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Kristall als Test für Schweizer Diplomatie

Botschafter Didier Pfirter antwortet den Medien. Keystone

Laut Didier Pfirter hielten einige Länder des Nahen Ostens ihr Versprechen nicht, was ihren Support für das neue Rotkreuz-Emblem betrifft.

Sie zogen laut dem Schweizer Diplomaten ihre Unterstützung für den Roten Kristall zurück und verunmöglichten dadurch die Annahme des neuen Emblems durch Konsens.

Vor zehn Tagen ist in Genf ein grundlegendes Zusammenarbeits-Abkommen von israelischen und palästinensischen Notfalldiensten unterzeichnet worden.

Die Schweiz hatte dabei vermittelt. Didier Pfister ist Diplomat und Sondergesandter für die Frage des Roten Kristalls.

Mancherorts wurde dies als Zeichen dafür interpretiert, dass nun die letzten Hindernisse überwunden seien und alle Signatarstaaten der Genfer Konventionen einstimmig ein drittes humanitäres Emblem neben dem Roten Kreuz und dem Roten Halbmond akzeptierten.

Doch die Forderung Syriens nach einer ähnlichen Abmachung mit Israel, die Damaskus einen humanitären Zutritt zu seinen Bürgern auf den Golanhöhen erlaubt hätte, hatte zur Folge, dass über das Kristall-Emblem abgestimmt werden musste.

swissinfo: Sie haben nun das neue Emblem, aber sie haben keine Einstimmigkeit. Sie sind enttäuscht?

Didier Pfirter: Sicher sind wir enttäuscht. Zwar sind wir zufrieden, dass das Protokoll klar angenommen wurde. Aber enttäuscht sind wir, dass dies nicht im Konsens geschehen ist.

Wir haben uns stark ins Zeug gelegt, damit dieses Resultat im Konsens angenommen würde. Wir taten alles Menschenmögliche und was für einen Depositärstaat noch irgendwie zumutbar war.

swissinfo: Sie sind selber einige Male in den Nahen Osten gereist. Hat man Ihnen vor der Konferenz Versprechungen gemacht, die dann von einigen Ländern nicht eingehalten wurden?

D. P.: Ja. Wir erhielten Versprechen von einigen Ländern. Ich persönlich, auf Ministerebene, und auf der Ebene der Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Sie lauteten, dass diese Länder nicht gegen das Emblem-Protokoll opponieren würden, wenn die palästinensischen Probleme zur Zufriedenheit der Palästinenser gelöst würden. Jetzt haben einige Länder dennoch Nein gestimmt.

swissinfo: Wann wurde Ihnen klar, dass sich die Frage der Golanhöhen an dieser Konferenz zu einem Problem entwickelt?

D. P.: Ich habe das bereits sehr früh kommen sehen. Ich sagte das auch allen – jenen, die es hören wollten, und auch jenen, die nicht zuhören wollten. Wir blieben in ständigem Kontakt, sowohl mit dem syrischen Botschafter hier in Genf als auch mit unserer Botschaft in Damaskus. Wir bemühten uns echt, dieses syrische Problem zu lösen.

Dass es dann nicht zu einer Lösung kam, ist zu einem guten Teil darauf zurück zu führen, dass Syrien nicht in derselben Weise kooperierte wie das die Palästinenser taten.

Syrien war nicht bereit zu erlauben, dass der Syrische Rote Halbmond direkt mit dem Israelischen Magen David Adom verhandelt. Bis vor kurzem war dem Syrischen Roten Halbmond sogar jegliche indirekte Verhandlung untersagt. Dies hat natürlich unsere Aufgabe nicht erleichtert.

swissinfo: Gewisse Leute werden behaupten, dass die Schweizer die Zeichen nicht richtig gedeutet hätten. Letzte Woche sah alles noch sehr vielversprechend aus, und jetzt ist alles politisch hochgegangen.

D.P.: Wie Sie sagen – alles sah vielversprechend aus. Doch nicht nur wir sahen das so. Jedermann, der an die Konferenz kam, denke ich, ging davon aus, dass es zu einem Konsens kommen würde.

Die Schweizer Regierung und ich wiederholten immer wieder, dass die syrische Frage wichtig war und Ernst genommen werden musste. Wir betonten das immer wieder. Andere mögen gedacht haben, dieses syrische Anliegen mag vernachlässigt werden, aber nicht wir Schweizer.

swissinfo: Sehen Sie das Resultat nun als einen Erfolg oder einen Misserfolg für die Schweizer Diplomatie?

D.P.: Ich denke, es handelt sich trotz allem um einen Erfolg. Nicht ein Erfolg, wie wir ihn uns gewünscht hätten, aber ein Ausgang insofern, dass damit ein lang anstehendes Problem gelöst wird.

Wir waren seit sieben Jahren an der Lösung dieses Problems. Wir wurden immer wieder durch das politische Geschehen unterbrochen. Überwiegend hat sich dann unter den Konventions-Staaten das Gefühl ausgebreitet, dass die Zeit reif sei.

Wenig glücklich ist ein anderer Umstand: Man bemühte sich, auch all jene an den Verhandlungstisch zu bringen, die dieses Gefühl, die Zeit sei reif, nicht hatten. Und das ist schief gegangen.

swissinfo, Adam Beaumont, Genf
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Als Depositärstaat der Genfer Konventionen hoffte die Schweiz, dass das neue Rotkreuz-Emblem einstimmig, das heisst in Form eines Konsenses, angenommen würde.

Doch ein Streit um die Frage, Syrien humanitären Zutritt zu den von Sirael besetzten Golanhöhen zu gewähren, brachte den Konsens zu Fall. Das Zusatzprotokoll zum neuen Emblem kam in der Folge zur Abstimmung.

26 Länder schlossen sich Syrien an und stimmten gegen die Einführung des Roten Kristalls. Dennoch wurde das neue Emblem mit einer Zweidrittels-Mehrheit angenommen.

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