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Skyguide: Klagen in den USA

71 Menschen starben Anfang Juli beim Crash über Überlingen. Keystone

Der Schweizer Flugsicherung Skyguide drohen wegen der Flugzeugkatastrophe über dem Bodensee Schadenersatz-Forderungen in Millionenhöhe.

Zwei deutsche Anwälte wollen in den kommenden Wochen in den USA eine Sammelklage der Angehörigen von 40 Opfern einreichen.

Auf 20 Mio. Dollar beläuft sich die erste Schadenersatzklage gegen Skyguide, die im Namen der Hinterbliebenen der zwölf Besatzungsmitglieder der Maschine der Bashkirian Airlines eingereicht wurde.

Jetzt drohen Skyguide weitere Forderungen in Millionenhöhe. Die beiden deutschen Anwälte Michael Witti und Gerrit Wilmans haben ein Mandat der russischen Hinterbliebenen von 40 der in der Flugzeugkatastrophe getöteten Kindern. Durch eine Sammelklage in den USA wollen sie Skyguide zu Schadenersatz-Zahlungen zwingen.

Klage de jure gegen andere Firmen…

Witti sagte am Dienstag an einer Medienkonferenz in Kloten, Skyguide werde gemäss den Akten zum Hergang des Unglücks enorm belastet. Dass der Umweg über die USA erfolge, gehöre zum Handwerkszeug von auf Grosskatastrophen spezialisierten Juristen.

Da Skyguide in den USA nicht direkt beklagt werden kann, richtet sich die Klage gegen das US-Unternehmen Honeywell, Herstellerin des Kollisionswarnsystems, sowie gegen den Kurierdienst DHL, dessen Boeing am vergangenen 1. Juli mit der russischen Maschine zusammengeprallt war.

… mit Hoffnung auf Regress gegen Skyguide

Erste Untersuchungs-Ergebnisse liessen auf Fehler der DHL-Piloten schliessen, sagte Wilmans. Sollte die Klage in den USA funktionieren, könne sicher ein Regress gestaltet werden, sagte Witti: “Wie der aussieht und ob er auf Skyguide, die Versicherungen oder sonst wen zurückfällt, ist uns eigentlich egal.”

Skyguide und die Winterthur-Versicherung hätten sich bislang jeglichen Gesprächen verweigert, kritisierte Witti. Die Haftung werde auf Deutschland abgeschoben. Er sei sicher, dass die Klage nun zu sachlichen Gesprächen führen werde.

Die beiden Anwälte planen, ihre Klage mit derjenigen der Angehörigen der getöteten Besatzungsmitglieder zusammenzulegen, wie Witti sagte. Weitere Klagen würden von einem Anwalt in Florida vorbereitet. Mit der Frage nach der Höhe der Forderungen wolle er nicht konfrontiert werden, sagte Witti: “Sollte die Klage ein Erfolg werden, verdienen wir gut.”

Die Rechtslage sei sehr interessant, so Witti weiter. Im Prinzip sei Deutschland für die Katastrophe haftbar, da Skyguide mit der Flugsicherung auch deutsche Hoheitsbefugnisse ausübe. Da der Staatsvertrag noch nicht ratifiziert sei, existiere diese Befugnis eigentlich nicht. Es sei möglich, dass auch Deutschland in die Klage miteinbezogen werde.

Skyguide: Unfallbericht abwarten

Skyguide äusserte sich zu der Sammelklage nicht. Es sei richtig, dass Witti bislang Gespräche verweigert worden seien, sagte Skyguide-Sprecher Patrick Herr auf Anfrage. Grund sei, dass noch kein abschliessender Unfallbericht vorliege und auf juristischer Ebene noch Unklarheiten herrschten.

swissinfo und Agenturen

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