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Studie: Schweizer Banken vor schwierigen Zeiten

Vor allem kleinere Banken werden die Schalter bis 2010 schliessen, sagt eine Studie. Keystone

Experten warnen, dass der Schweizer Bankensektor in den nächsten Jahren um rund 15% schrumpfen könnte, ebenso die Löhne.

Sie gehen ebenfalls davon aus, dass der Finanzplatz Schweiz wegen des Drucks auf das Bankgeheimnis bis 2010 an Bedeutung verlieren werde.

Das Bankgeheimnis als heilige Kuh des Finanzplatzes Schweiz ist in den vergangenen Jahren unter immer stärkeren Druck geraten. Verantwortlich dafür sind vor allem die Europäische Union (EU) und die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD).

Fachleute in der Schweiz gehen davon aus, dass die Gesetzgebung in anderen Ländern das Bankgeheimnis zunehmend aushöhle, was zur Schwächung des Finanzplatzes führen werde.

Nur der Anfang?

Im Ringen um die zweite Runde der Bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU spielte das Bankgeheimnis eine zentrale Rolle: Die EU hätte es gerne aufgehoben, weil die Mitgliedsländer dadurch den Verlust von Steuer-Milliarden hinnehmen müssen.

Schlussendlich konnte es die Schweiz verteidigen, musste dafür aber den EU-Ländern mit einem Zinsbesteuerungsabkommen entgegenkommen.

Alter Zopf

Beat Bernet, Professor für Bankenwesen an der Universität St. Gallen, zeigte sich gegenüber swissinfo überzeugt, dass die Funktion des Bankgeheimnisses und seine Bedeutung geändert werden müsse.

“Ich gehe davon aus, dass es abgeschwächt wird. Und weil wir das wissen, müssen wir die Wichtigkeit des Bankgeheimnisses für den Finanzplatz Schweiz ändern”, so Bernet.

Deutschland aktiv

Genau das passiere jetzt, denn die Banken realisierten, dass Wettbewerbsvorteile nicht allein auf das Bankgeheimnis gestützt werden können.

Bernet beobachtet, wie ausländischer Druck bereits Früchte trage. So habe Deutschland Bestimmungen erlassen, welche die Transaktionen von Schweizer Banken auf deutschem Boden einschränkten.

Konkret müssen Schweizer Banken eine gesetzliche Bewilligung einholen, welche sie explizit unter deutsche Finanzaufsicht stellt. Ohne diese Ermächtigung dürfen Schweizer Banken in Deutschland keine Finanzdienstleistungen mehr anbieten.

Verstärkte Regulierung

Gemäss einer Umfrage bei 180 Managern von Schweizer Banken zeigten sich diese auch besorgt über die zunehmende Regulierung des Bankensektors in der Schweiz selber. Durchgeführt wurde die Studie von Bernets St. Galler Institut sowie dem Consulting-Unternehmen Accenture.

Der Kampf gegen Wirtschaftskriminalität, Geldwäsche und Terrorfinanzierung hat einen hohen Preis, so ein Fazit der Untersuchung. “Es gibt im Finanzsektor dermassen viele Bestimmungen einzuhalten, dass viele Banken sagen, dass die Last allmählich zu schwer wird”, fasst Bernet zusammen.

Die wachsenden Kosten bedeuteten vor allem für die kleineren und mittleren Privatbanken “eine grosse finanzielle Last”. Bernet befürchtet deswegen, dass einige dieser Institute ihren Bankenstatus verlieren werden und künftig nur noch in der Vermögensverwaltung aktiv sein könnten.

Geforderte Privatbanken

80% der befragten Banker glauben, dass der Bankensektor von 840 Unternehmen 2002 auf 730 Firmen im Jahre 2010 schrumpfen werde. Dadurch gingen 20’000 Stellen verloren. Gegenwärtig sind im Bankensektor 160’000 Personen beschäftigt.

Umgekehrt können strenge regulatorische Bestimmungen für den Finanzplatz Schweiz auch Wettbewerbsvorteile bringen, glaubt Bernet. Denn auch mit dieser negativen Entwicklung bliebe die Schweiz ein starker Player im Privatbanken-Wesen, so ein weiteres Fazit der Studie.

Mindestens ein Drittel aller privaten und internationalen Offshore-Vermögen werden durch Schweizer Institute verwaltet, das sind geschätzte 2,5 Billionen Franken (2500 Mrd. Franken). Damit ist die Schweiz in diesem Sektor weltweite Marktführerin.

swissinfo, Robert Brookes, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

Die Studie “Der Schweizer Bankensektor im Jahr 2010” befasst sich mit der Entwicklung des Finanzsektors für die nächsten sechs Jahre.
Die Autoren befragten dazu 180 Manager von Schweizer Banken.
Die Ergebnisse sind repräsentativ für Banken ab 50 Mitarbeitern.

Gemäss der Studie wird das Bankgeheimnis auf Druck hin aufgeweicht werden.
Der Trend zu verstärkter Regulierung wird anhalten, mit negativen, aber auch positiven Effekten.
Die Schweiz wird aber ihre führende Stellung im Bereich Privatbanking halten können.

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