Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Partner-Gewalt: Frauen suchen Schutz in Frauenhäusern

763 misshandelte Frauen haben 1999 in einem Frauenhaus in der Schweiz Zuflucht gefunden Keystone

In der Schweiz suchen jede Nacht durchschnittlich 124 Frauen und Kinder in einem Frauenhaus Schutz, gaben Vertreterinnen von Frauenhäusern bekannt. Es sind Frauen, die vor der Gewalt ihres Partners flüchten.

“Sie haben körperliche oder seelische Misshandlung erlebt, sind häufig traumatisiert und verlassen ihre Wohnung, weil die Gefahr zuhause zu gross ist”, erklärten die Frauenhaus-Mitarbeiterinnen an einer Medienkonferenz am Freitag (15.12.) in Bern. Im völlig anonym arbeitenden Frauenhaus finden die Frauen Schutz, Sicherheit und professionelle Beratung.

Letztes Jahr haben in der Schweiz 763 Frauen und 762 Kinder in einem Frauenhaus Zuflucht gesucht. Das macht ein Total von 1’525 Personen mit 45’322 Übernachtungen.

Gewalt in der Partnerschaft bekämpfen

1977 wurde in der Schweiz das erste Frauenhaus in Genf eröffnet. In der Folge entstanden in vielen Städten Frauenhäuser, das letzte öffnete vor knapp zwei Jahren in Thun seine Türen.

Das Ziel der Frauenhäuser ist, jegliche Form von Gewalt gegen Frauen in der Partnerschaft zu bekämpfen. Um die Ressourcen zu vereinen, hat die Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz und Liechtensteins eine PR-Kommission gebildet, die sich jetzt an die Öffentlichkeit wandte.

Bund soll sich finanziell beteiligen

1999 betrug das Gesamtbudget der 15 Frauenhäuser 8,8 Mio. Franken. Knapp 60 Prozent davon übernahmen Kantone und Gemeinden. 26 Prozent wurden von Kostgeldern gedeckt, 14 Prozent mit privaten Spenden.

Die Frauenhäuser verlangen nun vom Bund eine finanzielle Unterstützung als Anerkennung für ihre Arbeit.

Weiter werden gesetzliche Änderungen im Zivil- und Strafrecht gefordert, um die Frauen besser zu schützen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Ein Gesetz gegen die Gewalt in der Partnerschaft, wie es in anderen Ländern existiere, wäre ein greifbares Zeichen dafür, wurde erklärt.

“Gewalt kennt keine Grenzen”

“Gewalt gegen Frauen und Kinder hat viele Formen”, betonten die Frauenhaus-Vertreterinnen. Sie werde in der Regel von Männern ausgeübt und treffe Frauen und Kinder jeden Alters und in jeder Lebenssituation, unabhängig von Nationalität und Schicht-Zugehörigkeit.

Zum Beispiel Madleine S.

Hilfe im Frauenhaus fand auch die 35-jährige Schweizerin Madleine S. Sie ist Mutter von zwei Kleinkindern. Ihr Mann schlug sie täglich. Im vergangenen Sommer floh sie ins Frauenhaus. Dort erhielt sie neben therapeutischer Hilfe auch Rechtsberatung. “Ohne Frauenhaus hätte ich es nicht geschafft, aus meiner schwierigen Situation herauszukommen”, erklärt Madleine S. gegenüber Swissinfo. Jetzt lebt sie von ihrem Mann getrennt. Aber die Angst vor ihm habe sie noch nicht überwunden, fügt sie hinzu.

Alina Kunz Popper

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft