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Genfer Modell soll Spitäler sicherer machen

Bessere Händehygiene könnte die Infektionen in Spitälern um 30% senken. Keystone

In Genf hat die Weltgesundheits-Organisation (WHO) eine Initiative lanciert, welche die Infektionen von Patienten in Spitälern massiv reduzieren soll.

Die Kampagne empfiehlt Pflegenden und Ärzten das regelmässige Händewaschen nach einem Modell, das im Genfer Universitäts-Spital entwickelt wurde.

Jedes Jahr infizieren sich 1,4 Mio. Menschen im Spital mit einer Krankheit. Das soll sich ändern. Die WHO mit Sitz in Genf hat am Donnerstag ihr Programm “Global Patient Safety Challenge” zur Verbesserung der Sicherheit von Patientinnen und Patienten vorgestellt.

Laut der Weltgesundheits-Organisation erleiden in Industrieländern zwischen 5% und 10% aller eingelieferten Patienten eine Infektion. In Entwicklungsländern liegt dieser Wert bei bis zu 25%.

Ansteckung durchs Pflegepersonal

“Es ist nicht akzeptabel, dass Patienten Gesundheitsrisiken von jenen Menschen ausgesetzt sind, die sie pflegen”, sagte WHO-Generaldirektor Lee Jong-Wook.

Allein in der Schweiz finden pro Jahr rund 70’000 Infektionen im Gesundheitswesen statt, die Mehrkosten von 250 Mio. Franken verursachen.

Eine Studie von Swiss-NOSO, einer medizinischen Zeitschrift, deren Inhalt solchen Infektionen gewidmet ist, hat kürzlich festgestellt, dass 7,2% der Patienten im Spital durch Keime angesteckt werden. Auf der Intensivstation steigt die Zahl der Ansteckungen sogar auf einen Viertel.

Viele der Infektionen seien darauf zurückzuführen, dass das Personal sich die Hände nicht richtig wasche. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) plant im kommenden Januar eine eigene Kampagne zur Händehygiene des Spitalpersonals.

Genfer Modell für die ganze Welt

Die neuen WHO-Richtlinien beruhen auf dem so genannten Genfer Modell, das von Didier Pittet entwickelt wurde. Pittet ist Professor am Universitätsspital Genf (HUG) und leitet die WHO-Kampagne. Er möchte insbesondere, dass das Spitalpersonal die Hände mit einer alkoholbasierten Lösung wäscht, die effektiver ist als Seife und Wasser.

Seit der Einführung des neuen Systems im HUG hat sich die Infektionsrate im Spital halbiert. Das Modell wurde unterdessen in andere Spitäler in Europa, den Vereinigten Staaten, Kanada, China, Japan und Australien exportiert.

“Würde das Modell weltweit eingesetzt, könnte die Anzahl Infektionen um 30% reduziert werden”, sagt Pittet gegenüber swissinfo.

Bessere Kontrolle einer Pandemie

Laut der WHO würde eine bessere Handhygiene auch die bessere Kontrolle einer möglichen Grippe-Pandemie erlauben. Seit zwei Jahren warnt die WHO vor einer Pandemie, die bis zu 7,4 Millionen Tote fordern könnte.

“Wenn bei einer Pandemie Menschen mit Grippe ins Spital eingeliefert werden, könnten die neuen Richtlinien für die Handhygiene helfen, die Anzahl Infektionen von Patienten zu Personal und unter Patienten selber zu reduzieren”, sagt Liam Donaldson von der WHO-Allianz für Patientensicherheit.

swissinfo, Adam Beaumont in Genf
(Übertragung aus dem Englischen: Philippe Kropf)

Das Genfer Modell besteht aus fünf Elementen:

Entwicklung einer neuen Methode für Handhygiene.
Sensibilisierung des Personals.
Regelmässige Überwachung der Umsetzung.
Aktive Mitwirkung des Personals in Kampagnen.
Unterstützung des Programms durch Gesundheits-Institutionen.

Die Kampagne “Global Patient Safety Challenge” zur Verbesserung der Patientensicherheit ist ein Kernstück des WHO-Programms “World Alliance for Patient Safety” aus dem Jahre 2004.

Das Programm vereint neue Richtlinien in den Bereichen Handhygiene im Gesundheitswesen mit Strategien, welche auf die Verminderung von Infektionen in den Bereichen Blut, Spritzen und Impfung, Klinikalltag, Wasser, Abwasser und Abfall abzielt.

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