
Sonja Nef tritt zurück

Die Karriere der Schweizer Skirennläuferin Sonja Nef ist zu Ende. Die 33-jährige Appenzellerin hat an den Olympischen Winterspiele ihren Rücktritt erklärt.
Insgesamt stand Sonja Nef 32 Mal auf einem Weltcup-Podest, davon 15 Mal zuoberst, und war 94 Mal unter den ersten zehn klassiert.
An den Olympischen Spielen machte Sonja Nef, die Appenzellerin aus Grub (AR), einen definitiven Strich unter ihre Karriere. Im Swiss House von Sestriere nahm sie mit Emotionen und Tränen Abschied von der Skiszene. Was Sonja Nef nun nach dem Spitzensport macht, steht noch nicht fest.
Wehmut schwang mit. Lieber hätte sich Sonja Nef, die am 19. April 34-jährig wird, als Olympia-Teilnehmerin oder strahlende Siegerin verabschiedet. Nun reiste sie, nach verpasster Qualifikation, als Privatperson ins Piemont, um an einer der Stätten ihrer grössten Erfolge (3 Siege und 5 Podestplätze) ihren Rücktritt mitzuteilen.
«Swiss-Ski verliert eine einzigartige Sportlerin und Botschafterin», würdigte sie Gian Gilli, Chef Leistungssport bei Swiss-Ski. Sie wird eine riesige Lücke hinterlassen.»
Im Olympia-Slalom vom Mittwochabend ist, zum ersten Mal in der Geschichte, keine einzige Schweizerin am Start.
Eine der Grossen des Skisports
Mit Sonja Nef tritt die letzte grosse Schweizer Ski-Königin ab. Nur Vreni Schneider (55), Erika Hess (31), Michela Figini (26), Maria Walliser (25), Marie-Theres Nadig (24) und Lise-Marie Morerod (24) haben mehr Weltcupsiege errungen als sie. Insgesamt stand sie 32 Mal auf einem Weltcup-Podest, davon 15 Mal zuoberst, und war 94 Mal unter den ersten zehn klassiert.
Dabei deutete wenig auf eine solche Karriere hin. «Nach einem schweren Ski-Unfall als 16-Jährige haben damals sämtliche konsultierten Ärzte eine Ski-Karriere ausgeschlossen», blendet die Appenzellerin in ihre Jugend zurück.
Allein ihr rechtes Knie musste sieben Mal operiert werden, der Schmerz war ihr ständiger Begleiter.
Saison 2001 und WM-Titel als Höhepunkt
Den Höhepunkt ihrer Laufbahn bildet der WM-Titel im Riesenslalom 2001 in St. Anton, nachdem sie fünf Jahre vorher in der Sierra Nevada als Leaderin ausgeschieden war.
An den Olympischen Spielen 2002 war sie die einige Schweizer Alpin-Skirennfahrerin, die in Salt Lake City eine Medaille gewann. Als Dritte im Riesenslalom hinter Janica Kostelic und Anja Pärson.
Zu Sestriere, wo sie nun ihren Rücktritt verkündete, hat Sonja Nef eine besonders enge Beziehung. Da gewann sie vor genau zehn Jahren ihr erstes Weltcuprennen, einen Slalom unter Flutlicht.
«Als Königinnen der Nacht wurden wir damals gefeiert», erinnert sich Sonja Nef, die dann aber drei Jahre warten musste, bis ihre eigentliche Siegesserie einsetzte.
Ihre beste Saison erlebte sie 2001, als sie neben dem WM-Titel noch fünf Riesenslaloms sowie den Disziplinen-Weltcup gewann und beim Weltcup-Finale in Are auch noch ihren zweiten Slalom.
«Von den Jungen überrollt»
Ein Jahr später verteidigte sie diesen Disziplinen-Weltcup. Der letzte Abschnitt ihrer zwölfjährigen Weltcup-Karriere verlief anders als geplant.
Bei Materialtests im März 2003 zog sie sich einen Kreuzbandriss zu, nach dem sie nie mehr vollständig zu ihrer früheren Form zurückfand. Im Januar 2003 feierte sie in Bormio ihren letzten (Riesenslalom-)Sieg. Im November 2003 stand sie, als Zweite im Slalom von Park City, zum letzten Mal auf dem Podest.
Abnützungserscheinungen, weitere kleine Verletzungen und am Schluss noch eine lästige Hüftgelenkentzündung setzten selbst einer Fighterin wie Sonja Nef zu.
Dazu zollte sie auch ihrem Alter Tribut. «Die Jungen haben mich überrollt», macht sich Sonja Nef kein A für ein O vor.
Schon 2002 in Salt Lake City war sie die älteste Olympia-Medaillengewinnerin aller Zeiten im Riesenslalom, und 2003 die älteste Weltcup-Podestfahrerin im Slalom. Mit Anita Wachter gibt es nur eine Fahrerin, die bei ihrem letzten Weltcupsieg im Riesenslalom noch älter war.
Zwar wurde die «Ehrenrunde» Nefs in diesem Winter eher zu einem Canossa-Gang, mit bescheidenen Klassierungen in den Positionen 20 bis 23. Olympia 2006 blieb ein Traum, wurde nun aber wenigstens zur würdigen Plattform für ihren letzten grossen Auftritt.
swissinfo und Richard Hegglin (sda), Sestriere
Sonja Nef wurde am 19. April 1972 geboren.
Ihr erstes Weltcuprennen – einen Riesenslalom – beendete sie 1993 auf Rang 22.
Dann gewann sie 15 Rennen.
2001 und 2002 gewann Sonja Nef den Riesenslalom-Weltcup.
2001 wurde sie im österreichischen St. Anton Weltmeisterin im Riesenslalom und gewann 2002 die Bronzemedaille an den Olympischen Spielen in Salt Lake City.
Im Februar 2003 musste sie sich der 7. Knieoperation unterziehen.
Seither ist sie nie mehr an die Spitze zurückgekehrt.
Am Dienstag hat Sonja Nef in Sestriere – während der Olympischen Spiele in Turin, an denen sie nicht mehr teilnimmt, ihren definitiven Rücktritt erklärt.

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