Aufstand in Kosovo: Schweizer in den vordersten Reihen
Die kosovo-albanische Oppositionsbewegung mobilisiert auch Schweizer mit kosovarischem Hintergrund. Dies zeigen Recherchen der Sendung "Rundschau" des Schweizer Fernsehens SRF. Die Bewegung "Vetëvendosje" campiert gegenwärtig vor dem Parlament in Pristina. Sie will die Wahl von Hashim Thaçi zum Präsidenten verhindern. Das Land steht vor einer Zerreissprobe.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
3 Minuten
swissinfo.ch und SRF, Georg Häsler Sansano und Idro Seferi, swissinfo.ch und SRF
«Nieder mit der Regierung!» Die Proteste in Kosovo reissen nicht ab. Am Unabhängigkeitstag vor einer Woche demonstrierten Zehntausende. Darunter auch eine Gruppe aus der Schweiz.
Es sind kosovarische Secondos mit Schweizer Pass, guter Ausbildung und revolutionärem Geist – wie Betriebsökonomin Njomza Gutaj aus dem Kanton Zürich: «Die Korruption der Regierung und die sozialen Missstände sind nicht mehr haltbar. Ich bin hier, weil ich meine Familie unterstützen will. Damit sie in Kosovo ein besseres Leben hat.» Gutaj ist im Vorstand von Vetëvendosje Schweiz. Die grösste Oppositionsbewegung Kosovos hat eine Schweizer Sektion.
Externer Inhalt
(SRF Rundschau; Teile in Dialekt, für Untertitelung «UT» anklicken.)
Vereinigung mit Albanien und Tränengas
Vetëvendosje heisst Selbstbestimmung – und ist umstritten: Ihr Gründer Albin Kurti fordert das Recht Kosovos, über die Vereinigung mit Albanien abzustimmen. Die internationale Gemeinschaft fürchtet ein Grossalbanien.
Einen serbischen Gemeindeverband innerhalb Kosovos bekämpft die Bewegung mit Tränengasattacken im Parlament. Verantwortlich: Der Schweizer Faton Topalli, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei (SP) aus Schaffhausen und jetzt Abgeordneter von Vetëvendosje. Das Abkommen verstosse gegen die Verfassung, so Topalli: «Da braucht es etwas Tränengas, damit die Leute besser sehen können.»
Eidgenössische Abstimmungen: Abstimmungsthemen besser verstehen, informiert abstimmen und einfach auf die Ergebnisse und Analysen der Abstimmung zugreifen. Abonnieren Sie unseren Newsletter.
Albin Kurti begrüsst das Engagement der Schweizer Diaspora für seine Sache. Er sei interessiert an ihrer guten Ausbildung: «Die albanische Jugend, die in der Schweiz lebt, hat höhere Ambitionen für Kosovo als die Albaner, die in Kosovo selbst leben. Die Albaner in der Schweiz wissen, wie sich die Verhältnisse verändern lassen.»
Die Schweizer Sektion bestreitet, die Geldbeschaffungsmaschine von Vetëvendosje zu sein – im Gegenteil, betont Gutaj: «Die Bewegung interessiert sich für unsere Erfahrungen und Inputs. Man kann nicht jeden Tag an einer Staatsgestaltung dabei sein.»
Enge Verbindungen zur SP
Zwischen Vetëvendosje und der SP Schweiz gibt es enge Verbindungen: Ideologisch und personell über Doppelmitgliedschaften in beiden Parteien. Die Schweizer Sektion von Vetëvendosje will die Beziehungen vertiefen, um die albanischsprachigen Schweizer politisch zu aktivieren.
Die SP begrüsst dies, geht aber auch auf Distanz. Peter Hug, internationaler Sekretär der SP, hält fest: «Das Führen von Parlamentsdebatten mit Tränengas und die Vereinigung mit Albanien sind für uns absolute ‹No-Gos›. Aber bei 80 Prozent Übereinstimmung mit der Bewegung sollen 20 Prozent nicht zum Abbruch der Beziehungen führen. Wir setzen auf einen kritischen, solidarischen Dialog.»
Meistgelesen Swiss Abroad
Mehr
Freiburger gründet «Tinder der Berge» für die Liebe in der Höhe
Soll der Verkauf von Rohmilch verboten werden oder sollen Konsumentinnen und Konsumenten selbst entscheiden?
In der Schweiz verbietet das Lebensmittelgesetz den Verkauf von Rohmilch zum direkten Verzehr. Ein Schlupfloch erlaubt dies jedoch in 400 Rohmilchautomaten.
Ist eine Reform des Schweizer Rentensystems noch möglich, und wenn ja, wie?
