er Jahre eine zusätzliche Erwerbsquelle zur Rindermast. Ein Fernsehbeitrag brachte sie auf die Idee, Straussenfleisch zu produzieren, das wegen seines geringen Fett-und Cholesteringehaltes dem Trend moderner Ernährung entspricht.
Sie fuhren auf eine Straussen-Farm nach Holland und kauften 22 befruchtete Eier. Doch die Züchter hatten im ersten Jahr kein Glück: Weil die wärmeliebenden Küken mitten im Winter aus ihren Eiern schlüpften konnten Werner und René Rohner nur vier Strausse grossziehen. Diese waren zur Weiterzucht nicht gesund genug.
Im Sommer 1994 kauften die Bauern in Deutschland 24 ausgewachsene Tiere, deren Mütter und Väter aus Zimbabwe stammten. Diese Investition von 500 bis 1’500 Franken pro Tier habe sich gelohnt, sagen die Brüder. Heute ist ihre Herde auf 150 Exemplare angewachsen. Nicht zuletzt wegen der BSE-Krise ist die Nachfrage nach Straussenfleisch gestiegen.
«Vor zwei Jahren konnten wir mit der Straussenmast erstmals einen Gewinn erwirtschaften», freut sich Werner Rohner. Die Tiere werfen von den rund 100 Kilogramm Lebendgewicht 35 bis 40 Kilogramm Fleisch ab. Essbar ist nur der riesige Schenkel. Brustfleisch liefern die Riesenvögel keines. Bei einem Kilopreis von rund 40 Franken fliessen pro Tier 800 bis 1000 Franken in die Kassen der Straussenfarm.
Das Fleisch wird über den Hof direkt vermarktet. Zusätzlich beliefern die Brüder einige Restaurants in der Region Frauenfeld. Im Moment steckt der Betrieb in einem Produktionsloch. «Wir haben zur Zeit sehr viele Jungtiere, die erst in einigen Wochen schlachtreif sein werden», sagt Werner Rohner.
Kein Stress
Die mit Silofutter gemästeten Hähne und Hennen sind nach einem Jahr schlachtreif. Werner und René Rohner töten ihre Tiere eigenhändig mit einem Bolzenschuss in den Kopf. «Die Tiere kennen uns und haben so keinen Transportstress», sagt Werner Rohner. Dann bringen sie das Fleisch in ein Schlachthaus, wo es zu Filet, Steak, Geschnetzeltem, Hackfleisch, Burgern, Würsten, Schüblig oder Mostbröckli weiterverarbeitet wird.
Je nach Qualität kostet ein Kilogramm Straussenfleisch zwischen 16 und 45 Franken. Straussenfleisch hat einen hohen Proteingehalt, wenig Fett und wenig Kalorien (114 Kalorien pro 100 Gramm). Geschmacklich ist es zwischen Pferde- und Rindfleisch einzuordnen. Das Fleisch ist sehr zart und empfänglich für Gewürze. «Es eignet sich wunderbar zum Grillieren», schwärmt Renè Rohner.
Begehrt ist auch die Haut der Tiere. Handtaschen und Portemonnaies aus dem gross genoppten Staussenleder liegen im Trend.
swissinfo und Agenturen

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