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Elektroschock statt Kugeln

Bald in Zürich im Einsatz. taser.com

Einen Täter mit 50'000 Volt zur Strecke bringen: Das soll nun auch in der Schweiz Realität werden.

Die Schweizerische Polizeitechnische Kommission (SPTK) empfiehlt den Einsatz der US-amerikanischen Taser-Elektroschockwaffe. Amnesty International ist skeptisch.

Mit der Taser-Pistole können aus sechs Metern Entfernung zwei Projektile abgefeuert werden, die sich in den Kleidern oder der Haut des Getroffenen verankern. Durch feine Drähte sind die Geschosse mit der Pistole verbunden, die Stromstösse von 50’000 Volt in den Körper schickt. Die getroffene Person erstarrt und kippt bewusstlos um.

Taser hinterlassen keine schwerwiegenden Schussverletzungen und im Gegensatz zu andern Elektroschock-Methoden können sie auch aus einer gewissen Distanz angewandt werden.

Dieter Diethelm, Präsident der SPTK-Fachgruppen, bezeichnete die Waffen denn auch als «humaner» als Schusswaffen.

Das Restrisiko



Doch ungefährlich ist die Elektroschock-Pistole nicht. «Ein gewisses Restrisiko kann auch bei diesem Einsatzmittel nicht ausgeschlossen werden», sagte Diethelm. Es bestehe etwa die Gefahr von Augenverletzungen.

«Ein Schuss könnte auch zu Sekundär-Verletzungen führen, da die getroffene Person sofort ohnmächtig wird und unkontrolliert hinfällt.» Ausserdem wisse man noch nicht, wie sich ein solch starker Elektroschock auf Herzpatienten oder Schwangere auswirken würde.

Diethelm empfiehlt deshalb den Taser nur auf Sondereinsätze mitzunehmen und vorher die Polizisten im Umgang mit der neuen Waffe zu schulen.

In einem Bericht an die Schweizer Polizeikorps empfahl die SPKT Mitte Juli den Einsatz dieser Waffe, wie Marcel Strebel, stellvertretender Informationschef der Kantonspolizei Zürich, bestätigte.

Baselland hat den Taser bereits

Die Kapo Zürich will sich nun eine Taser-Elektropistole zu Testzwecken beschaffen. Die Waffe soll in Sondereinsätzen gegen Gewalttäter gebraucht werden. Gleiches hat die Stadtpolizei Zürich vor, wie Pressesprecher Marco Cortesi auf Anfrage mitteilte.

Die Kapo Baselland ist bereits einen Schritt weiter. «Wir besitzen die Waffe», erklärte Meinrad Stöcklin von der Kapo Baselland. «Einmal haben wir sie einsetzen müssen.»

Es habe sich um eine renitente Person gehandelt, die dank dem Taser habe festgenommen werden können. Die Person sei unverletzt geblieben. «Der erste Einsatz war ein voller Erfolg», fasst er zusammen.

Bei der Kantonspolizei Bern will man hingegen vorerst noch abwarten. Entscheide seien noch keine gefallen, sagte ein Sprecher.

Elektroschock-Waffen zur Folter

Bedenken über die Verwendung von High-Tech-Pistolen äussert die Schweizer Sektion von Amnesty International. Wie ein Sprecher gegenüber swissinfo betonte, forderte die Menschenrechts-Organisation bereits vor einiger Zeit den sofortigen Stopp des Einsatzes von Waffen, deren gesundheitliche Auswirkungen nicht vollständig bekannt sind. Dazu gehören auch Elektroschock-Waffen.

Laut Amnesty International haben seit Anfang der 90er Jahre die Berichte über die Verwendung von High-Tech-Elektroschock-Waffen zur Folter weltweit zugenommen – und zwar in mindestens 76 Staaten weltweit.

Die Folterer würden gerade solche Waffen gerne einsetzen, weil diese wenig Spuren hinterlassen, grosse Schmerzen verursachen, leicht zu bedienen und häufig schlecht zu identifizieren sind.

Humanitäre Werte



Beim Schweizerischen Roten Kreuz ist man zurückhaltend. Stellungnahmen würden grundsätzlich nur abgegeben, wenn das SRK humanitäre Werte bedroht sehe. Das sei bei der Einführung von Elektroschock-Waffen in Zürich nicht der Fall, wie Beat Wagner, SRK-Kommunikationsleiter gegenüber swissinfo darlegt.

swissinfo und Agenturen

Der Taser ist kaum von einer konventionellen Pistole zu unterscheiden.

Doch verschiesst er keine Kugeln, sondern an zwei Pfeilen befestigte feine Drähte – und dann Strom. 50’000 Volt fliessen so durch den Körper einer getroffenen Person.

Die Pfeile dringen leicht in die Haut ein, der Strom fliesst aber auch, wenn sie bloss in der Kleidung stecken bleiben.

Die Waffe hat eine Reichweite von maximal sechs Metern und eignet sich darum nur in ganz bestimmten Situationen.

In den USA sind die Elektroschocker bereits stark verbreitet und werden auch im Strafvollzug zur «Beruhigung» von Gefangenen eingesetzt.

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