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Schluss mit Gewalt an Kindern

Gestellte Aufnahme: Viele Kinder werden auch heute noch geohrfeigt. Keystone

Körperstrafen an Kindern sollen in der Schweiz gesetzlich verboten werden. Fachleute, Eltern und Kinder sollen für dieses Thema sensibilisiert werden.

Diese Forderungen gehören zu einem umfassenden Präventionskonzept, das die Zentralstelle des Bundes für Familienfragen ausgearbeitet hat.

Auch in der Schweiz werden Kinder geschlagen, vernachlässigt und missbraucht. Oft sind sie das Opfer von Eltern, Verwandten und Bekannten, seltener von Fremden, von Pädophilen oder kriminellen Netzen. Im Kampf gegen die Gewalt gegen Kinder sei das Engagement aller gefordert, heisst es im Vorwort der 151 Seiten starken Studie.

Entsprechend umfassend angelegt ist das am Dienstag veröffentlichte Präventionskonzept. Es reicht von gesetzgeberischen Schritten über eine bessere Ausbildung der mit Kinder arbeitenden Fachleute bis hin zu Massnahmen zur Unterstützung von Eltern, Kindern und Familien. Generell dränge sich ein «Mentalitätswandel in Bezug auf Gewalt» auf.

Neue Fachstelle und Kampagnen gefordert

Auf der Ebene des Bundes fordert das Konzept die Schaffung einer «Schweizerischen Fachstelle für die Prävention von Kindsmisshandlung». Diese Stelle soll für Aus- und Weiterbildung, für Forschung und für Öffentlichkeitsarbeit zuständig sein. Landesweit soll der Bund Informations- und Aufklärungskampagnen durchführen.

Körperstrafen und erniedrigendes oder entwürdigendes Verhalten gegenüber Kindern sollten nach Ansicht von Experten gesetzlich verboten werden. Nötig sei neben weiteren gesetzlichen Anpassungen auch eine verstärkte internationale Zusammenarbeit, beispielsweise im Kampf gegen Sextourismus, Pädophilie und Pornographie.

Die Rechte, Anliegen und Bedürfnisse der Kinder sollen in der Verwaltung besser vertreten sein. Unter anderem regt die Studie eine «Kinderverträglichkeitsprüfung» für Vorhaben an. Öffentliche Instanzen und Verbände, die sich gegen die Gewalt an Kindern einsetzen, soll der Bund finanziell unterstützen.

Kinderfreundliche Arbeitswelt

Die Kantone sollen beispielsweise lokale öffentliche wie private Aktionen koordinieren, die Prävention in der Schule unterstützen, eine frühzeitige Vorbereitung auf die Elternschaft fördern und für die Ausbildung der Behördenmitglieder sorgen.

Von den Gemeinden wird in der Studie unter anderem erwartet, dass sie das Gemeinschaftsleben in den Quartieren fördern.

Wer sich beruflich (auch) mit Kindern befasst, soll sich zwingend Kenntnisse über Kinderschutz aneignen müssen. Auch die Arbeitswelt soll kinderfreundlicher werden: Das Konzept verlangt familiengerechte Arbeitszeiten, eine gerechte Verteilung der Erwerbsarbeit und ein Einkommen, das nicht unter der Armutsgrenze liegt.

Die Gewaltprävention werde nicht gratis sein, hält die Studie fest. Mit ihr könne aber auch viel Geld eingespart werden. Die Folgekosten der Gewalt an Kindern für Therapie, Polizei, Gerichte, Strafvollzug, Sozialhilfe, Beratung, Opferhilfe usw. seien zwar nicht berechnet worden, mit Sicherheit aber immens.

swissinfo und Agenturen

In den Industrieländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sterben jährlich 3500 Kinder wegen Misshandlung.

Unicef, das Kinderrechtskomitee der UNO, kritisiert die Tatsache, dass die Körperstrafe an Kindern in der Schweiz nicht total verboten ist.

1997 hat die Schweiz die internationale Konvention über die Kinderrechte ratifiziert. Doch für Unicef sind die getroffenen Begleitmassnahmen nicht genug.

Unicef fordert die Schweiz auf, sämtliche Formen von körperlicher Strafe zu verbieten, Sensibilisierungsarbeit zu leisten und alternative Disziplinarmassnahmen zu fördern.

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