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Auch in der Schweiz hat der Ramadan begonnen

Ramadan: Frühstück vor Sonnenaufgang, Nachtessen nach Sonnenuntergang. Keystone

Für die muslimische Gemeinschaft in der Schweiz hat am Donnerstag der Ramadan begonnen. Während des heiligen Monats ist es den Muslimen untersagt, tagsüber zu essen, zu trinken oder zu rauchen.

Der Schweizer Innenminister Couchepin wünschte in einer Grussbotschaft den 340’000 Muslimen in der Schweiz einen segensreichen und friedvollen Ramadan.

Der Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Kalenders. Der Beginn ist am ersten Tag nach Neumond, also nicht überall auf der Welt gleichzeitig.

An einigen Orten erfolgte der Auftakt am Dienstag, in der Schweiz jedoch zwei Tage später. Der Fastenmonat dauert zwischen 29 und 30 Tage.

“Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dürfen wir nicht essen und trinken, nicht einmal Wasser. Rauchen und sexuelle Aktivitäten sind ebenfalls nicht erlaubt”, sagt Ismail Amin, Präsident der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich.

“Wir sollten auch gute Taten vollbringen, gute Freunde und Nachbarn sein, uns mit unseren Feinden versöhnen und andere Muslime treffen”, sagt Amin.

Nicht unproblematisch

Es gibt aber auch Ausnahmen: Kranke, Schwangere, Ältere und Kinder unter 12 Jahren dürfen auch tagsüber essen.

Fasten ist laut Amin aber nicht ganz unproblematisch. “Die Tage sind sehr lang, und man muss seine übliche Arbeit verrichten, dabei fehlt es in der Schweiz am Sinn für die Gemeinschaft.” In muslimischen Ländern, wo alle fasten, falle dies leichter.

Meist befolgt

Zwar gibt es keine offiziellen Zahlen, dennoch glaubt Amin, dass der Ramadan unter Muslimen in der Schweiz weit befolgt wird. Diese Meinung wird durch Stéphane Lathion geteilt, einen der führenden Islamforscher des Landes.

“Die meisten Islamforscher gehen davon aus, dass zwischen 75 und 80% der Muslime den Ramadan praktizieren, die Zahl der aktiven Muslime beträgt aber maximal 15 bis 20%”, sagt er gegenüber swissinfo.

Dies sei dadurch erklärbar, dass der Ramadan für Muslime sowohl eine kulturelle als auch religiöse Bedeutung habe.

“Für viele steht aber nur die kulturelle Bedeutung im Vordergrund, es ist vielleicht das einzige Mal, dass sie eine Moschee besuchen. Für andere geht es aber um viel mehr, nämlich um eine intensivere Praktizierung ihres Glaubens”, sagt Islamexperte Lathion.

Soziale Komponente

Ramadan heisst aber auch, dass sich Familie und Verwandschaft für gemeinsame Mahlzeiten und Gebete treffen. Das Fasten werde oft gemeinsam in Moscheen gebrochen, mit dem Fest Eid ul-Fitr.

Ismail Amin streicht heraus, dass er während des Ramadans immer auf Verständnis seiner Kollegen gestossen sei. Lathion dagegen sagt, dass die meisten Schweizer keine Notiz von der Praktik nähmen. Immerhin würden Schweizer Muslime für den Fastenmonat oft spezielle Regelungen mit Arbeitgebern und Schulen treffen.

Eine davon: Keine wichtigen Proben im Schulunterricht am späten Nachmittag, wenn sich das Fasten auf die Leistung muslimischer Schüler besonders auswirkt.

Für Lathion können Gesten wie diese oder schon nur der schlichte Wunsch eines guten Ramadans an Muslime sehr viel zur Verständigung zwischen den Religionen beitragen.

Erstmals Grussbotschaft des Bundesrates

Der Schweizer Innenminister Pascal Couchepin richtete sich am Donnerstag in einer Grussbotschaft zum Auftakt des Fastenmonats Ramadan an die Musliminnen und Muslime in der Schweiz. Damit soll ein Zeichen zur Öffnung, Integration und Kontaktpflege gesetzt werden.

Der Fastenmonat, so Couchepin, sei eine Zeit der inneren Einkehr und der Besinnung. Er biete auch die Gelegenheit der Begegnung und des Dialogs sowie die Chance für ein besseres gegenseitiges Verständnis.

swissinfo, Isobel Leybold-Johnson
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

In der Schweiz leben rund 340’000 Muslime.
Rund 12% besitzen den Schweizer Pass.
Die meisten stammen aus Südosteuropa und der Türkei.
Der Anteil ist von 2,2% (1990) auf 4,3% im letzten Jahr gestiegen.
Der Islam ist in der Schweiz eine staatlich anerkannte Religion.

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