The Swiss voice in the world since 1935
Top Stories
Schweizer Demokratie
Newsletter

Stadtberner Mindestlohn-Gegner ziehen vor das Verwaltungsgericht

Keystone-SDA

Gegner der Stadtberner Mindestlohn-Initiative haben Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht. Damit verzögert sich die Einführung eines Mindestlohns in der Stadt Bern bis auf weiteres. Das Initiativkomitee kritisiert dies scharf.

(Keystone-SDA) Im August hatte das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland die Mindestlohn-Initiative für gültig erklärt. Es hatte eine im März eingegangene Beschwerde der Sektion Bern des kantonalen Handels- und Industrievereins (HIV), dem Gewerbeverband Berner KMU, dem Berner Arbeitgeberverband und einer Privatperson vollumfänglich abgewiesen.

HIV-Geschäftsführer Philip Kohli bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Donnerstag den Weiterzug der Beschwerde ans Verwaltungsgericht.

Die Argumentation der Beschwerdeführenden blieb indes unverändert. Sie seien nicht grundsätzlich gegen den in der Initiative geforderten Mindestlohn in der Höhe von 23.80 Franken, sagte Kohli. Er werde bereits bezahlt und sei in Gesamtarbeitsverträgen geregelt. «Wir wollen sicher kein Lohndumping betreiben.»

Was ihn und seine Mitstreiter störe, sei die geforderte Einführung auf Gemeindeebene. «Das ist nicht sinnvoll. Eine solche Regelung müsste national eingeführt werden.»

«Niemand soll zu Hungerlöhnen arbeiten müssen»

Das Initiativkomitee kritisierte den Weiterzug der Beschwerde in einer Mitteilung als «verwerflich» und «aussichtslose juristische Zwängerei». Es verurteile «die Verzögerungstaktik scharf».

«Die Rechtslage ist klar und es gibt Gutachten, die das belegen», sagte Mitinitiantin Lena Allenspach (SP). «Der Gemeinderat hat zudem bestätigt, dass die Stadt sozialpolitisch begründete Mindestlöhne erlassen darf.» Und das Regierungsstatthalteramt habe die erste Beschwerde vollumfänglich abgewiesen.

«Ein gesetzlicher Mindestlohn ist für uns ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung von Armut», sagte Allenspach weiter. «Niemand soll zu Hungerlöhnen arbeiten oder trotz Arbeit in Armut leben müssen.»

Bearbeitung des Begehrens steht still

Die Initiative stammt aus dem Lager von rot-grünen Parteien, Gewerkschaften und Hilfswerken. Sie fordert einen Stundenlohn von mindestens 23.80 Franken auf dem Gebiet der Stadt Bern. Damit soll prekären Arbeitsbedingungen der Riegel geschoben werden.

Die Stadtregierung hatte die Initiative im Januar für gültig erklärt. Aus ihrer Sicht ist das Begehren mit dem übergeordneten Recht vereinbar.

Die Entscheide des Zürcher Verwaltungsgerichts, mit denen die kommunalen Mindestlohn-Vorschriften der Städte Zürich und Winterthur aufgehoben wurden, seien nicht 1:1 auf die Stadt Bern übertragbar. Die Rechtslage in den beiden Kantonen unterscheide sich wesentlich.

Solange die Beschwerde hängig ist, stehen die Fristen zur Bearbeitung des Begehrens still. Die einjährige Frist für den Gemeinderat, eine Vorlage zuhanden des Stadtrats auszuarbeiten, läuft demnach erst nach rechtskräftigem Abschluss des Beschwerdeverfahrens weiter.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft