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Radprofi Camenzind erklärt sofortigen Rücktritt

Oscar Camenzind zog die Konsequenzen aus seinem Betrug mit EPO. Keystone

Out bei den Olympischen Spielen, Entlassung durch das Schweizer Team Phonak: EPO-Sünder Oscar Camenzind ist am Dienstag zurückgetreten.

Er habe «die dümmste aller Methoden gewählt, um wieder auf Touren zu kommen», entschuldigte sich der 32-jährige Schwyzer.

Am Montag ist die Bombe vom positiven EPO-Test von Oscar Camenzind geplatzt. Am Dienstag hat sich der Schweizer Ex-Weltmeister an einer Medienkonferenz in Luzern nun der Öffentlichkeit gestellt.

Als Konsequenz aus seinem Vergehen verkündete der 32-jährige Gersauer seinen sofortigen Rücktritt. Damit kam Camenzind einer zweijährigen Sperre durch den Radsport-Verband Swiss Cycling zuvor.

Sofort sanktioniert

Bereits am Tag des Bekanntwerdens seines Doping-Vergehens wurde er vom Start des Olympischen Strassenrennens ausgeschlossen, das am Samstag in Athen stattfindet. Ebenfalls noch am Montag entliess das Schweizer Phonak-Team den Sünder mit sofortiger Wirkung aus dem Vertrag.

Camenzind, der in Luzern einen deprimierten Eindruck machte, gab zu, «die dümmste aller Methoden gewählt zu haben, um auf gute Resultate zu kommen». Seine Handlung sei im Prinzip unentschuldbar.

Unter Leistungsdruck

Als Grund für den Griff zum Blut-Dopingmittel EPO gab er vor allem selbst auferlegten Druck an. Dennoch sei die Veröffentlichung des Falls am Montag letztlich befreiend gewesen.

Seit rund zwei Jahren und der Erkrankung an Pfeifferschem Drüsenfieber habe er nicht mehr die gewünschten Resultate erreicht, so der 32-Jährige.

In dieser Zeit sei der Entschluss gereift, erstmals EPO zu nehmen. Rund zweieinhalb Jahre lang habe er mit sich gerungen. «Ich hatte mir selber Druck aufgesetzt, schliesslich war ich bei Phonak einer der Teamleader.» Der Zeitraum mit einem praktisch rennfreien Juli vor dem olympischen Strassenrennen am 14. August sei dafür quasi ideal gewesen.

Kontrolle en Route

Dies war indes auch den Dopingkommissären nicht unbekannt; sie hielten Camenzind am 22. Juli während einer Trainingsfahrt an und verlangten die verhängnisvolle Urinprobe.

Es sei ihm sofort bewusst geworden, dass er in die Falle getappt sei – wie ein betrunkener Autofahrer, der von einem Polizisten gestoppt werde. Er sei sich des Risikos sehr wohl bewusst gewesen, da er im Verlauf seiner Karriere häufig kontrolliert worden war.

Pech gehabt

Das EPO hatte er sich nach eigener Aussage fünf Tage zuvor in den Oberarm gespritzt. Im Urin ist die Substanz zwischen drei und sieben Tagen nachweisbar. Gekauft habe er das Mittel von einem ihm bekannten Mann, der nicht aus dem sportlichen Umfeld stamme.

Dass er einen grossen Teil seiner Glaubwürdigkeit eingebüsst hat, ist sich Camenzind bewusst. Gleichwohl betonte er, dass er den WM-Titel 1998 «sauber» gewonnen habe. Kenner der Szene zweifeln indes an der Wahrheit der Behauptung, zum ersten Mal EPO genommen zu haben, wenn auch Camenzinds Ruf während seiner Karriere meistens gut war.

Güselsack-Affäre anno 1999

Camenzind war vor allem 1999 in ein schiefes Licht geraten, als Betreuer seines damaligen Lampre-Teams während einer Tour-de-Suisse-Etappe von Journalisten beobachtet wurden, wie sie unterwegs einen Kehrichtsack entsorgten.

Der Sack enthielt leere Spritzen, mit denen EPO iniziiert worden war sowie leere Schachteln von Medikamenten, die auf der Dopingliste figurierten. Doch die Funktionäre liessen «mangels Beweisen» Gnade walten und der Vorfall hatte keine Konsequenzen.

Der des Dopings Überführte richtet den Blick nun nach vorne. Noch weiss der gelernte Postbeamte allerdings nicht, in welche Richtung es gehen soll. Phonaks Team-Manager Urs Freuler schloss eine Rückkehr in die Mannschaft in einer anderen Funktion nicht explizit aus.

«Null-Toleranz» in Athen

Drei Tage vor Eröffnung der Olympischen Spiele kündigte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), der Belgier Jacques Rogge, für Athen in Sachen Doping und Korruption die strikte Null-Toleranz an.

«Das unmoralische Verhalten Einzelner darf keinen Schatten auf den ganzen Anlass werfen», warnte Rogge. «Ich bin wegen des Verhaltens einiger Personen sehr zornig, weil sie damit eine schöne Bewegung schädigen, eine Bewegung von Amateuren, die den Sport lieben.»

Rogge meinte damit nicht nur Camenzind und fünf andere Olympia-Athleten, die am Montag als Dopingsünder entlarvt worden waren. Rogge spielte auch auf Ivan Slavkov an, der am Samstag wegen Korruptions-Verdachts als IOC-Mitglied suspendiert worden war.

swissinfo und Agenturen

Die Schweizer Fahrer im olympischen Strassenrennen von nächstem Samstag:
Rubens Bertogliati, Fabian Cancellara, Martin Elmiger, Markus Zberg.
Zeitfahren: Fabian Cancellara und Rubens Bertogliati.
Swiss Cycling hat Gregory Rast als Ersatzfahrer für Camenzind nachnominiert.

Der Schweizer Radprofi Oscar Camenzind ist nach einem positiven Doping-Test per sofort zurückgetreten.

Der Weltmeister von 1998 entschuldigte sich beim Team Phonak und seinen Fans für sein illegales Verhalten.

Bereits am Montag war Camenzind von der Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Athen ausgeschlossen und von seinem Team mit sofortiger Wirkung entlassen worden.

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