
TAGESÜBERSICHT WIRTSCHAFT
Bern (awp/sda) – Freitag, 9. Oktober 2009
GEHÖR VERSCHAFFT: Bundesrätin Doris Leuthard hat sich in Südkorea für mehr Einfluss der Schweiz in der G20 eingesetzt. Besonders in Finanzmarkt-Fragen möchte die Schweiz angehört werden, sagte Leuthard dem Premierminister Chung Un-chan. Südkorea spielt in der Gruppe der 19 wichtigsten Volkswirtschaften inklusive der Europäischen Union (G20) nächstes Jahr eine grosse Rolle, weil es ab November den Vorsitz übernimmt. Das übernächste G20-Treffen findet im November 2010 in Südkorea statt. Sie habe dem Premierminister den Wunsch der Schweiz mitgeteilt, bei den G20-Zusammenkünften als Gast oder zur Mitarbeit in einer Untergruppe eingeladen zu werden, sagte Leuthard im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA in Seoul. Ein Mitgliedschaft ist laut der Bundesrätin «nicht realistisch».
FLUGHÖHE BEHALTEN: Die Flüge der Fluggesellschaft Swiss sind im September zu 83,8 Prozent ausgelastet gewesen, leicht stärker als im Vorjahresmonat. In den ersten neun Monaten waren die Sitzplätze mit 79,2 Prozent aber 1,7 Prozentpunkte weniger stark besetzt als in der Vorjahresperiode. Insgesamt beförderte die Lufthansa-Tochter zwischen Januar und September dieses Jahres rund 10,3 Millionen Passagiere. Dies entspricht zwar 1,3 Prozent mehr Fluggästen als in der Vorjahresperiode. Das Unternehmen führte im gleichen Zeitraum aber auch 1,5 Prozent mehr Flüge durch (101’689 Flüge). Im Vorjahreszeitraum war die Swiss 100’227 mal geflogen. Die Swiss muss ihr Angebot der sinkenden Nachfrage anpassen. «Im Winterflugplan bieten wir unter dem Strich rund 7 Prozent weniger Flüge an als vorgesehen», sagte Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel zur Nachrichtenagentur SDA.
WERK GESCHLOSSEN: Der deutsche Werkzeughersteller Komet schliesst sein Werk im solothurnischen Dulliken. Dadurch verlieren 97 Personen ihre Stelle. Grund für die Schliessung ist der Auftragsrückgang, der im Schweizer Werk des Konzerns besonders spürbar ist. Unter Druck kam Komet wegen der Krise in der Autozulieferindustrie und im Maschinenbau, wie das Unternehmen mitteilte. Die Aufträge der Gruppe gingen von Januar bis September um über 40 Prozent zurück. Das auf Reibwerkzeuge spezialisierte Werk in Dulliken verzeichnete einen Einbruch von über 70 Prozent. Die Aussichten für das kommende Jahr sind für Komet ebenfalls unbefriedigend. Aus diesem Grund schliesst der Konzern auf Frühling 2010 sein Schweizer Werk und verlagert dessen Tätigkeiten teilweise an seine beiden Standorte in Stuttgart und Besigheim.
MEHR STRUKTURIERTE PRODUKTE: Im September sind an der Schweizer Börse Scoach 3273 strukturierte Produkte neu emittiert worden. Damit nähert sich deren Zahl nach einem markanten Einbruch im vergangenen Spätherbst wieder dem Niveau vom Oktober 2008 an. Allerdings ging der Wert dieser Investments, die aus einer Anlage und einem Derivat bestehen, seit Anfang Jahr erkennbar zurück: Ende Juli 2009 waren auf Schweizer Konten 238 Mrd. Fr. an strukturierten Produkten angelegt, das sind 6,3 Prozent weniger als im Januar, teilte der Schweizerischer Verband für Strukturierte Produkte (SVSP) mit. Im August 2008 waren noch 319 Mrd. Fr. in strukturierten Produkten angelegt, wie aus den Berichtszahlen des SVSP hervorgeht. Der Markt erholt sich laut dem Verband aber seit März 2009 allmählich. Bei Erholung der Gesamtwirtschaft werde auch der Markt für strukturierte Produkte wieder stark wachsen.
OPTIMISTISCHE SCHWEIZER: 71 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer glauben, dass es mit der Wirtschaft wieder aufwärts geht. Dies zeigt eine Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK. Noch vor einem Jahr glaubten gerade mal 40 Prozent an einen Aufschwung. Befragt wurden 1000 Schweizerinnen und Schweizer, wie GfK mitteilte. Bereits zum dritten Mal untersuchte der Marktforscher die Einstellung der Schweizer zur Wirtschaftskrise – um Entwicklungen und Tendenzen festzustellen. Der Grossteil der Optimisten, also 46 Prozent (2008: 29 Prozent), ist zwar der Meinung, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis es mit der Wirtschaft aufwärts geht. Der Anteil derjenigen, die an einen unmittelbaren Aufschwung glauben, verdoppelte sich innert Jahresfrist jedoch von 11 auf 25 Prozent.
EINBUSSEN VERBUCHT: Der weltgrösste Aromen- und Riechstoffhersteller Givaudan hat in den ersten neun Monaten 2009 weniger eingenommen. Der Umsatz sank um 3,9 Prozent auf 3,025 Mrd. Franken. Dem Genfer Konzern machten dabei die Wechselkurse zu schaffen, denn in Lokalwährungen stiegen die Verkäufe um 0,4 Prozent. Ohne das veräusserte Geschäft in der Division Aromen stiegen die Verkäufe in Lokalwährungen um 0,6 Prozent, wie Givaudan mitteilte. Beide Divisionen verbuchten Einbussen: Bei den Riechstoffen sank der Umsatz um 5,1 Prozent auf 1,387 Mrd. Franken, in der Aromen-Division lag das Minus bei 2,9 Prozent auf 1,637 Mrd. Franken. In Lokalwährungen allerdings steht dem Rückgang um 0,4 Prozent bei den Riechstoffen ein Plus von 1,1 Prozent bei den Aromen gegenüber.
