Zinsbesteuerung: Schweizer Vorschläge «ungenügend»

Der britische Schatzkanzler Gordon Brown hat die Schweizer Vorschläge zur Zinsbesteuerung als "ungenügend" kritisiert.
Betreffend mögliche Sanktionen gegen die Schweiz gab er sich in Brüssel indes zurückhaltend.
Der britische Schatzkanzler Gordon Brown nahm vor Beginn des Finanzministerrats der EU in Brüssel Stellung zur Debatte um die Zinsbesteuerung. Der einzig richtige Weg, um die Besteuerung ausländischer Zinserträge zu sichern, sei ein automatischer Informations-Austausch, sagte er am Dienstag vor den Medien.
London will Meldepflicht
Eine Zahlstellensteuer, wie sie die Schweiz in den bilateralen Verhandlungen mit der EU vorgeschlagen hat, würde dagegen «fast unvermeidlich dazu führen, dass der falsche Steuerbetrag im falschen Land bezahlt wird», sagte der britische Finanzminister. Die Schweizer Vorschläge nannte er «unbefriedigend und ungenügend».
Brown verwies dabei auf einen «internationalen Konsens» zugunsten des Informations-Austausches. Die Schweiz solle ein Schlüssel-Finanzzentrum bleiben. Doch es gehe um Steuern, die nicht der Schweiz zustünden.
Die Finanzsysteme müssten zudem auch im Kampf gegen Geldwäscherei und Terrorismus-Finanzierung transparenter werden.
Weitere Haltung offen
Ob Grossbritannien bereit zu einem Kompromiss wäre, wenn die EU im Dezember über einen Informations-Austausch über Zinserträge ihrer Bürger im Ausland entscheidet, wollte Brown aber nicht präzisieren. Die EU-Staaten hatten sich 2000 in Feira auf eine Meldepflicht geeinigt, falls Drittstaaten «gleichwertige» Massnahmen einführen.
Brown sagte jetzt lediglich, dass Verhandlungen über ähnliche Lösungen wie die Luxemburg und Österreich gewährte siebenjährige Übergangsfrist zur Einführung der Meldepflicht auch für die Schweiz «nicht unvernünftig» wären. Das Endziel müsse aber der automatische Informations-Austausch sein.
Da ein Informations-Austausch das Schweizer Bankgeheimnis zunichte machen würde, weigert sich die Schweiz, auf die EU-Forderung einzugehen.
Grossbritannien will mit dem Informations-Austausch auch das eigene Finanzzentrum in London vor der Schweizer Konkurrenz schützen. Die Schweizer Banken verwalten gemäss Schätzungen ein Drittel aller im Ausland liegenden Vermögen.
«Niemand will Sanktionen»
Nicht festlegen wollte sich der britische Schatzkanzler zudem betreffend allfällige Sanktionen gegen die Schweiz, falls diese nicht mitzieht: «Niemand will Sanktionen auferlegen», sagte er. Es gebe zwar eine Liste möglicher Massnahmen, doch über derlei werde erst «am Ende des Prozesses» entschieden.
Brown und der britische Premierminister Tony Blair hatten am Montag in London Bundesrat Pascal Couchepin getroffen. Couchepin verteidigte dabei das Schweizer Bankgeheimnis gegen die Kritik Londons.
Die EU-Finanzminister wollten sich am Dienstag mit einem Bericht von EU-Kommissar Frits Bolkestein zu den Verhandlungen mit der Schweiz befassen.
swissinfo und Agenturen
Der britische Finanzminister Gordon Brown hat im Streit um die Kapitalflucht von EU-Bürgern das Schweizer Angebot einer Zahlstellensteuer als nicht zufriedenstellend bezeichnet. Die Vorschläge, die die Schweiz in der vergangenen Woche der EU vorlegte, brächten keinen Fortschritt, sagte Brown.
Nicht festlegen wollte sich der britische Schatzkanzler betreffend allfällige Sanktionen gegen die Schweiz, falls diese nicht mitzieht: Niemand wolle Sanktionen auferlegen, sagte er. Es gebe zwar eine Liste möglicher Massnahmen, doch darüber werde erst «am Ende des Prozesses» entschieden.

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