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Kampf gegen schmutzige Diamanten

Ein Zertifikat soll die Herkunft von Rohdiamanten belegen. Keystone Archive

Die Schweiz ist eines von gut dreissig Ländern, welche in Interlaken versuchen, den Handel mit Blutdiamanten zu unterbinden.

2003 soll ein Reglementierungs-System in Kraft treten, welches für jeden Diamanten-Export ein Zertifikat vorschreibt.

Diamanten sind nicht nur für immer. Wie Geld riechen sie nicht und fördern deshalb auch den Krieg, namentlich in Ländern wie Angola, Kongo, Sierra Leone und Liberia.

Die UNO hat den Handel mit diesen “schmutzigen Steinen” oder “Blutdiamanten” bereits seit einiger Zeit aufs Korn genommen. Der Sicherheitsrat hat mehrmals versucht, ihm mit Embargos ein Ende zu setzen.

Im Mai 2000 beschlossen die wichtigsten von Diamanten-Produktion und -handel betroffenen Länder, ein internationales Zertifizierungssystem auszuarbeiten, das den Namen “Kimberley-Prozess” erhielt, nach der für ihre Diamantvorkommen berühmten Stadt in Südafrika.

Nach mehreren Treffen in Botswana, Moskau und Ottawa macht dieser “Prozess” jetzt in Interlaken Zwischenstation, am Montag mit einer Vollversammlung, am Dienstag mit einer Ministerkonferenz, an der man zu einem konkreten Kalender gelangen will.

“Wir wollen einen sauberen Handel”

Welche Motivation hat die Schweiz in diesem Prozess? “Zunächst sind es humanitäre Überlegungen”, erklärt Luzius Wasescha, Delegierter der Regierung für Handelsabkommen.

“Es ist aber auch der Wille, Sanktionen gegen jene auszuarbeiten, die diesen illegalen Handel betreiben. Wir wollen einen sauberen Handel, wir wollen einen sauberen und funktionierenden Diamantenmarkt.”

Der Diplomat relativiert aber die Bedeutung dieses Dossiers für die Schweiz: “Wir waren bis vor kurzem der drittgrösste Diamantenmarkt in Europa, inzwischen sind wir zu einem Nebenakteur geworden.”

Bis im letzten Jahr war die Schweiz hinter London und Antwerpen der drittwichtigste Diamantenhandelsplatz. Seit der weltgrösste Diamantproduzent De Beers aber seinen Sitz Ende vergangenen Jahres von Luzern nach London verlegt hat, ist der Handel mit Diamanten in der Schweiz eingebrochen.

Importierte die Schweiz bis im vergangenen Jahr noch Rohdiamanten im Wert von zwei Milliarden Franken, schrumpfte der Wert in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres auf rund sieben Millionen Franken.

Kann der Kimberley-Prozess etwas bewirken? Daran zweifelt Luzius Wasescha nicht, allerdings geht das nur, wenn alle betroffenen Parteien mitspielen. “Im Übrigen” fügt er bei, “werden die NGOs jene, welche das System zu umgehen versuchen, sicher auf ihre schwarze Liste setzen.”

Das “Ja, aber …” der NGOs

Bei den NGOs kommt diese Initiative denn auch recht positiv an. “Sie schliesst eine Lücke in der internationalen Gesetzgebung”, erklärt Danièle Gosteli von der Schweizer Sektion von Amnesty International.

Man muss wissen, dass dieser Schmuggel mit “schmutzigen Steinen” bisher Waffenkäufe in Höhe von 300 bis 500 Mio. Dollar ermöglicht hat. Das heisst, Naturressourcen trugen dazu bei, dass sich interne Kriege in ihren Ursprungsländern verschlimmerten und Hunderttausende unschuldiger Opfer forderten.

Die Befriedigung der NGOs ist aber nur ein ‘Ja, aber …’, denn die angekündigten Massnahmen sind nicht bindend, bleiben also freiwillig: Ihr Nutzen ist deshalb beschränkt, da eine Kontrollinstanz fehlt, die diesen Namen verdient.

Danièle Gosteli ist zum Beispiel besorgt wegen der doppeldeutigen Sprache der Demokratischen Republik Kongo: Kinshasa unterstützt den Kimberley-Prozess, verletzt aber völlig ungestraft die Menschenrechte in Mbuji-Mayi, dem Zentrum der kongolesischen Diamantenindustrie.

Es entspricht nicht der Kultur der Goldschmiede

Amnesty International bestätigt, dass sie Kontakte mit rund 400 Bijoutiers, Goldschmieden und anderen Diamantenhändlern in der Schweiz hatte, um sie über die näheren Umstände und die Ergebnisse des Kimberley-Prozesses zu informieren.

Die Reaktionen schienen eher positiv, einige Bijoutiers meinten aber, dass die Einführung dieser Zertifizierung ihre Gewohnheiten völlig verändern werde, denn ihr Geschäft baut eher auf Vertrauen als auf Administrativem auf.

Inzwischen müssen am Dienstag Nachmittag Phumzile Mlambo-Ngcuka, die südafrikanische Ministerin für Mineralien und Energie, und Pascal Couchepin, der Schweizer Wirtschaftsminister, das Datum für das Inkrafttreten des Kimberley-Prozesses bekannt geben können.
swissinfo, Bernard Weissbrodt

2001 wurden weltweit mehr als 100’000 Karat Diamanten im Gesamtwert von über 11 Mrd. Dollar gefördert.
2 bis 4% davon sind Blutdiamanten, deren Verkauf zur Finanzierung von Konflikten dient.

Am “Kimberley-Prozess” beteiligen sich 35 Länder sowie Vertreter und Vertreterinnen der Diamanten-Industrie und von NGOs.

In Zukunft werden Sendungen von Rohdiamanten von einem Ursprungs-Zertifikat begleitet, das bezeugt, dass sie keine “schmutzigen Steine” enthalten

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