Es müssen noch Lösungen gefunden werden, um die Herausforderung einer alternden Bevölkerung zu bewältigen und die Renten von Geringverdienenden, mehrheitlich Frauen, zu verbessern.
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
«Gute Migranten»: das Glück des Schweizer Fussballs
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Sein balkanisch klingender Name ist seit dem 15. Juni in aller Munde: Haris Seferovic, der Torschütze, welcher der Schweizer Nationalmannschaft im WM-Antrittsmatch gegen Ecuador mit dem 2:1 praktisch in letzter Sekunde den Sieg und damit drei Punkte sicherte. Bereits 2009 war er es, der im Final der U17-Weltmeisterschaft in Nigeria gegen den Gastgeber das einzige…
Sechs Grafiken für ein besseres Verständnis der Migration
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Noch nie haben so viele Flüchtlinge versucht, Europa über das Mittelmeer zu erreichen, wie in den ersten acht Monaten des Jahres 2015. Rund 432’000 Menschen sind seit Jahresbeginn über diese Route nach Europa geflohen. Im Vergleich zum ganzen Jahr 2014 hat sich die Zahl der an den europäischen Küsten eintreffenden Flüchtlinge demnach bereits mehr als…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
In den letzten Monaten sind Syrer in belagerten Gegenden nicht nur wegen der Kämpe, sondern auch an Hunger, Durst, Krankheiten und nun auch an der Kälte gestorben. Als es kein Mehl mehr gab, machten sie Brot aus Linsen, und als keine Linsen mehr da waren, assen sie Katzen, Hunde und Esel. Kinder essen in ihrer…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Ich sage meinen Angestellten in Pristina immer: Hier sind wir in der Schweiz, der Kosovo beginnt jenseits des Fensters», sagt Drenusha Shala, Leiterin eines Call CenterExterner Link in der kosovarischen Hauptstadt. «Wir haben die schweizerische Arbeitsmentalität in den Kosovo mitgebracht: Effizienz, Präzision, Qualitätsbewusstsein und Konstanz», unterstreicht die junge Unternehmerin, die in Greifensee im Kanton Zürich…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Swisscoy ist seit 1999 als Teil der multinationalen KFOR in Kosovo im Einsatz. Seit Beginn haben sich rund 4200 Armee-Angehörige am Einsatz beteiligt. Seit 2002 sind die Schweizer Soldaten zum Selbstschutz auch bewaffnet. Das Interesse der Schweiz an Stabilität und Sicherheit in Kosovo ist gross. Zur Zeit besteht die Truppe aus 220 Personen. (Bilder:…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Sowohl in der Schweiz wie in anderen westlichen Ländern hat sich der öffentliche Diskurs über Zugewanderte verändert. Türken, Marokkaner und Kosovo-Albaner werden heute pauschal als Muslime etikettiert. Der Islam ist zur Religion der Anderen geworden. Katholische Albaner oder Kopten aus Ägypten weisen gerne darauf hin, dass sie Christen sind, um das Gemeinsame ihres Herkunftslandes und…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Behgjet Pacolli erscheint in topfit und braungebrannt zum Interviewtermin im Swiss Diamond Hotel. Er ist der Besitzer dieses eleganten Hotels am Ufer des Luganer-Sees. Das Fünf-Stern-Haus befindet sich in unmittelbarer Nähe zu Melide, der Schweizer Wohngemeinde von Pacollis Familie. swissinfo.ch: Welche Bilanz ziehen Sie nach den ersten 20 Monaten ihrer Regierung in Bezug auf die Auslandbeziehungen?…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Dies geht aus einem am Dienstag veröffentlichten vorläufigen Bericht des Europaratsabgeordneten und Tessiner FDP-Ständerats Dick Marty zuhanden des Europarats hervor. Westliche Länder hätten von den Verbrechen gewusst, diese aber ignoriert. Deshalb seien sie mitschuldig, heisst es darin. Marty schreibt in dem Bericht von erheblichen Beweisen, dass die UCK nach dem Kosovokrieg 1998-99 im Norden Albaniens…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Am 17. Februar 2008 erklärte die ehemalige serbische Provinz ihre Unabhängigkeit. Die Schweizer Regierung war unter den ersten, die Kosovo als unabhängigen Staat anerkannten. 92% der 2,2 Mio. Bewohner sind Albaner. Im Norden sind die Serben aber noch immer in der Mehrheit.
Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Fast fertig... Wir müssen Ihre E-Mail-Adresse bestätigen. Um den Anmeldeprozess zu beenden, klicken Sie bitte den Link in der E-Mail an, die wir Ihnen geschickt haben.
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch