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Baumeister mit Leib und Seele

Bruder Edwin bildete sich praktisch im Alleingang zum Architekten aus. Jürg Keller

Seit Bruder Edwin vor 47 Jahren nach Tansania gekommen ist, hat er gebaut: Schulen, Kirchen, Klöster, Heime. Zudem leitet er seit zehn Jahren ein Heim für behinderte Kinder.

«Nun kommt ist es doch noch so weit, dass ich eine Kirche selbst baue», schmunzelt Bruder Edwin von Moos. Der 76jährige Kapuziner deutet auf das Modell einer Kirche in seinem Arbeitsraum. Entworfen hat er schon manch Gotteshaus, aber bei der Kirche von Limaumau leitet er erstmals auch die Bauarbeiten selbst.

Den Kirchenbau macht er sozusagen nebenbei. Eigentlich ist er «principal in charge» des Bethlehem Centre, eines Zentrums für geistig behinderte Kinder, das er im Auftrag der tansanischen Bischofs-Konferenz aufgebaut hat.

Bruder Edwin ist der letzte von zahlreichen Schweizer Kapuzinern, die in den vergangenen 80 Jahren im ländlichen Ifakara gewirkt haben. In den Jahrzehnten seit 1921, als die ersten sieben Schweizer Kapuziner ihre Missionsarbeit in Tansania aufgenommen haben, ist die Ortskirche gross geworden. Der seinerzeit von Rom ergangene Missionsauftrag ist erfüllt. Bruder Edwin hat seit 1954 mit dem Bau von Kirchen, Klöstern, Schulen und anderen Gebäuden seinen Teil beigetragen.

«Ein gewisses Ringen»

Der Entscheid, «in die Mission» zu gehen, sei schon «mit einem gewissen Ringen verbunden gewesen», erinnert sich Bruder Edwin. Während der Schreinerlehre war der Weg ins Kloster jedenfalls noch nicht vorgezeichnet. Aber nach der Kunstgewerbeschule wusste er, dass er nach Afrika wollte.

Das von den Baldegger Schwestern gegründete St. Francis Hospital wurde gerade ausgebaut, als Bruder Edwin nach Ifakara kam. Die Fertigstellung des Spitals wurde zu einer der ersten Aufgaben des Schreiners aus Sarnen. Später war er am Ausbau des Feldlaboratoriums des Schweizerischen Tropeninstituts beteiligt, plante das Schwesternhaus für die Baldegger Schwestern und baute die von der Mission gegründete Handwerkerschule aus.

Platz machen für Einheimische statt selber verwalten

Einige Jahre hat er an der Handwerkerschule unterrichtet und sie auch geleitet. Seinen Platz als Schulleiter hat der Kapuziner Mönch von sich aus geräumt. «Ich wollte, dass ein Tansanier diesen Posten übernehmen kann.» Das Aufbauen, sagt er, liege ihm mehr als das Verwalten.

1980 beauftragte ihn die tansanische Bischofs-Konferenz, ein Zentrum für geistig behinderte Kinder aufzubauen. Donatoren hatten Finanzmittel für ein Behindertenheim mit 60 Kindern zugesagt. «Nach zwei Jahren kam plötzlich kein Geld mehr», erzählt Bruder Edwin. Die Bauarbeiten gerieten ins Stocken. Die Fundamente von Wohnhäusern, Unterrichtsräumen, Werkstätten und Ställen standen, einzelne Gebäude waren gedeckt, andere nicht.

Und doch wieder Verwalter

Kurz entschlossen machte sich der Kapuziner 1985 während eines Heimaturlaubs selbst auf die Suche nach Geld. «Bei meiner Rückkehr hatte ich das Geld zusammen, um wenigstens die angefangenen Arbeiten fertig stellen zu können», erzählt Bruder Edwin. 1986 konnten die ersten 12 Kinder im Bethlehem Centre einziehen. Heute leben hier 80 Kinder aus ganz Tansania. Und Bruder Edwin ist wieder Verwalter – weil der zuständige Bischof zwar einen Nachfolger für ihn sucht, aber keinen findet. «Finden will», lacht Bruder Edwin.

Das Bauen lässt er sich trotzdem nicht nehmen, zu sehr ist er Baumeister mit Leib und Seele. Noch bevor er mit den Arbeiten für die Kirche in Limaumau begonnen hat, renovierte er im Benignis Centre von Ifakara den Schultrakt einer Fortbildungsschule für Mädchen und baute das erste Mädchenheim der Stadt.

«Heute», sagt er mit einem Blick auf das Benignis Centre, «komme ich kaum mehr selbst zum Arbeiten. Ich gebe nur noch Anweisungen.» Der Blick wandert hinüber zur Handwerkerschule, die er vor mehr als drei Jahrzehnten gebaut hat. Eine lange Reihe mächtiger Bäume trennt die beiden Schultrakte. «Die habe ich seinerzeit selbst gepflanzt», erklärt Bruder Edwin stolz. Sie stehen für das langjährige Wirken des Kapuziners aus Sarnen im tansanischen Hinterland.

Jürg Keller, Ifakara

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