Contura 08 nimmt Form an

Über 25'000 Kinder und 2000 freiwillige Helferinnen und Helfer verbringen diese und nächste Woche im Bundeslager 2008 der Schweizer Pfadfinderinnen und Pfadfinder in der Linthebene. Mit dabei sind auch 500 ausländische und 22 Auslandschweizer Pfadis.
Das Ziel des Bundeslagers leben sie bereits: Die Verbindung zwischen den Sprachregionen der Schweiz. Im Zeltlager der Auslandschweizer Pfadis geht es mehrsprachig zu und her. Mindestens drei Sprachen sind nötig, damit sich hier alle verstehen.
Weil von weither eingeflogen, waren die Auslandschweizer die letzten, die im Unterlager 3 ihre Zelte aufgeschlagen haben. Am Dienstagmorgen sind die 22 Kinder aus den sieben Ecken der Welt daran, sich spielerisch kennen zu lernen.
Die grösste Gruppe kommt aus Chile, wo sie die Schweizer Schule in Santiago besuchen. Der elfjährige Joaquin ist das erste Mal in Europa. «Alle sehen nett aus», sagt er. «Und auch wenn ich manchmal etwas nicht verstehe, lache ich mit.» Er freut sich besonders darauf, «Türme oder etwas Spezielles» zu bauen.
Seinen Einsatzwillen kann er gleich beweisen. Denn noch steht das Gemeinschaftszelt um einen zentralen Baumstamm herum nicht. Jetzt ist Muskelkraft gefragt. Die Kinder ziehen gemeinsam an zwei Seilen, um den Stamm senkrecht zu stellen.
Deutsch lernen
Andere Auslandschweizer sind aus Deutschland, Frankreich, Brasilien, Kolumbien, den USA und Schweden angereist, um im Rahmen der Stiftung für junge Auslandschweizer (SJAS) erstmals beim Bundeslager dabei zu sein.
Amelie ist 12 und kommt aus der schwedischen Region Göteborg. Sie besucht jedes Jahr Verwandte in der Schweiz. «Ich hoffe, Spass zu haben und vielleicht etwas Deutsch zu lernen», betont sie.
In jedem Unterlager sind fremde Sprachen zu hören. Pfadis aus 14 Ländern sind angereist. Auch 280 «Pfadfinder Trotz Allem», Behinderte und Betreuer, machen mit.
Jahrelange Vorbereitung
Seit dem 10. Juli waren die unzähligen Helferinnen und Helfer mit dem Aufbau beschäftigt. Doch die Planung des Lagers hat schon viel früher begonnen.
«Es braucht eine sehr lange Vorbereitungszeit; sehr aufwendig, alles ehrenamtlich», sagt Philip Wernli (Pfadiname Chipo), Pressesprecher von Contura 08.
«Da braucht es wirklich eine Pfadi-Generation, die wieder die Motivation und Energie hat, so einen Grossanlass auf die Beine zu stellen.»
Doch die Arbeit wurde reich belohnt: «Nach drei Jahren Vorbereitungszeit war es schön, die tausenden Pfadis zu sehen, die mit lachenden Gesichtern bei uns eingetroffen sind.»
Aufbau
Szenenwechsel: Am ersten Lagertag sind die Pfadis von St. Jörg aus dem solothurnischen Kleinlützel im Unterlager 1 eingezogen. Sie wurden am Eingang spielerisch von den «bedeutendsten Erfindern aller Zeiten» empfangen, die das Thema ihrer zwei Wochen in Bundeslager bestimmen.
Wo am Montagmorgen noch eine grüne Wiese war, steht am Abend eine Stadt aus Zelten. Venner Joël (Zippo), 14, ist gerade dabei, einen Baumstamm zu spitzen, nebenan erhält eine Wasserrutschbahn den letzten Schliff, bevor der Sicherheitsinspektor sie freigeben wird.
Zippo ist sich der Einmaligkeit eines Bundeslagers bewusst. Das letzte fand vor 14 Jahren statt. «Es ist ein schönes Ereignis, das nicht immer wieder kommt», sagt der Leiter des Fähnleins Tiger. Und er schiebt nach: «Ich hoffe, dass es nicht regnet.»
Die elfjährige Fabia, die wohl in diesem Lager ihren Pfadinamen erhalten wird, hat schon klare Erwartungen: «Ich hoffe, dass wir mal wandern gehen und einmal mit allen vom Unterlager etwas machen.»
Auch für die Kleinen
Montagabend, Eröffnungsfeier im Unterlager 4 in Kaltbrunn. Die Kinder nehmen das Thema Tour du Monde wörtlich und kleiden sich entsprechend: Piraten, Wikinger, Samurai und Tuareg, um nur einige der Volksgruppen zu nennen, die bei der Feier für Stimmung sorgen.
Die angsteinflössenden Wikinger sind Wölfli zwischen acht und elf Jahren, die erstmals überhaupt für eine Woche an einem Bundeslager teilnehmen dürfen. Um die Kleinen beherbergen zu können, war einiges an Mehraufwand nötig, erklärt Pressesprecher Chipo.
«Wir mussten die Infrastruktur des Lagers für Kinder in diesem Alter anpassen. Wir haben für sie extra Esszelte, spezielle Küchen aufgestellt. Sie haben auch bessere sanitäre Anlagen, die etwas komfortabler sind, damit sie hier im Bundeslager eine unbeschwerte Woche verbringen können.»
Und nicht nur die Kleinsten, sondern auch ältere Pfadis und Leiter werden nach den zwei Wochen hoffentlich Erinnerungen eines einmaligen Erlebnisses mit nach Hause nehmen. In alle sieben Ecken der Welt.
swissinfo, Christian Raaflaub, Linthebene
Contura 08: 21.7.-2.8. in der Linthebene.
Motto: die Verbindung zwischen den Sprachregionen der Schweiz.
Jedes der 8 Unterlager hat ein eigenes Motto, worum die Pfadis ihr Programm gestalten.
4 Unterlager befinden sich im Kanton St. Gallen, 3 in Schwyz, 1 in Glarus.
Budget: 10 Mio. Fr.
Die letzten beiden Bundeslager fanden 1980 in den Kantonen Bern, Freiburg und Waadt sowie 1994 im Napfgebiet statt.
Am Besuchstag, dem 27. Juli, werden zwischen 30’000 und 50’000 Personen in den Zeltlagern erwartet.
Am 1. August besucht Bundespräsident Pascal Couchepin das Bundeslager und hält eine Rede zum Nationalfeiertag.
Die Lagerzeitung Profil informiert die Teilnehmenden mit einer Auflage von 20’000 Exemplaren. Zudem ist das Lagerradio Contura.FM auf Sendung.
Der erste Tag von Contura 08 war von einem Unfall überschattet.
Am Montagabend trat im Küchenzelt des Unterlagers 3 Gas aus einer Propanflasche und geriet in Brand.
Eine 26-jährige Köchin erlitt Verbrennungen zweiten Grades, zwei weitere Frauen leichte Verbrennungen.
Weil das Lager in Zeckengebiet stattfindet, wurden die Eltern bereits vor einem Jahr informiert und ihnen die Entscheidung freigelassen, ihre Kinder impfen zu lassen.
Falls es zu Zeckenbissen kommen sollte, hat jedes Unterlager einen Sanitätsposten mit geschultem Personal.

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