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Italienisch: Die bedrohte Sprache retten

Italienisch-Unterricht: Coscienza Svizzera befürchtet, dass die dritte Landessprache verschwindet. Keystone Archive

Politiker sowie Kultur- und Medienschaffende aus der Südschweiz erwägen, eine Volksinitiative zum Schutz des Italienischen in der Schweiz zu lancieren.

Sie wollen den Vormarsch des Englischen an den Schweizer Schulen stoppen und die Sprachenvielfalt retten.

Federführend bei den Bemühungen zur Erhaltung der Sprachenvielfalt ist die Vereinigung Coscienza Svizzera (“Schweizer Bewusstsein”). Am Mittwoch haben der Tessiner Fernseh-Journalist Fabrizio Fazioli und Alessio Petralli, Linguist und Dialektforscher, in Bellinzona über die Nahziele der Vereinigung orientiert.

In den kommenden Wochen soll breit über den genauen Wortlaut einer Initiative diskutiert werden. Zur Debatte stehen momentan drei Paragraphen, dank derer die dritte Landessprache vor dem Verschwinden bewahren sollen.

Zuerst zwei Landessprachen, dann Englisch

Der erste lautet gemäss Rohtext: “Auf der obligatorischen Schulstufe muss zuerst eine zweite Landessprache unterrichtet werden. Erst danach kann eine andere Fremdsprache eingeführt werden.”

Im zweiten Abschnitt soll der Bund aufgefordert werden, den Unterricht einer dritten Nationalsprache zu unterstützen. Punkt drei fordert, dass der Bund die Sprachenvielfalt in der Schweiz begünstigt, insbesondere durch audiovisuelle Medien und durch Kontakte zwischen den Schulen der verschiedenen Kantone.

Englisch als Gefahr für die nationale Identität?

Die Coscienza Svizzera ist der Ansicht, dass durch die zunehmende Förderung des Englischen an den Schweizer Schulen die nationale Identität verloren geht.

Im Tessin verfolgt man zudem mit Sorge, dass an einigen Schweizer Universitäten die Italianistik-Lehrgänge aus Spargründen in Frage gestellt respektive gestrichen werden.

Letzteres plant die Universität Neuenburg. Am Dienstag gingen deshalb rund 1000 Studenten auf die Strasse, um gegen den Abbau des Studienfachs Italienisch zu protestieren. Dabei handelte es sich um die dritte solche Demonstration auf den Strassen Neuenburgs.

Schreckgespenst Zwei-Sprachen-Land

Coscienza Svizzera befürchtet, dass in der Schweiz – ähnlich wie Belgien – eine Zwei-Sprachen-Dominanz entsteht. Der Tessiner Fulvio Caccia, Präsident der Stiftung Maison Latine, brachte das Problem im Dezember an einer Medienkonferenz folgendermassen auf den Punkt: “Sie wissen ja, dass es drei offizielle Landessprachen gibt – das Deutsche und das Französische.”

Caccia macht sich darum für die Anliegen von Coscienza Svizzera stark. An drei Diskussionsabenden, welche die Vereinigung vorerst im Tessin und in Südbünden organisiert, werden die Regierungsräte Gabriele Gendotti (Tessin) und Claudio Lardi (Graubünden) teilnehmen.

Ebenfalls als Redner in Erscheinung treten die Tessiner Nationalräte Fulvio Pelli und Chiara Simoneschi-Cortesi. Danach sind weitere Diskussions-Abende auch in den übrigen Landesteilen geplant, so in Zürich und in der Westschweiz.

swissinfo und Agenturen

Bei der Volkszählung 2000 gaben 471’000 Personen oder 6,5% Italienisch als erste Sprache an.
1990 waren es noch 524’000 oder 7,6% gewesen.
Am meisten wird in der Schweiz Deutsch gesprochen, nämlich von 4,6 Mio. Einwohnern (63,7%), gefolgt von Französisch (1,5 Mio. Personen oder 20,4%).

Coscienza Svizzera wurde 1948 gegründet und hat zum Ziel, die verschiedenen Identitäten, Sprachen und Kulturen der Schweiz zu bewahren.

Vom 24. bis 28. Januar organisiert die Vereinigung im Tessin und in Südbünden drei Diskussionsabende. Es geht dabei um die Lancierung einer Initiative.

Im Frühling gibt es weitere Veranstaltungen in Chur, Zürich und in der Westschweiz.

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