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Benjamin Roduit: «Auslandschweizer müssen ihre politischen Rechte behalten können»

Benjamin Rodui
«Man müsste mich aus dem Land werfen, damit ich überhaupt übers Auswandern nachdenke», sagt Benjamin Roduit. Katy Romy


Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit setzt sich dafür ein, dass die Nachkommen von Auslandschweizern ihre Staatsbürgerschaft behalten oder wiedererlangen können. Hier erklärt er seine Beweggründe.

Benjamin Roduit vertritt konservative Positionen. Vor drei Jahren etwa brachte der ehemalige Französisch- und Geschichtslehrer eine Motion durch die kleine Kammer, die ein Verbot der inklusiven Schreibweise in der Bundesverwaltung forderte.

Der Walliser ist seit 18 Jahren im Nationalrat. Benjamin Roduit ist begeisterter Sportler und Bergsteiger und fühlt sich der Schweiz sehr verbunden. Der 62-jährige Mitte-Politiker ist seit 2018 Nationalrat und setzt sich in der Parlamentarischen Freundesgruppe «Auslandschweizer» für jene ein, die sich für die Auswanderung entschieden haben.

Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus: Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien, die ihren im Ausland lebenden Bürgerinnen und Bürgern Wahlkreise einräumen, haben die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer keine direkte Vertretung unter der Bundeskuppel.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass ihre Interessen nicht berücksichtigt werden. Mehr als 60 Mitglieder von National- und Ständerat (von 246) sind in der parlamentarischen Freundschaftsgruppe «Auslandschweizer» versammelt.

In jeder Sessionswoche lassen wir einen von ihnen in unserem neuen Format «Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus» zu Wort kommen.

Swissinfo: Was war Ihre Priorität bei dieser Sondersession?

Benjamin Roduit: Wir haben über zwei grosse Dossiers debattiert. Das erste war die Initiative der FDP-Frauen zur Einführung der Individualbesteuerung für Ehepaare und der entsprechende Gegenvorschlag der Regierung.

Der Nationalrat hat einen Kompromiss in Form eines Gegenvorschlags angenommen, ebenso wie die Initiative. Meine Partei war aber dagegen, weil wir eine eigene Initiative am Start haben. Diese will verhindern, dass verheiratete Paare mehr Steuern zahlen als unverheiratete, wobei das Prinzip der gemeinsamen Besteuerung beibehalten wird.

Das zweite Thema war die familienergänzende Kinderbetreuung. Wir haben am Dienstag eine Vorlage verabschiedet. Sie sieht vor, dass erwerbstätige Eltern für Kinder bis zu acht Jahren eine Kita-Zulage erhalten.

Gab es auch ein Thema, das für die Fünfte Schweiz besonders wichtig war?

Wir haben keine Themen diskutiert, die die Auslandschweizer direkt betreffen, denn das Ziel dieser Sondersession war es, den Rückstand von März und Dezember aufzuholen. Wir werden sozusagen bestraft, weil wir zu viel geredet haben.

Wie sehen Sie die Schweiz heute in der Welt?

Mit ihrer humanitären Tradition spielt die Schweiz in den Konflikten im Nahen Osten und in der Ukraine eine wichtige Rolle. Wir können unsere guten Dienste anbieten, indem wir Plattformen für Diskussionen und Austausch zur Verfügung stellen. Wir müssen aber einen kühlen Kopf bewahren. Als kleines Land mit neun Millionen Einwohnern sind wir nicht in der Lage, eine Vermittlerrolle einzunehmen oder Druck auf die Konfliktparteien auszuüben.

In dem durch die US-Zölle ausgelösten Handelskrieg hat auch die Schweiz eine Rolle zu spielen. Als wichtiger Handelspartner der USA müssen wir unsere Position klar machen. Wir müssen den verantwortungsvollen Liberalismus betonen, der den Wohlstand unseres Landes ausmacht. Ich glaube, dass diese Botschaft bei jemandem wie Donald Trump ankommt, auch wenn dieser gerade den Welthandel durcheinanderbringt.

Sie sind Mitglied der Parlamentarischen Freundesgruppe «Auslandschweizer». Warum engagieren Sie sich für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer?

Meine ältere Schwester lebt mit ihrer Familie seit über 20 Jahren in Kanada. Ich habe sie gerade gefragt, was sie von der Schweiz erwartet. Ihr wichtigstes Anliegen ist, dass sie elektronisch abstimmen kann. Sie wohnt im hohen Norden Kanadas und erhält ihr Stimmmaterial oft nicht rechtzeitig, um an der Wahl teilnehmen zu können. Ein weiteres Problem ist ihr Bankkonto: Die Gebühren und Kontrollen, um ein Konto in der Schweiz zu behalten, sind sehr hoch.

Haben Sie noch andere Beziehungen zur Auslandschweizergemeinschaft?

Ich wurde von Auslandschweizern gebeten, ihre Petition «Schweizer Identität für künftige Generationen» entgegenzunehmen. Die Petition verlangte, dass alle Personen, die nachweisen können, dass sie bis zur fünften Generation von einem Schweizer abstammen, das Schweizer Bürgerrecht behalten oder erwerben können. Leider hat die Nationalratskommission der Petition keine Folge gegeben.

Welche Erfolge haben Sie bei der Verteidigung der Interessen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer erzielt?

Ich habe keine persönlichen Siege errungen, aber ich habe mich in verschiedenen Dossiers engagiert. Die Auslandschweizer müssen ihre politischen Rechte behalten können, und dafür kämpfe ich.

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Gab es auch Rückschläge?

Die Einführung von E-Voting zieht sich hin. Die Frage, wie man die Staatsbürgerschaft über Generationen hinweg ohne grosse Hürden erhalten kann, ist nicht gelöst. Das sind für mich Niederlagen.

Glauben Sie, dass die Interessen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer unter der Kuppel genügend vertreten sind?

Ich würde sagen ja, denn ich gehe davon aus, dass ein Grossteil der Parlamentarier Familienmitglieder oder Verwandte im Ausland hat.

Wenn Sie auswandern müssten, wohin würden Sie gehen?

Man müsste mich aus dem Land werfen, damit ich überhaupt darüber nachdenke. Ich bin so stark in der Schweiz verwurzelt, dass ich kein anderes Land wählen könnte, auch wenn ich viel gereist bin.

Editiert von Samuel Jaberg; Übertragung aus dem Französischen: Balz Rigendinger

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