Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Braunbär in der Schweiz gesichtet

Keystone

Mehr als 100 Jahre nach seiner Ausrottung ist der Braunbär wieder in die Schweizer Alpen zurückgekehrt.

Der Schweizerische Nationalpark hat mitgeteilt, dass ein Braunbär im Bündner Münstertal gesehen und fotografiert worden ist.

Der Braunbär ist nach 100 Jahren definitiv in die Schweiz zurückgekehrt: Zwei Wächter des Schweizer Nationalparks haben das Tier am Donnerstagmorgen am Ofenpass auf Gemeindegebiet von Tschierv im bündnerischen Münstertal gesehen.

Damit sei der Beweis erbracht, dass Meister Petz zurückgekehrt sei, teilte der Nationalpark in Zernez (GR) mit. Parkdirektor Heinrich Haller vermutet, dass es ein männliches Tier ist. Haller freut sich über die Ankunft des Bären: “Ein Stück Natur ist zurückgekehrt.”

Es handelt sich angeblich um das erstmalige Auftreten eines Bären in der Schweiz seit 1923, als ein Exemplar kurz im Oberengadin gesichtet wurde.

Das geschützte Grossraubtier gilt seit über 100 Jahren als ausgerottet. Den letzten Bär erschossen am 1. September 1904 im Val S-charl bei Scuol im Unterengadin zwei einheimische Gämsjäger.

Individualtypische Merkmale

Forststudent Maik Rehnus aus Göttingen (D), der zur Zeit als Wirtschaftspraktikant im Nationalpark tätig ist, entdeckte den im Gebiet vermuteten Braunbären während Gämsbeobachtungen in einem Seitental des Ofenpasses. Er konnte das Grossraubtier mit einer Digitalkamera fotografieren.

Das Bild zeigt nicht nur einen ausgewachsenen Braunbären. Es lassen sich laut Nationalpark-Angaben auch individualtypische Merkmale erkennen. Besonders auffallend sei der ausgeprägte, behaarte Schulterhöcker, der schon bei dem zwischen Mitte Juni und Mitte Juli im Südtirol fotografierten Bären aufgefallen sei.

Bleibt der Bär in der Schweiz?

Fachleute des Nationalparks haben keinen Zweifel daran, dass es sich um den gleichen Braunbären handelt, der Mitte Juli im Südtirol bei Prad gesehen und abgelichtet wurde. Von dort sind es nur ein paar Kilometer bis ins Engadin.

Ob der Braunbär im Ofenpass-Gebiet bleiben oder weiterziehen wird, lässt sich nicht abschätzen. Die Verantwortlichen des Nationalparks und des Amtes für Jagd und Fischerei Graubünden würden den Bären so gut wie möglich bei seinen weiteren Aktivitäten überwachen, hiess es weiter.

Gemäss WWF-Schweiz hängt es in erster Linie von der Akzeptanz der Bevölkerung ab, ob der Bär in der Schweiz eine Chance hat, heimisch zu werden. “Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht. Der Bär geniesst grundsätzlich viel Sympathie”, sagt Joanna Schönenberger, Grossraubtierverantwortliche beim WWF Schweiz.

Sie sei ein Gewinn für den Menschen, sagte Schönenberger weiter. Der Braunbär gehöre zu den Alpen fast wie Wilhelm Tell.

Zusätzliche Gefahren?

Doch stellt der Braunbär auch eine Gefahr dar? “Bären sind Allesfresser. Neben Wurzeln, Gräsern, Beeren und Obst können sie aber auch Wild oder Nutztiere reissen”, sagt Schönenberger.

Wenig begeistert ist man deshalb beim Schweizer Schafzüchter-Verband. Präsident Peppino Beffa befürchtet, dass neue Kosten auf die Kleinvieh-Züchter zukommen. Dem entgegnet Joanna Schönenbrerger vom WWF, dass der Kanton Graubünden mit seinen Herdenschutz-Massnahmen gut auf Grossraubtiere vorbereitet sei.

Luchs und Wolf sind schon da

Sollte sich die Anwesenheit des Bären am Ofenpass oder im Münstertal bestätigen, halten sich in Graubünden derzeit nachweislich alle drei Grossraubtiere auf. Im Bündner Oberland (Surselva) leben seit Jahren Luchse.

Und ebenfalls im Bündner Oberland, an der linken Flanke des Vorderrheintales, streift seit rund drei Jahren ein einsamer Wolf umher.

swissinfo und Agenturen

Wie man bei einer Begnung mit einem Bären reagieren sollte:

Ist er weit entfernt oder hat Sie nicht entdeckt, machen Sie einen grossen Umweg.

Wenn er Ihnen nahe ist oder Sie entdeckt hat, müssen Sie Ruhe bewahren. Angriffe sind selten. Verhalten Sie sich wie ein menschliches Wesen (aufrecht bleiben, sprechen, Arme bewegen).

Wenn der Bär auf Sie zukommt (er blufft oft), nicht wegrennen, stehen bleiben, laut sprechen und die Arme bewegen.

Wenn ein Bär von Ihnen so überrascht worden ist, dass er Sie angreift, sollten Sie sich tot stellen und sich auf den Bauch legen.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft