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WEF: Weltwirtschaft erholt sich nur langsam

Der Schweizer Wirtschaftsminister Pascal Couchepin und Novartis CEO Daniel Vasella in New York am Podiumsgespräch über "Bioterrorismus". Keystone

Mit der Weltwirtschaft geht es 2002 zwar wieder aufwärts. Die Wachstumsraten dürften aber bescheiden bleiben, lautet das Fazit der Wirtschaftselite am WEF.

«Es gibt keine Angst, dass wir kurz vor dem globalen Zusammenbruch stehen, aber es besteht Sorge, ob die Grundlagen für einen robusten Aufschwung gelegt sind», fasste Wirtschafts-Professor Paul Krugman von der amerikanischen Princeton-Universität am Samstag die Debatten zusammen.

Mehrere Ökonomen fürchten nach der sich abzeichnenden Erholung in den USA einen zweiten Einbruch. Die Hoffnung, dass Europa die Rolle der USA als Konjunktur-Lokomotive der Welt übernehmen kann, wurde in New York begraben.

Europäische Ökonomen äußerten sich in skeptischer als ihre US-Kollegen. «Viele Europäer sehen den amerikanischen Optimismus mehr als Charakter-Eigenschaft und nicht unbedingt als Frucht gut durchdachter Analyse», bemerkte er Vorsitzende von Goldman Sachs International in Irland, Peter Sutherland.

Scharfe Kritik mussten sich die versammelten Unternehmenschefs von dem Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Horst Köhler, gefallen lassen. «Die Gesellschaft in den reichen Ländern ist zu egoistisch, um Vorteile aufzugeben», kritisierte Köhler unter dem spontanen Beifall der Teilnehmer. «Die Leute müssen aber einsehen: sie können nicht so weiter machen wie bisher», sagte Köhler.

Couchepin fand USA dominierend

In Davos kann man laut Bundesrat Pascal Couchepin nicht nur Ski fahren, sondern auch gut denken. Das WEF in New York verliere den «Geist von Davos», befand der Schweizer Wirtschaftsminister in seiner Schlussbilanz. Es gleiche einem Treffen der Weltbank oder des Währungsfonds.

Auch wenn man viele interessante Leute treffe, gehe durch die Konzentration auf ein einziges Gebäude viel von der speziellen Atmosphäre verloren, sagte Couchepin am Sonntag am Weltwirtschaftsforum in New York.

Zudem sei die Vorherrschaft der USA, der einzigen verbliebenen Supermacht, am Forum in New York deutlich spürbar. Ein Dialog verlange aber ein gewisses Gleichgewicht der Gesprächspartner.

Positiver Informationsaustausch

Bundespräsident Kaspar Villiger beurteilte in seiner New Yorker Bilanz vor allem das Treffen mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen Paul O’Neill als wichtig. Auch im steuerpolitischen Bereich habe man viele Gemeinsamkeiten entdeckt. Im Gegensatz zur Clinton-Regierung finde die neue Administration, dass Steuerkonkurrenz keine schlechte Sache sei.

Die Zusammenarbeit im Bereich Terrorbekämpfung sei so gut, dass die Schweiz viel Anerkennung von den USA ernte, sagte Villiger. Bei einer Diskussionsrunde zum Thema Geldwäscherei habe sich gezeigt, dass die Schweiz sehr strenge Regeln habe und in der Bekämpfung anderen Nationen voraus sei.

Vasella: «Bin froh, 2003 wieder in Davos zu sein»

In einem Gespräch mit dem «SonntgsBlick» erklärte Novartis-Chef Daniel Vasella, dass das WEF zu einem Markenzeichen für die Schweiz geworden sei. Das neutrale Land eigne sich sehr gut für einen Dialog. «Die weltweite wirtschaftliche Zusammenarbeit ist letztlich im Interesse aller. Sie löst nicht alle Probleme, aber ohne Zusammenarbeit gibt es überhaupt keinen Fortschritt», sagte Vasella.

Liefert Davos bald nur noch den «Geist»?

Forum-Gründer Klaus Schwab zieht in Erwägung, die Jahrestagung der prestige-trächtigen Organisation etwa in Asien oder Afrika abzuhalten. In den vergangenen 31 Jahren trafen sich die Spitzen der weltgrößten Konzerne in Davos in der Schweiz.

Aus Solidarität mit New York und als Unterstützung für die dort schwer getroffene Wirtschaft, aber auch nach der Diskussion in der Schweiz um den Standort Davos, hatte Schwab das Forum nach Manhattan verlegt.

«Viele haben uns gewarnt, dass wir in New York die Säle nicht voll bekommen, weil alle zum Einkaufen oder zur Entdeckungstour davon laufen. In Wirklichkeit sind die Veranstaltungen voller denn je», sagte Schwab.

«Der Geist von Davos ist doch, dass viele Leute auf engem Raum engagiert zusammenarbeiten – das genau findet hier statt», sagte Schwab. Die große Teilnahme am Forum führt Schwab auch auf die allgemeine Stimmung nach dem weltweiten Wirtschaftsabschwung und den Terror-Anschlägen zurück. «Die Leute sind sehr besorgt», sagte Schwab.

«Public Eye on Davos» ist zufrieden

Ein positives Fazit zogen am Sonntag die Organisatoren der Alternativ-Veranstaltung zum WEF, «Public Eye on Davos». Das Echo sei gut gewesen, sagte Mirjam Behrens von Pro Natura, die zusammen mit der Erklärung von Bern das «Public Eye on Davos» organisieren.

Seit dem 11.September habe sich die politische Landschaft etwas verändert. Die Botschaft, dass die Globalisierung Regeln brauche, an die sich die Konzerne halten müssten, werde heute mehr gehört.

swissinfo und Agenturen

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