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Schweizer Think Tank in den USA am Ende

Die Swiss Foundation for World Affairs in Washington war ein Treffpunkt verschiedener Kulturen und Disziplinen. (SFWA) SFWA

Wegen fehlendem Geld muss die "Swiss Foundation for World Affairs" ihre Tätigkeit in Washington nach vier Jahren aufgeben.

Der Think Tank wurde nach der Kontroverse um die nachrichtenlosen Vermögen gegründet, um das Image der Schweiz in den USA aufzubessern.

Die Stiftung organisierte Konferenzen und Podiumsgespräche zu weltpolitischen Fragen, für welche sich die Schweiz einsetzt. Damit gelang es ihr, einen Beitrag zur Verbesserung des Image der Schweiz in den USA zu leisten.

«Wir wollten mit der Stiftung zeigen, dass die Schweiz nicht nur aus Banken besteht und mehr ist als ein Heidiland», sagte Mitbegründer und Stiftungspräsident Edouard Brunner gegenüber swissinfo.

Thematische Schwerpunkte waren Menschenrechte, Sicherheits- und Friedenspolitik, Flüchtlings- und Migrationspolitik sowie Umwelt- und Entwicklungsfragen.

Kind der Krise

Um den Ruf der Schweiz stand es nach den heftigen Attacken aus den USA Mitte der 1990er-Jahre im Ausland sehr schlecht. Insbesondere jüdische Kreise warfen der Schweiz vor, nachrichtenlose Vermögen von Holocaust-Opfern den Überlebenden und Angehörigen nie mehr zurückbezahlt zu haben.

Darüber hinaus lautete der Vorwurf, die Schweiz habe als neutraler Staat zu eng mit dem Dritten Reich kooperiert.

Druck weg, Geld weg

Vor allem der Rückgang der Gelder aus der öffentlichen Hand hätten die Schliessung nötig gemacht, sagte die Direktorin der Stiftung, Katharina Vögeli.

Vor zwei Jahren hatte sich das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) aus dem Projekt zurückgezogen. Dies habe eine negative Signalwirkung für andere Geldgeber gehabt, so Vögeli.

Die Stiftung mit einem Jahresbudget von 650’000 Dollar (823’000 Fr.) wurde anfänglich zu gleichen Teilen von der öffentlichen Hand und dem privaten Sektor gespiesen. Unterdessen seien die Beiträge des Staates auf rund 15% gefallen, erklärte Vögeli.

Verantwortlich sind die Umstände

Brunner, ehemaliger Staatsekretär im Aussenministerium und Schweizer Spitzendiplomat, will aber keiner Seite Vorwürfe machen. «Es ist nicht der Fehler des Bundes oder der Privatwirtschaft, dass die Beiträge immer geringer ausfielen. Verantwortlich dafür sind die Umstände.»

Damit sprach er unter anderem die Arbeit der Bergier-Kommission an, die auf Druck aus den USA die Verflechtungen der Schweiz mit Hitler-Deutschland untersucht hatte.

Die Wissenschafter kamen zum Schluss, dass die neutrale Schweiz in manchen Bereichen, wie beispielsweise der Flüchtlingspolitik, zu eng mit dem Nazi-Reich kooperiert hatte. Die Studien trugen auch dazu bei, dass die Anschuldigungen aus den USA zunehmend verstummten.

Weiter in Genf

Die Einstellung der Aktivitäten in Washington bedeutet aber nicht das Ende der Stiftung, wie Brunner betonte. «Wir verlegen die Aktivitäten von Washington nach Genf, wo wir pro Jahr drei bis vier Konferenzen oder Seminare veranstalten werden. Das ist billiger.»

Für Katharina Vögeli, die Stiftungsdirektorin bleibt, macht der Umzug in die Schweiz zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn. Ihr ist es ein Rätsel, warum eine so erfolgreiche Plattform in Washington fallengelassen wird, wenn gleichzeitig per Bundesratsbeschluss eine Verbesserung der Beziehungen zu den USA angestrebt wird.

Auch Arthur E. Dewey, Berater des US-Aussenministeriums, gab seiner Enttäuschung über den Entschluss Ausdruck. Die «Swiss Foundation for World Affairs» habe wichtige Brücken geschlagen und den «Geist von Genf» in Washington belebt.

swissinfo und Agenturen

Think Tanks sind «Denkfabriken», die für aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Probleme interdisziplinäre Lösungen erarbeiten.

Kunden solcher Studien sind Politik und Wirtschaft.

Der Think Tank ist ein Kind des Liberalismus und hat seine Wurzeln im angelsächsischen Bereich.

Populär sind Think Tanks seit den 1970er-Jahren.

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