
Elisabeth Schneider-Schneiter: «Unser Verhältnis zur EU ist mit Abstand das Wichtigste»

Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter setzt sich im Parlament auch für die Interessen der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ein. In unserem Fragebogen «Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus» sagt sie, was sie dabei antreibt.
Elisabeth Schneider-Schneiter gehört zu den erfahrensten Aussenpolitiker:innen im Bundeshaus. Seit 15 Jahren politisiert die Juristin für die Mitte-Partei im Nationalrat und in dessen Aussenpolitischer Kommission.
Sie ist Mitglied im Auslandschweizer-RatExterner Link und bringt mit ihren Vorstössen regelmässig die Anliegen der Fünften Schweiz im nationalen Parlament ein.
Als Vorstandsmitglied im Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und Präsidentin der Handelskammer beider Basel Externer Linkmacht sich Elisabeth Schneider-Schneiter auch für ein geregeltes Verhältnis zwischen der Schweiz und Europa stark.
Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus: Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien, die ihren im Ausland lebenden Bürgerinnen und Bürgern Wahlkreise einräumen, haben die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer keine direkte Vertretung unter der Bundeskuppel.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass ihre Interessen nicht berücksichtigt werden. Mehr als 60 Mitglieder von National- und Ständerat (von 246) sind in der parlamentarischen Freundschaftsgruppe «Auslandschweizer» versammelt.
In jeder Sessionswoche lassen wir einen von ihnen in unserem neuen Format «Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus» zu Wort kommen.
Swissinfo: Welches Geschäft steht für Sie in dieser Session im Vordergrund?
Elisabeth Schneider-Schneiter: Aus Sicht der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ist die Debatte um die SVP-Initiative «200 Franken sind genug» das wichtigste Thema. Darum ist es auch für mich prioritär. Die Annahme dieser Initiative würde die SRG massiv schwächen – und dies hätte auch Einfluss auf Swissinfo. Die Initiative würde sich also massiv auf die Informationen auswirken, welche Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer über diesen Kanal erhalten. Gerade in Zeiten von Fake News und Informationsdefiziten sind verlässliche, unabhängige Informationen für diese Zielgruppe unverzichtbar.
Wie steht die Parlamentarische Gruppe Auslandschweizer zur Initiative? Wurde das diskutiert?
Ja, und es ist klar, dass sie die meisten Mitglieder ablehnen mit Ausnahme der Mitglieder der SVP, welche zu den Initianten der Initiative gehört
Wie sehen Sie die Schweiz zurzeit in der Welt?
Die Schweiz geniesst nach wie vor einen exzellenten Ruf. Wir führen hier innenpolitisch eine teilweise verbissene Diskussion um Neutralität, die sich aus der Perspektive von aussen eigentlich gar nicht aufdrängt.
Ist das Klischee der Rosinenpickerin und der Trittbrettfahrerin also überholt?
Diese Vorwürfe höre ich im Ausland nie. Unsere Neutralität wird hochgeschätzt. Wir werden als stabiles, demokratiestarkes und wirtschaftsstarkes Land wahrgenommen. Natürlich wird das manchmal auf Uhren, Banken und Käse reduziert – aber wir können stolz sein auf unser Land.
Als Aussenpolitikerin ist mir darum in dieser Session auch der Aussenpolitische Bericht wichtig. Er zeigt auf, in welche Richtung die Schweizer Aussenpolitik gehen soll. Wie gehen wir mit den wirtschaftspolitischen Verwerfungen in den USA um? Wie mit China, wie mit der EU?
Was ist Ihre Antwort?
Unser Verhältnis zur EU ist mit Abstand das wichtigste Thema. Gerade in so unstabilen Zeiten ist ein stabiles Verhältnis zu unserem wichtigsten Handelspartner von zentraler Bedeutung. Es geht auch um die erfolgreiche Weiterführung der bilateralen Verträge. Es wäre gut, wenn das Stabilisierungspaket noch möglichst in dieser Legislatur vom Parlament und dann vom Volk gutgeheissen würde. Ich konnte die Verträge eingehend studieren. Sie sind gut, massgeschneidert für die Schweiz. Die Schweiz konnte tatsächlich sehr viel für sich herausholen. Jetzt geht es also um die innenpolitische Umsetzung. Voraussichtlich am 20. Juni wird das Paket in die Vernehmlassung geschickt.
Sieht Ihre Partei das auch so positiv?
Die Mitte setzte sich immer für ein stabiles Verhältnis mit der EU und für die Bilateralen ein, sie wird dies auch diesmal tun.
Sie setzen sich seit Jahren für die Fünfte Schweiz ein. Was konnten Sie erreichen?
Wir konnten der Fünften Schweiz im Parlament endlich ein Gesicht geben und lancierten viele Themen wie E-Voting, gesicherte Krankenkassen im Ausland oder auch die Partnerschaften mit Schweizer Banken. Das sind zentrale Erfolge – neben der Schaffung des Auslandschweizer-Gesetzes, an dem ich mitwirkte. Zuletzt hat es mich gefreut, dass wir bei den Wahlen 2023 eine starke Community von Auslandschweizer:innen aufbauen konnten. Wir schafften gute Listen mit Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern. Davon geblieben ist ein regelmässiger Austausch mit unseren Parteimitgliedern im Ausland.
Die Lobby der Auslandschweizer ist heute gross, viel grösser als am Anfang, aber noch nicht gross genug. Das zeigt sich zum Beispiel an der knappen Ablehnung meines Postulats für eine sichere Krankenversicherung.
Das war ein Dämpfer. Gab es weitere?
Ja, die Auslandschweizerinnen und -schweizer haben an Priorität verloren. Das entwickelt sich seit der Covid-Pandemie, dass in der Schweiz spürbar und zunehmend das eigene Wohl im Fokus steht. Was ausserhalb der Grenzen liegt gerät unter Druck. Das trifft auch die Anliegen von Auslandschweizern. Dabei sind diese die besten Botschafter unseres Landes.
Woher kommt ihr Engagement für die Fünfte Schweiz?
Als Aussenpolitikerin hatte ich immer wieder Berührungspunkte. Ich reise viel und traf überall Schweizer Communities. Zudem sind zwei meiner Onkel vor 70 Jahren nach Kanada ausgewandert. Sie sind im Herzen noch Schweizer. Ich stand mit ihnen viel im Kontakt. Auslandschweizer:innen liefern generell wichtige Impulse für die Innenpolitik.
Wenn Sie selbst auswandern würden, welches Land wäre Ihr Ziel?
Ich liebe die italienische Lebenskunst, die Kultur und das Klima. Ich bin oft in Ligurien. Aber letztlich liebe ich die Schweiz zu sehr, hier bin ich am allerliebsten.
Editiert von Samuel Jaberg

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