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Schlammlawine bei Grindelwald fordert drei Todesopfer

Rechts der verschüttete Wanderweg, links der Bärgelbach. Keystone

Eine Schlammlawine hat am Sonntag (06.08.) bei Grindelwald im Berner Oberland drei Wanderer in den Tod gerissen. Bei den Toten handelt es sich um einen einheimischen Bergführer sowie um zwei Mitglieder einer 20-köpfigen Touristengruppe aus den USA.

Die Lawine ging auf einen Wanderweg nieder, der als völlig sicher galt.

Die Touristengruppe war am Sonntagmorgen in Begleitung zweier einheimischer Bergführer zu einer Wanderung von Grindelwald-First nach der Grossen Scheidegg aufgebrochen.

“Es handelte sich um ein Schlechtwetterprogramm”, sagte der Grindelwaldner Rettungschef Kurt Amacher am Abend nach dem Unglück. “Der Weg hat stets als völlig ungefährlich gegolten. Das ist das, was man bei diesem Wetter noch machen kann.”

Auf einer Höhe von rund 2’000 Metern im Gebiet der so genannten “Grindel-Oberläger” löste sich kurz nach Mittag die Schlammlawine oberhalb des Wanderwegs.

Die Anrissstelle lag laut Amacher rund 15 Meter oberhalb des Wegs. “Auf einer Breite von etwa 20 Metern rutschte die Erde wie ein Teppich ab”, berichtete der Rettungschef des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) weiter.

Nach Angaben der Kantonspolizei Bern wurden fünf Mitglieder der Wandergruppe erfasst. Zwei von ihnen konnten sich selber befreien und blieben unverletzt.

Die anderen drei wurden rund 20 Meter tief in ein ein Bachbett hinunter gerissen, wie der Rettungschef berichtete. “Dann hat sich der Bach einen Moment lang gestaut, bevor die drei Verschütteten von einer Flutwelle mitgerissen wurden”, sagte Amacher.

Gefahr von Nachlawinen

Die Rettungsaktion gestaltete sich gemäss Amacher äusserst dramatisch. “Ich habe wahnsinnig Angst gehabt, dass es zu Nachlawinen kommen könnte”, sagte er. Wären weitere Erdmassen in den steilen Bergbach zwischen zwei Felsköpfen gestürzt, hätte sich eine riesige Flutwelle lösen können.

Als erstes seien die unverletzten Mitglieder der Gruppe in Sicherheit gebracht worden. Die rund 20-köpfige Rettungsequipe habe sich von der Anrissstelle aus einen Überblick über das Geschehen verschafft. Für die drei mitgerissenen Mitglieder der Gruppe kam jede Hilfe zu spät.

“Sie sind entweder ertrunken oder erschlagen worden”, sagte Amacher. Zwei von ihnen seien rund einen Kilometer von der Unglücksstelle entfernt in einer etwa 50 Meter tiefen Schlucht mit der Seilwinde aus dem Bergbach geborgen worden.

Bei einem der Toten handelt es sich um einen Grindelwaldner Bergführer. Die anderen beiden Opfer sind nach den Worten von Amacher höchstwahrscheinlich amerikanische Touristen. Ihre Identifikation war am späten Sonntagabend aber noch nicht abgeschlossen.

Dauerregen als Ursache vermutet

Die Berner Kantonspolizei leitete eine Ermittlung über die Unglücksursache ein. Nach Auskunft von Amacher dürfte sich die Schlammlawine wegen der enormen Regenfälle der vergangenen Tage gelöst haben. Die Hänge seien so von Wasser gesättigt, dass sie ins Rutschen gerieten.

Den beiden Bergführern, die mit der Gruppe zur Wanderung aufgebrochen waren, kann nach Einschätzung des Rettungschefs aber kein Vorwurf gemacht werden. “Ich bin seit mehr als 30 Jahren hier, und noch nie war etwas Ähnliches in der Gegend passiert”, sagte Amacher.

Auch ältere Menschen in Grindelwald könnten sich nicht an gefährliche Zwischenfälle in dieser Region erinnern. Der Hang an der Unglücksstelle sei nicht extrem steil. “Es handelt sich um eine Region, wo sonst Vieh weidet”, sagte der Rettungschef.

Die unverletzt gebliebenen Mitglieder der Wandergruppe wurden zur Bahnstation Schreckfeld und von dort in ihr Hotel nach Grindelwald gebracht. Der psychologische Dienst der Kantonspolizei Bern richtete eine Betreuung ein.

swissinfo und Agenturen

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