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Kritik an der Integrationspolitik des Bundes weitet sich aus

Die Integrationspolitik des Bundes bleibt unter Beschuss. Gewerkschaften und Ausländerorganisationen verlangten am Donnerstag (27.01.) eine Aufwertung der Ausländerkommission und eine klare Absage an den wachsenden Einfluss der Fremdenpolizei.

Die Integrationspolitik des Bundes bleibt unter Beschuss. Gewerkschaften und Ausländerorganisationen verlangten am Donnerstag (27.01.) eine Aufwertung der Ausländerkommission und eine klare Absage an den wachsenden Einfluss der Fremdenpolizei. Der Städteverband beklagte sich über mangelnden Rückhalt.

Nach dem Eklat in der zweiten Januarwoche, als rund die Hälfte der Mitglieder aus der Eidgenössischen Ausländerkommission (EKA) austrat und damit gegen eine Angliederung des EKA-Sekretariats an das Bundesamt für Ausländerfragen (BFA) protestierte, verlangten die Zurückgetretenen am Donnerstag erneut eine klare und finanziell gut abgestützte Integrationsstruktur ausserhalb des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD).

Der von der Landesregierung beschlossene Anschluss des Sekretariats an das BFA müsse rückgängig gemacht werden, weil das BFA mit fremdenpolizeilichen Entscheiden und damit in erster Linie “mit Repression statt mit Integration” in Verbindung gebracht werde, erklärten die Vertreter der bisher in der Kommission vertretenen Gewerkschaften und Ausländerorganisationen. Anstelle einer politisch und psychologisch falschen Anbindung der Ausländerintegration an Polizeiaktivitäten müssten entweder eine Stelle für einen Integrationsbeauftragten beim Departement des Innern (EDI), oder ein verschiedenen Departementen unterstelltes Büro für Integration geschaffen werden, sagte Mariano Pacheco, Zentralsekretär bei der Gewerkschaft GBI. Die vom Bund für 2001 in Aussicht gestellten fünf Millionen Franken für Integrationsaufgaben seien absolut ungenügend, weshalb neben strukturellen Neuerungen auch eine massive Aufstockung des “Integrationsbudgets” erfolgen müsse.

Der mit sofortiger Wirkung zurückgetretene Präsident der EKA, der ehemalige Tessiner CVP-Nationalrat Fulvio Caccia, sieht eine wesentliche Ursache der aktuellen Krise bei der Vorsteherin des EJPD, Bundesrätin Ruth Metzler, und ihrem Umfeld. Es sei zwar möglich, die Kommission rasch wieder aufzustocken; in diesem Fall bestehe jedoch die Gefahr, dass lediglich eine “Alibi-Kommission” mit wenig Rückhalt bei den in der Schweiz lebenden Ausländerinnen und Ausländern zustande komme. Caccia würdigte in seiner Bilanz die positiven Resultate, die er während neun Jahren an der Spitze der EKA zusammen mit “echten Repräsentanten” der Ausländergemeinschaft erzielen konnte. Er kritisierte jedoch den schwachen Stellenwert der Kommission bei operativen Entscheiden und die grosse Energie- und Zeitverschwendung bei der Bewältigung von Schwierigkeiten innerhalb der Bundesverwaltung. Vor diesem Hintergrund erachte er sein Mandat definitiv für beendet, die Integrationsarbeit mit echten Vertretern der direkt Betroffenen müsse jedoch weitergehen. In diesem Sinn sei der Rücktritt von rund der Hälfte der EKA-Mitglieder ein Aufruf für gegenseitiges Vertrauen und gegen Abschottung.

Nach Darstellung des Schweizerischen Städteverbands hat sich der Bund bisher nur ungenügend um die Ausländerintegration gekümmert. Vor allem die finanziellen Mittel seien absolut ungenügend, sagte der Präsident des Verbands, der St. Galler Stadtammann Heinz Christen, am Donnerstag an einem Seminar in Bern. Der Verband sei wenig erfreut, dass der Bundesrat die von der EKA beantragten 15 Millionen Franken auf fünf Millionen gekürzt habe und diese Summe erst im Jahr 2001 zur Verfügung stellen wolle. Viele Städte und Gemeinden hätten Integrationsmassnahmen und -konzepte entwickelt, die sie jetzt umsetzen möchten. Um die Zusammenarbeit zu fördern und den Dialog zwischen den Verantwortungsträgern zu verbessern, schlug Christen den Einsatz einer Projektgruppe vor, dem Verantwortliche aus Bund, Kantonen und Gemeinden angehören sollen.

SRI und Agenturen

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