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Bundes-Strafgericht soll nach Aarau

Die Nähe zu Bern hat für Justiz-Ministerin Metzler den Ausschlag gegeben. Keystone

Die Schweizer Regierung will das neue Bundes-Strafgericht in Aarau ansiedeln. Die Nähe zu den Strafverfolgungs-Behörden in Bern wiegt für sie schwerer als der Anspruch von Rand-Regionen. Das letzte Wort hat das Parlament.

Bereits im Juli hatte der Bundesrat beschlossen, das neue Bundes-Verwaltungsgericht in Freiburg anzusiedeln. Als mögliche Standortkantone für das Bundesstrafgericht standen nun noch St. Gallen, das Tessin, Solothurn und Aargau zur Diskussion.

St. Gallen und das Tessin fielen nach einer näheren Analyse ausser Betracht, sagte Bundesrätin Ruth Metzler vor den Medien. Die grosse Distanz zur Bundesanwaltschaft und zum Bundesamt für Polizei (BAP) in Bern würde die Bekämpfung des Organisierten Verbrechens und der Wirtschaftskriminalität erschweren.

Reger Pendelverkehr

Laut Bundesrat werden die mündlichen Gerichtsverhandlungen mit Beteiligung der Bundes-Anwaltschaft massiv zunehmen. 2007 werde das Bundesstrafgericht rund 50 Straffälle, etwa 270 Haftersuchen und eine Vielzahl von Haftverlängerungs- und Entlassungsgesuchen behandeln. In regem Kontakt mit dem Gericht werde auch das BAP stehen, das Beschuldigte und Angeklagte vorführen müsse.

Die Abwesenheit der Bundes-Staatsanwälte vom Arbeitsplatz in Bern könnte nach Auskunft des Bundesrates laufende Ermittlungsverfahren erschweren und deren Erfolg gefährden. Dieses Problem liesse sich mit Videoübertragung, einem ständigen Arbeitsplatz für die Vertreter des Bundesanwalts und andern Massnahmen im Einzelfall bestenfalls entschärfen.

Aarau bisher schlecht bedient

Unter den Standorten Aarau, Olten und Solothurn sei die Wahl dem Bundesrat nicht leicht gefallen, sagte Metzler. Für Aarau habe schliesslich gesprochen, dass dieser Kanton mit Ausnahme des Paul Scherrer Instituts in Villigen keine eidgenössischen Behörden oder Institutionen beherberge, während in Solothurn bereits das Bundesamt für Wohnungswesen angesiedelt sei.

Laut Metzler sind zudem die Standortvorschläge in der Stadt Aarau für das Bundes-Strafgericht besonders geeignet. Das Justizdepartement und das Bundesamt für Bauten und Logistik wurden beauftragt, zusammen mit Kanton und Stadt ein Projekt auszuarbeiten. Das Gerichtsgebäude muss 2004 oder spätestens 2005 bezugsbereit sein.

Über den definitiven Standort des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entscheidet das Parlament. Der Bundesrat wird ihm noch diesen Herbst eine Ergänzungsbotschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege zuleiten.

Zufriedenheit im Aargau – Enttäuschung andernorts

«Ich bin hocherfreut über den Entscheid in Bern», kommentierte der Aargauer Landammann Kurt Wernli am Mittwoch den Entscheid des Bundesrates. Rund dreiviertel Jahr lang hätten die Bemühungen gedauert, entweder das Bundes-Strafgericht oder das Bundes-Verwaltungsgericht in den Aargau zu holen.

Enttäuschung herrscht in den anderen Kantonen. Wenn schon die Bedeutung der Nähe zu Bundesanwaltschaft und Bundesamt für Polizei betonte werde, hätte Solothurn klar obsiegen müssen, sagte Regierungssprecher Dagobert Cahannes. «Oder haben die Verantwortlichen im Geografieunterricht zu wenig aufgepasst?», frage man sich in Solothurn.

Auch St. Gallen wehrt sich: Die Ostschweiz werde alles daran setzen, dass das Parlament den Entscheid des Bundesrats umdrehe und das Bundes-Verwaltungsgericht in St. Gallen ansiedle – «im Sinne der Dezentralisierung», sagte Regierungspräsidentin Kathrin Hilber.

Ähnlich tönt es aus der Südschweiz: Die Tessiner Kantonsregierung liess in einem Communiqué verlauten, dass sie den Entscheid des Bundesrates nicht akzeptiere. Sämtliche Parlamentarier des Landes werden deshalb in den nächsten Tagen Post aus dem Tessin erhalten.

swissinfo und Agenturen

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