EMS PROFITIERT VON ABWRACKPRÄMIE: Der Spezialchemiekonzern Ems erholt sich langsam. Er hat den Umsatzrückgang abgebremst und die Kurzarbeit an seinem Standort im bündnerischen Domat/Ems aufgehoben. Profitieren konnte der Konzern von den weltweiten Staatshilfen für die gebeutelte Autoindustrie. Das Unternehmen erwirtschaftete im dritten Quartal 2009 einen Umsatz von 325 Mio. Franken, was einem Rückgang von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht, wie Ems mitteilte. Im zweiten Quartal hatte das Minus noch 31 Prozent betragen, im ersten Quartal 40 Prozent. Für die ersten neun Monate des Jahres resultierte insgesamt ein Umsatz von 866 Mio. Franken. Das entspricht einem Rückgang von 28,5 Prozent. Das Betriebsergebnis habe die Resultate der Vorquartale deutlich übertroffen, heisst es in der Mitteilung weiter.
POSITIVE BILANZ: Die Organisatoren der Telecom World 2009 in Genf geben sich zufrieden. Sie haben nach der internationalen Fachmesse für Informationstechnologie positive Bilanz gezogen. Das Wagnis, die Ausstellung trotz Rezession zu organisieren, habe sich gelohnt. Zu Beginn des Jahres hätten sie wegen der Wirtschaftskrise noch über einen Verzicht der Messe nachgedacht, sagte Hamadoun Touré, Generalsekretär der Internationalen Fernmeldeunion (ITU). Rund 180 Unternehmenschefs der Branche seien vor Ort gewesen und das Ziel von 40’000 Besuchern sei erreicht worden. Zudem habe die Errichtung von Länderpavillons das Fehlen einiger grosser Unternehmen wettgemacht.
LIECHTENSTEIN LEIDET: Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat auch das Fürstentum Liechtenstein voll getroffen. Die Umsätze der grösseren Unternehmen und die Warenexporte brachen im ersten Halbjahr 2009 massiv ein, das Beschäftigungswachstum wurde gestoppt. Die Verkaufserlöse von 20 grösseren ausgewählten Unternehmen reduzierten sich im ersten Halbjahr 2009 um 25 Prozent. Besonders stark traf es den Industriesektor mit einem Umsatzverlust von 31 Prozent gegenüber dem ersten Semester 2008, wie das Amt für Statistik mitteilte. Die Warenexporte schrumpften im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr um knapp 32 Prozent. Auch in den Monaten Juli und Augst war noch keine Erholung erkennbar. Der Rückgang der Aufuhren war in europäische Länder, in die USA und nach Asien in etwa gleich stark.
TELECOM-CHEF GIBT SICH EINSICHTIG: Nach mehreren Mitarbeiter-Selbstmorden hat France-Télécom-Chef Didier Lombard Fehler eingestanden. Er habe «wahrscheinlich bestimmten Anzeichen» für die Stimmung und Lage der Beschäftigten «nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt». Im laufenden Konzernumbau sei «eine gewisse Zahl menschlicher Faktoren unterschätzt worden», sagte Lombard dem Radiosender Europe 1. Um das Unternehmen leistungsfähiger zu machen, habe das Management «zu schnell grosse Veränderungen» durchsetzen wollen. Bei France Télécom haben sich binnen 20 Monaten 24 Mitarbeiter das Leben genommen. Die Gewerkschaften machen für die Suizidserie den rasanten Umbau des Konzerns verantwortlich.
«HILF DIR SELBST»: Der Kurznachrichtendienst Twitter will seine Plattform mit Hilfe der Nutzer in mehrere Sprachen übersetzen. Man plane Versionen auf Deutsch, Spanisch, Französisch und Italienisch, schrieb Mitgründer Biz Stone am Donnerstag im Blog der Firma. Bislang gibt es die Software auf Englisch und Japanisch. Freiwillige sollen dem Übersetzungsteam mit Vorschlägen helfen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll Twitter auch in weiteren Sprachen angeboten werden. «Ab heute bieten wir ein einfaches Tool für Menschen mit Erfahrung in anderen Sprachen an, damit sie Übersetzungen für die Twitter-Website vorschlagen können», schrieb Stone. Zunächst lade die Firma eine kleine Gruppe Freiwilliger ein. Diese soll später erweitert werden.
FACEBOOK VERBOTEN: In mehr als jedem zweiten US-Unternehmen ist für die Angestellten während der Arbeitszeit ein Besuch in Internet-Netzwerken wie Facebook tabu. Einer kürzlich veröffentlichten Umfrage zufolge ist es in 54 Prozent der befragten 1400 Firmen mit mindestens 100 Mitarbeitern «gänzlich verboten», während der Arbeit auf Websites von sozialen Netzwerken wie MySpace, Facebook oder Twitter zu surfen. In 19 Prozent der US-Firmen dürfen sich die Angestellten «nur für berufliche Zwecke» auf diesen Seiten einloggen. Eine «beschränkte private Nutzung» ist in 16 Prozent der befragten Unternehmen erlaubt. In jeder zehnten Firma gibt es hingegen gar keine Beschränkung.