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Swissair in akutem Liquiditäts-Engpass

Swissair-Chef Mario Corti zeichnet eine höchst dramatische Situation. Keystone

Die Finanzlage der Swissair Group ist viel dramatischer als bisher angenommen. Swissair-Chef Mario Corti machte am Freitag deutlich, dass die Luftverkehrs-Holding in einem akuten Liquiditäts-Engpass steckt. Die Oktober-Löhne seien nicht garantiert, warnte Corti.

In der Diskussionssendung “Arena” des Deutschschweizer Fernsehens zeichnete Corti ein höchst beunruhigendes Bild der Lage der Swissair. Zum mittelfristigen Überlebenskampf, bei dem Wirtschaft und Staat unter Leitung von Ulrich Bremi bis zum 10. Oktober Milliardenzusagen machen sollen, ist seit den Terroranschlägen in den USA ein akuter Liquiditäts-Engpass hinzugekommen.

Die Liquidität werde zurzeit nur noch von Tag zu Tag gemanagt, sagte Corti. Erstmals räumte der Swissair-Chef auch ein, das die Mitte Jahr bekannt gegebene Kreditlinie dreier Grossbanken von einer Milliarde Franken im Lichte des jüngsten Niedergangs der Swissair faktisch wertlos geworden ist. Der Kredit könne im Moment nicht gezogen werden, weil er an Bedingungen geknüpft sei, die die Swissair heute nicht mehr erfüllen könne, sagte Corti.

Oktoberlöhne nicht gesichert

Vor diesem Hintergrund laufen hektische Verhandlungen mit der Bankengruppe, um die Fortsetzung des Betriebs sicherstellen zu können. Auch die Lohnzahlungen im Oktober sind zurzeit nicht gesichert. Zudem weiss die Swissair nicht, woher sie die 200 Mio. Franken nehmen soll, die am Montag an die Fluggesellschaft Sabena fällig werden.

Sitzung des Verwaltungsrats

Corti gab bekannt, dass der Verwaltungsrat am Samstag tage und möglicherweise Entscheide fällen werde. Konkrete Zusagen der Banken für einen Überbrückungs-Hilfe hatte Corti am Freitag offensichtlich noch nicht. Bremi, der mit seiner 21-köpfigen Arbeitsgruppe die mittelfristige Rekapitalisierung in die Wege leiten soll, sagte im Fernsehen, es gebe zwar Signale, die zuversichtlich stimmten, aber keine Zusagen. “Die Situation ist ganz kritisch”, sagte er.

Corti begründete seinen Auftritt im Fernsehen damit, dass er auf diesem Weg auch die beunruhigten Beschäftigten des Swissair-Konzerns informieren wolle. Er bekräftigte, er werde mit allen Kräften für das Überleben der Fluggesellschaft kämpfen. Sowohl ein Konkurs wie auch die Erklärung der Zahlungsunfähigkeit hätten katastrophale Folgen. Corti zeichnete das Szenario, dass eine Swissair-Maschine im Ausland festgehalten werden könnte, bis das Geld zur Bezahlung des Flugbenzins bereitgestellt sei.

Streik bei Sabena dauert an

Der Pilotenstreik bei der angeschlagenen Sabena dauert derweil an. Nach Radioangaben vom Samstag wurde etwa die Hälfte der Flüge gestrichen. Betroffen seien ausschliesslich europäische Verbindungen.

Hintergrund der Aktion ist die seit Wochen dauernde Auseinandersetzung über die Sanierung der halbstaatlichen Linie, die zu 49,5 Prozent im Besitz der Swissair Group ist. Am Montag wäre eine weitere Teilzahlung der Swissair im Wert von 200 Mio. Franken an Sabena fällig. Ob die Zahlung erfolgen kann und wird, war am Samstag noch offen.

Sabena hatte bereits Anfang des Monats streikende Piloten mit rechtlichen Schritten zurück in die Cockpits geholt. Ein Gericht untersagte einen nicht angekündigten Ausstand per einstweiliger Verfügung.

Nach Medienberichten haben mittlerweile auch Gewerkschaften und das Bodenpersonal kein Verständnis mehr für die streikenden Flugzeugführer, die bereits als «Kamikaze-Piloten» bezeichnet werden. Und Sabena-Chef Müller hat erklärt, der Streik könnte für Sabena «tödlich» sein.

swissinfo und Agenturen

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