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Genf und Rom stechen Bonn aus

Bundesrat Moritz Leuenberger und BUWAL-Direktor Philippe Roch an der Konferenz in Genf. Keystone

Das ständige Sekretariat der Rotterdamer Konvention geht an Genf und Rom. Die Konvention regelt den Handel mit gefährlichen Chemikalien.

Ebenfalls im Rennnen war Bonn, das aber ausschied. Die fünftägige Konferenz in Genf stand unter Schweizer Vorsitz.

An den Beratungen über gefährliche Chemikalien nahmen knapp 450 Delegierte teil. Es war die erste Vertragsstaaten-Konferenz zum Übereinkommen von Rotterdam; sie stand unter dem Vorsitz des Schweizer Bundesamtes für Umwelt (BUWAL).

Die Rotterdamer Konvention war 1998 in der niederländischen Hafen-Stadt verabschiedet worden und im vergangenen Februar in Kraft getreten.

Das Regelwerk strebt die Verminderung der Risiken im Umgang mit Industrie-Chemikalien und Pestiziden vor, besonders in Entwicklungsländern.

Bonn ausgestochen

Seit 1998 war das Sekretariat der Konvention provisorisch in Genf und Rom angesiedelt. Beide Regierungen machten sich für eine Weiterführung dieser Lösung stark – und damit gegen die ehemalige Hauptstadt Deutschlands, Bonn.

Befürworter der Co-Lösung betonten die internationale Erfahrung im Umgang mit gefährlichen Substanzen, die in Genf und Rom vorhanden sei.

Genf ist Sitz der Umweltorganisation der Vereinten Nationen (UNEP) und vieler anderer UNO-Unterorganisationen. Unter anderem befinden sich auch das Sekretariat der Basler Konvention (Ausfuhr gefährlicher Abfälle) und das interimistische Sekretariat der Stockholmer Konvention über persistente organische Schadstoffe (POPs) in der Rhonestadt.

Internationale Umweltstadt Genf

In Rom befindet sich der Sitz der Agrar-Organisation der Vereinten Nationen, die Food and Agriculture Organization (FAO). Die FAO hat die Aufgabe, Produktion und Verteilung landwirtschaftlicher Produkte und Nahrungsmittel weltweit zu verbessern.

“Der Entscheid ist sehr gut, weil so das Sekretariat mit den andern internationalen Konventionen und Organisationen mit Sitz in Genf zusammen arbeiten kann”, sagte BUWAL-Direktor und Konferenz-Vorsitzender Philippe Roch. “Die Schweiz ist besonders geehrt durch diesen Ausdruck des Vertrauens der internationalen Gemeinschaft.”

Problem wird grösser

Umweltfachleute an der Konferenz zeigten sich überzeugt, dass die fünftägige Konferenz Erfolge gebracht habe.

“Die Regierungen haben der Rotterdamer Konvention überschwänglich ihr Vertrauen ausgesprochen”, sagte FAO-Vize-Generaldirektorin Louise Fresco. “Das ist vor allem für Entwicklungsländer ausgesprochen wichtig, weil mit dem Bevölkerungswachstum der Einsatz von Pestiziden noch zunehmen wird.”

Erfolge am Verhandlungstisch

Die Konvention legt fest, dass der Export bestimmter gefährlicher Pestizide und Chemikalien nur mit vorgängiger Zustimmung und Inkenntnis-Setzung des Importlandes (Prior Informed Consent PIC) erlaubt ist.

“Als eines der wichtigsten Hersteller-Länder von Chemikalien muss die Schweiz dafür sorgen, dass sich die Industrie verantwortungsvoll und nachhaltig entwickelt”, hatte Bundesrat Moritz Leuenberger am Donnerstag zum Auftakt des
ministeriellen Teils der Konferenz erklärt.

Die PIC-Liste von 22 Pestiziden und 5 Chemikalien wurde an der Konferenz von den 74 Vertragsparteien der Konvention um 13 weitere Chemikalien ergänzt. Insgesamt stehen nun 41 Substanzen auf dieser Liste.

Chrysotyl-Asbest kam nicht auf die Liste

Eine weitere vorgeschlagene Substanz, Chrysotil-Asbest, wurde hingegen nicht aufgenommen. Die Umweltorganisation WWF warf Kanada und Russland vor, sie hätten die Aufnahme dieses krebserregenden Stoffes blockiert, um ihre einheimischen Exporteure zu schützen.

“Ich glaube nicht, dass das der Konvention viel Schaden antut”, sagte UNEP-Chef Klaus Töpfer. “Der Fall Asbest ist nicht abgeschlossen. Wir müssen noch daran arbeiten, die Skeptiker zu überzeugen, diesen Stoff auch auf die Liste zu setzen.”

Tod aus dem Fass

Jedes Jahr vergiften sich rund fünf Mio. Menschen mit Pestiziden, mehrere Tausend Arbeiter und Arbeiterinnen sterben daran, vor allem in Entwicklungsländern.

Gewisse Pestizide sind in Europa und den USA verboten, während sie in den Ländern des Südens weiterhin eingesetzt werden.

In Entwicklungsländern wird rund ein Viertel der gesamten Pestizid-Produktion eingesetzt, es sterben dort aber 99 Prozent aller erfassten Todesfälle wegen Pestizid-Vergiftung.

Insgesamt gibt es 70’000 Chemikalien auf dem Weltmarkt und jedes Jahr kommen 1500 neue dazu.

swissinfo

Die Rotterdamer Konvention gilt für hoch giftige Chemikalien und solche, deren Einsatz verboten oder stark eingeschränkt ist.

So sollen Menschen und die Umwelt vor Industrie-Giften geschützt werden.

Im Laufe der Vertrags-Parteienkonferenz wurde die PIC-Liste mit 14 weiteren Substanzen ergänzt.

Neu umfasst sie 30 Pestizide und 11 Chemikalien. Darunter sind das Insektizid DDT, einige Asbestarten und hochtoxische Quecksilber-Verbindungen.

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