
Galgenfrist für Raucher

Die Tabaksteuer in der Schweiz soll nicht mit einem Schlag auf EU-Niveau angehoben werden. Die Regierung hält an moderaten Steuer-Erhöhungen fest.
Konsumenten-Organisationen und Präventions-Fachleute hatten es klar gefordert: Damit vor allem junge Leute weniger rauchen, sollte die Tabaksteuer rasch dem Niveau der Europäischen Union angepasst werden. Auch die Weltgesundheits-Organisation WHO ist der Meinung, über den Preis liessen sich junge Menschen vom Rauchen abhalten.
In der Schweiz kostet ein Paket heute etwa 4 Franken 70, in den umliegenden Nachbarländern umgerechnet rund 5.60. Doch aus einer raschen Anpassung wird nichts: Der Bundesrat hält in der am Mittwoch verabschiedeten Botschaft ans Parlament an seiner Politik fest und will die Tabaksteuer weiterhin moderat erhöhen.
Mehreinnahmen für AHV
Die Regierung verfolgt seit Jahren das Ziel, dem Bund mit Tabaksteuer-Erhöhungen Mehreinnahmen zu verschaffen und die schweizerische Tabaksteuer-Belastung sukzessive dem EU-Mindestniveau anzunähern.
Konkret verlangt der Bundesrat mit der Gesetzes-Revision die Kompetenz zu weiteren Erhöhungen, so dass die Steuer schrittweise auf die EU-Mindestbelastung von 57 Prozent angehoben werden könnte.
Für den Bund bedeutete dies, bei unveränderten Verkäufen, Mehr-Einnahmen von rund 500 Mio. Franken jährlich.
Die Einnahmen werden nach dem Willen der Regierung weiterhin für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV und IV) sowie die Ergänzungs-Leistungen eingesetzt.
Gegen Schädlicheres
Die Regierung begründet das langsame Vorgehen damit, dass sich die Konsumenten sonst tiefer besteuerten Substitutions-Fabrikaten zuwenden würden – zum Beispiel hin zu gesundheitsschädlicheren, minderwertigen oder handgedrehten Zigaretten.
In der Schweiz statt im Ausland einkaufen
Ausserdem befürchtet die Regierung, die Grenz- und Touristenverkäufe in der Schweiz kämen zum Erliegen. Grenzgänger und Touristen würden sich umgekehrt im Ausland eindecken. Die Konsequenzen: Massive Verkaufs-Einbrüche und damit Einnahmen-Ausfälle bis zu 100 Mio. Franken, ohne dass weniger geraucht würde.
«Wir wollen nach der Steuererhöhung nicht weniger Einnahmen als vorher», sagte Finanzminister Kaspar Villiger.
Der Bundesrat warnt zudem, dass mit einer schlagartigen Steuererhöhung Schwarzmarkt und Schmuggel lukrativ würden. Beispiele aus dem Ausland hätten dies gezeigt.
Tabaksteuer bleibt Finanzpolitik
Der Bundesrat empfiehlt dem Parlament, auch den Tabakpräventions-Fonds abzulehnen, da dies eine Verfassungs-Änderung bedingen würde. Stattdessen soll die Tabakprävention weiterhin aus den allgemeinen Bundesmitteln finanziert werden.
Somit bleibt die Tabaksteuer ein finanzpolitisches Instrument, die Mehrheit der Regierung will keinen grossen Wechsel hin zur Prävention.
Auch wenn die Detail-Ausgestaltung des Gesetzes im Parlament wohl viel zu reden geben wird: Es ist anzunehmen, dass die Mehrheit der Abgeordneten ebenfalls gegen drastische Eingriffe in die Marktwirtschaft ist und in den Grundzügen den Regierungs-Vorschlag übernehmen wird.
Eva Herrmann und Agenturen

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